Gespräche über Stellenumbau bei Telekom auf des Messers Schneide

Am Dienstag möglicherweise letzte Chance für Telekom und ver.di, einen Großekonflikt im Streit um die Auslagerung von 50.000 Arbeitsplätzen zu verhindern

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  • dpa

Karl-Gerhard Eick kommt in diesen Tagen nicht mehr zur Ruhe. Der Finanzvorstand der Deutschen Telekom, der seit wenigen Monaten auch kommissarischer Personalchef ist, drückt aufs Tempo: An diesem Dienstag unternehmen Telekom und ver.di einen neuen Versuch, ihren Streit über die Auslagerung von 50 000 Arbeitsplätzen zu lösen. Es ist möglicherweise die letzte Chance, einen Großkonflikt bei der Telekom zu vermeiden. Ob im rheinland-pfälzischen Maischoß an der Ahr, wo die weltweit älteste Winzergenossenschaft sitzt, die Weingeister die Gespräche beflügeln können, bleibt abzuwarten.

Die Telekom-Vorstand will möglichst schnell eine Einigung mit ver.di über den größten Stellenumbau seit Privatisierung des Unternehmens erzielen. Doch die Aussichten stehen nicht gut. Nachdem in den vergangenen Wochen rund 30 000 Mitarbeiter des rosa Riesen bundesweit in Warnstreiks getreten waren, kann eine Ausweitung der Protestaktionen bis hin zu einem flächendeckenden Streik nicht mehr ausgeschlossen werden.

Die Große Tarifkommission hatte am vergangenen Dienstag die ver.di-Verhandlungsdelegation unter Führung von Lothar Schröder aufgefordert, in die Vorbereitungen für eine Urabstimmung zu gehen, nachdem die vierte Runde ausgesetzt worden war. Gleichzeitig verlangte das Gremium ultimativ Verhandlungen über einen gesonderten Tarifschutz für die von der Auslagerung betroffenen Beschäftigten.

Tatsächlich könnten die Positionen unterschiedlicher nicht sein. Experten fragen sich, wie die Tarifpartner die tiefe Kluft überhaupt überbrücken können. Die Telekom hält das Vorgehen von ver.di für den falschen Weg. Da werde der zweite Schritt vor dem ersten gemacht und das Pferd von hinten aufgezäumt, sagte ein Telekom-Sprecher. Zwar sei das Unternehmen bereit, über einen Nachteilsausgleich zu verhandeln. Aber zunächst müssten die Punkte angesprochen werden, die strittig seien – nämlich: Einkommen, die Verlängerung der Wochenarbeitszeiten, Pausenregelungen und Einstiegsgehälter.

Die Telekom verlangt ihren Beschäftigten einiges ab. Aber der Vorstand sieht zu den Plänen keine Alternative. Konzernchef René Obermann hat dem Unternehmen einen harten Sparkurs verordnet. Er will die Telekom wettbewerbsfähiger und zum bestangesehenen Service-Unternehmen der Branche machen. Einspruch! – heißt es bei ver.di, nicht auf diesem Wege. Durch die Maßnahmen würden die Beschäftigten, die in den vergangenen Jahren ohnehin schon starke Einschnitte haben hinnehmen müssen, demotiviert und verunsichert.

Bei ver.di hat sich Eick zudem wenig Freunde gemacht mit seinem Vorschlag zur Lösung des Konflikts. Dieser sieht unter anderem eine Kürzung der Gehälter um 12 Prozent und eine Ausweitung der variablen Bestandteile der Einkommen vor. Im Gegenzug verspricht die Telekom einen Kündungs- und Verkaufschutz für die neuen Gesellschaften bis 2010. Außerdem soll es Neueinstellungen geben.

"Die Gehaltseinschnitte sind der Casus belli", meint ein Branchen- und Gewerkschaftskenner. Solche Einschnitte seien für die Beschäftigten nicht akzeptabel. ver.di-Verhandlungsführer Schröder spricht von einer "katastrophalen Zumutung" und macht eine Gegenrechnung auf. Wenn das durchkäme, was die Telekom beabsichtige, müssten die betroffenen Beschäftigten mit Einbußen von bis zu 40 Prozent rechnen. ver.di-Chef Frank Bsirske verschärfte am Wochenende den Ton: "Wenn die Telekom meint, diesen Kurs durchhalten zu können, stehen die Zeichen auf Sturm".

Viel Zeit bleibt der Unternehmensführung nicht. Bis Ende April soll nach dem Willen von Eick die Kuh vom Eis sein. Zum 1. Juli will er das Projekt Stellenumbau realisieren. An dem Zeitplan hält der Personalchef unvermindert fest, denn der Telekom-Vorstand steht unter Druck. Vor allem muss die geschundene T-Aktie wieder Tritt fassen. Und so will der Vorstand die Pläne notfalls gegen den Willen der Gewerkschaft durchboxen. Ob die Telekom das aber mit einem Großaktionär Bund durchhalten und ohne Imageverlust überstehen kann, steht auf einem anderen Blatt.

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(dpa) / (uk)