Seats Plug-in-Hybrid Leon eHybrid im Test: Ein Schrittchen Richtung Zukunft

Seat bietet im Leon zwei Plug-in-Hybridantriebe an. Wie schlägt sich die schwächere Ausführung mit 150 kW im Alltag?

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Seat Leon eHybrid

Schmuck schaut er aus, der vierte Seat Leon, fand eine Mehrheit in der Redaktion.

(Bild: Pillau)

Lesezeit: 12 Min.
Von
  • Martin Franz
Inhaltsverzeichnis

Nun aber bitte mit Schwung, auf das niemand übersehe, dass Volkswagen vor lauter Begeisterung über den Modularen Elektrobaukasten und seine konzernweiten Setzlinge nicht etwa die Elektrifizierung der Volumenmodelle vernachlässigt: Um in dieser Hinsicht ganz sicherzugehen, haben sie sich – durchaus nicht frei von Humor – die Bezeichnung eHybrid ausgedacht. Dahinter verbirgt sich die jeweils schwächere Ausbaustufe des Plug-in-Hybridangebots – wobei es "weniger leistungsstark" vermutlich präziser trifft. Der Seat Leon eHybrid zeigt Vorteile, aber eben auch Grenzen des Konzepts.

Neu ist der Einbau des Antriebsstrangs in den Leon, nicht etwa der Antrieb selbst. Als Verbrenner dient ein 1,4-Liter-Vierzylinder mit 110 kW (150 PS) aus der inzwischen anderswo bereits in den Ruhestand verabschiedeten Baureihe EA211. Dieser ist insgesamt keine schlechte Wahl: elastisch, leise, ausgereift und vergleichsweise sparsam verrichtet er seinen Dienst. Ihm an die Seite wird im Leon eHybrid das ebenfalls seit vielen Jahren eingesetzte Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe DQ400e mit nassen Kupplungen geschraubt. Der E-Motor ist im Getriebe untergebracht und bietet 85 kW. Zusammen stehen maximal 150 kW (204 PS) und 350 Nm bereit.

Im Juni hatten wir einen Leon 1.5 eTSI bei uns in der Redaktion, dessen harmonisches Zusammenspiel von Antrieb und Fahrwerk allgemein großen Anklang gefunden hat. Der Leon eHybrid ist mit 1614 immerhin 253 kg schwerer, was sich im Handling durchaus bemerkbar macht. Auch bei den reinen Fahrleistungen kann er sich nicht so deutlich absetzen, wie es eine Differenz von 40 kW vermuten ließe. Im Sprint auf Tempo 100 ist er nochmals schneller, in der Endgeschwindigkeit nicht. Subjektiv packen bei Bedarf beide kräftig zu, doch das der Hybrid sich hier erheblich absetzen kann, würde ich nicht sagen. Auch das nicht mehr ganz taufrische DQ400e harmoniert mit dem Antrieb, die Schaltzeitpunkte sind gut gewählt und Übergänge – für ein Doppelkupplungsgetriebe – geschickt kaschiert.

Seat Leon eHybrid Technik (6 Bilder)

Links der 1,4-Liter-Benziner, rechts der E-Motor und das Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe: Viel Platz ist hier nicht mehr.
(Bild: Florian Pillau)

So oder so ist man, was die Fahrleistungen betrifft, meines Erachtens überreichlich ausgestattet. Im normalen Straßenverkehr wird man die zur Verfügung stehende Leistung vermutlich nur selten komplett ausschöpfen. Das wirft die Frage auf, ob es nicht endlich auch in Plug-in-Hybriden an der Zeit wäre, den Verbrenner kleiner zu dimensionieren – immerhin hat Volkswagen mit dem Einliter-Dreizylinder ja durchaus einen denkbaren Kandidaten im Sortiment.

Der Grund ist vermutlich ein psychologischer und kommt aus der Marketingabteilung: Der technische Aufwand eines Plug-in-Hybriden lässt sich leichter einpreisen, wenn eine möglichst hohe Systemleistung ausgewiesen werden kann. Der Irrsinn dürfte also noch einige Zeit weitergehen, wenngleich es durchaus Anzeichen der Hoffnung gibt. Kia hat es tatsächlich gewagt, einen Plug-in-Hybrid-Antriebsstrang mit "nur" 104 kW Systemleistung in die Verkaufsräume zu schieben.

Obwohl der Leon sparsamer gedämmt ist als der aktuelle VW Golf, ist für sich betrachtet auch er ein leises Auto. Etwas deutlicher als dort treten hier Wind- und Abrollgeräusche hervor. Letzteres mag auch mit den 18-Zoll-Winterreifen von Continental auf dem Testwagen zusammenhängen, wobei mir diese aus anderen Autos nicht als ungewöhnliche Lärmquelle in Erinnerung geblieben sind.

Einer besonderen Beachtung haben wir natürlich auch in diesem Test dem elektrischen Anteil im Antriebsstrang gewidmet. Die Preisliste weist eine Nennkapazität von 12,8 kWh aus. Im Test haben wir zwischen 11,6 und 11,8 kWh nachgeladen – inklusive Ladeverlusten, die bei der Verbrauchsanzeige im Auto natürlich unberücksichtigt bleiben. Volkswagen sieht für diesen Antriebsstrang zwei Ladeoptionen vor, die beide nur ein gemächliches Tempo anschlagen. Das interne Ladegerät ist einphasig ausgelegt. An einer Wallbox ist bei 3,6 kW das Maximum erreicht. Wer über eine 230-Volt-Steckdose nachlädt, kann mit 2,3 kW rechnen – also das, was eine normale Steckdose als Dauerlast vertragen sollte. Im Auto lässt sich der Ladestrom von 10 auf 6 Ampere reduzieren. Die Ladezeiten gibt Seat mit 3 Stunden 42 Minuten (3,6 kW) bis 5h 48 min (2,3 kW) an.

Seat nennt einen Stromverbrauch von 14,9 bis 15,4 kWh im WLTP , die elektrische Reichweite in diesem Zyklus soll bei 62,8 km liegen. Von beiden Werten blieben wir im Test ein ganzes Stück entfernt. Mit viel gutem Willen kamen wir bei knapp unter 10 Grad Celsius überland laut Anzeige im Kombiinstrument auf 19,9 kWh/100 km und eine Reichweite von 48 km. Hochgerechnet von dem, was wir nachgeladen haben, ergibt sich daraus ein Realverbrauch von 24,2 kWh/100 km. Weniger war es in unserem Test nie, was für ein Plug-in-Hybrid dieser Auslegung nicht ungewöhnlich ist. Bei höheren Temperaturen dürften Fahrer, die es darauf anlegen, auch mehr als 50 km schaffen.

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Noch mehr ließe sich herausholen, wenn man den E-Antrieb vom Verbrenner trennen würde, ihn also separat nur die Hinterräder antreiben ließe. Für diese Lösung muss allerdings Platz im Heck sein, der schon bei der Konstruktion eingeplant werden muss. Zudem ist dieser Aufbau teurer und es wird schwerer, den Kofferraum nicht noch kleiner zu machen. Mit alleinigem Verbrenner fasst der Leon Fünftürer 380 Liter, im eHybrid bleiben gerade einmal 270 übrig.

Der Spritverbrauch ohne vorherige Aufladung der Batterie lag bei rund 5,5 Litern. Die erfahrenen Grenzen ermittelten wir bei knapp sieben Litern auf der Autobahn und deutlich unter fünf über Land. Der elektrische Teil des Antriebs ist dann nicht etwa wirkungsloser Ballast, denn natürlich wird auch hier eine Lastpunktverschiebung vorgenommen, um den Benziner möglichst oft nahe an seinem Bestpunkt arbeiten zu lassen. Hinzu kommt, dass gerade in einem hügligen Gelände die Chance, über die Rekuperation Strom statt Wärme zu produzieren, intensiv genutzt wird. Das führt dann dazu, dass der Leon eHybrid auch ohne vorherige Aufladung häufiger elektrisch fährt als vermutet.

Sehr gut gelöst hat Seat die Visualisierung der Anzeigen, wie stark man beschleunigen und bremsen kann, um im E-Modus zu bleiben. Anders als vor einiger Zeit im Mini Coutryman PHEV erlebt, kann sich der Fahrer im Seat darauf auch verlassen. Kritik bekommt das Kombiinstrument von mir für die winzige Tankanzeige und die unübersichtliche Skalierung des Tachometers. Es ist ein netter Zug von Seat, die Geschwindigkeit als Zahlenwert zusätzlich einzublenden. Noch besser würde es mir aber gefallen, wenn sich das Rundinstrument zwischen 60 und 100 km/h vernüftig ablesen ließe.

Es mag damit zusammenhängen, dass direkt vor dem Leon ein Mercedes CLA mit MBUX in der Redaktion war, doch das Infotainmentsystem kann im Leon nicht komplett überzeugen. Bei Mercedes wird seit knapp drei Jahren demonstriert, wie hervorragend eine sehr teure Werkslösung arbeiten kann. Die Volkswagen AG geht vermutlich recht in der Annahme, dass ihre Kunden Aufpreise von mehr als 3000 Euro mehrheitlich nicht akzeptiert. Doch wer nahezu alle Schalter vom Armaturenbrett verbannen möchte – im Leon gibt es auch die vier fest belegten Schnellwahltasten des Golf nicht – sollte eine exzellente Sprachsteuerung beilegen.