Test Skoda Enyaq iV 80: Elektrisches SUV als Kombi-Nachfolger

Der Enyaq ist mit reichlich Platz und genügender Reichweite ein vollwertiges Familienauto. An einigen Dingen sollte Skoda aber arbeiten, wie ein Test zeigt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 779 Kommentare lesen
Skoda Enyaq iV

Der Enyaq wirkt ähnlich wuchtig wie der Skoda Kodiaq. Der Eindruck täuscht nicht, denn das E-SUV ist nur ein paar Zentimeter kürzer.

(Bild: Pillau)

Lesezeit: 11 Min.
Inhaltsverzeichnis

In Westeuropa wartet eine relevante Zahl von Menschen auf einen guten, batterieelektrischen Kombi, und der Autor zählt sich ausdrücklich dazu. Vermutlich vergeblich, denn nachdem die SUV-Welle schon die Vans weitgehend fortgespült hat, dürfte der Kombi, der außerhalb von Europa kaum eine Rolle spielt, das nächste Opfer sein.

Ersetzt werden soll er durch SUVs verschiedener Spielarten, die Bandbreite reicht von aufgebockten Kleinwagen über konzeptionell absurde Coupés bis hin zu geräumigen Vertretern. Dieses Segment wird zunehmend und vorrangig elektrifiziert. Der Skoda Enyaq verbindet E-Antrieb und SUV und ist inklusive Förderung ab rund 24.000 Euro zu haben. Das kauft in dieser Form allerdings kaum einer. Die meisten Käufer greifen zum Modell mit großer Batterie. Wie sich dieser Enyaq iV 80 im Alltag bewährt, wollten wir bei einem Test herausfinden.

Der erste Eindruck ist typisch für einen Skoda: Die Nutzung der Verkehrsfläche ist hervorragend. Wer ein Elektroauto mit wirklich sehr viel Platz sucht – hier wird er fündig. Der Enyaq ist mit 4,65 m zwar etwas länger als ein VW ID.4 (Test), aber auch ein paar Zentimeter kürzer als der gerade überarbeitete Kodiaq.

Vorn wie hinten bietet das SUV auch großgewachsenen Menschen viel Bewegungsfreiheit, dem Radstand von 2,77 m sei Dank. Die Sitze selbst sind sehr bequem und weit verstellbar, sieht man einmal davon ab, dass die Lordosenstütze keine Höhenverstellung spendiert bekommen hat. Warum die Software den elektrisch verstellbaren Fahrersitz beim Öffnen manchmal in irgendeine, zuvor nicht genutzte Position fährt, ließ sich nicht ermitteln. Dafür sind die Isofix-Haken zur Befestigung von Kindersitzen zumindest hinten sehr einfach zugänglich.

Der Kofferraum fasst mit 585 Litern mehr als manch ein Kombi, der deutlich länger ist. Wir maßen rund ein Meter in der Tiefe und in der Breite zwischen den Radhäusern und etwas mehr als einen halben zwischen Ladeboden und Rollo. These: Wer erheblich mehr Platz braucht, muss mindestens zu einem kleinen Bus wie dem Opel Zafira wechseln. Der ist dann auch variabler eingerichtet, denn Skoda hat sich die verschiebbaren Rücksitze gespart. Schade, denn damit ließe sich das hervorragende Raumangebot noch flexibler nutzen.

Bei der Gestaltung des Innenraums ging Skoda neue Wege, nur weniges wie die Schalter für die Fensterheber oder der Lenksäulenhebel für den Tempomaten sind Überbleibsel. Sie lassen sich ohne vorheriges Nachdenken blind bedienen, und das ist nicht mehr selbstverständlich. Denn die schöne neue Welt, die sich da auftut, bekommt im täglichen Umgang ein paar tiefe Kratzer. Zunächst aber das positive: Die Tasten auf dem – runden – Lenkrad verzichten auf diesen Touch-Blödsinn, der neuerdings von einigen Entwicklungsabteilungen eingebaut wird, die das vermutlich nie abseits eines Labors ausprobiert haben.

Skoda Enyaq iV 80 innen (17 Bilder)

Das Armaturenbrett unterscheidet sich deutlich von den Modellen mit Verbrennungsmotor.
(Bild: Florian Pillau)

Die Zahl der Knöpfe auf dem Steuerrad ist sinnvoll ausgesucht, mithilfe der Drehwalzen ist alles, was es dort zu bedienen gibt, schnell erledigt. Skoda hat zudem an Ablagen und ein paar fest belegte Schnellwahltasten gedacht. Dass man mit einem Griff aus dem Becherhalter eine brauchbare Ablage machen kann, finde ich ebenfalls sehr charmant.

Das 5,3 Zoll kleine Kombiinstrument lenkt nicht ab, was allerdings auch daran liegt, dass es einerseits nur sehr wenige Informationen liefert und sich andererseits auch nicht individuell einrichten lässt. In der Mitte wurde ein riesiger Bildschirm auf das Armaturenbrett gepflanzt, was im ersten Moment den ein oder anderen vielleicht beeindrucken mag. Er misst 13 Zoll in der Diagonale und hat eine Auflösung von 1920 mal 932 Pixeln. Reichlich Platz also, doch besonders geschickt wird der nicht genutzt. Auf dem "Home-Screen" lassen sich Navigation und Verbrauch nicht gleichzeitig einblenden.

Der Weg zu manch einer Information erfordert für meinen Geschmack ein paar Tapser zu viel. Das stört auch deshalb, weil die Sprachsteuerung insgesamt zwar durchaus brauchbar ist, mit der Spitzengruppe aber nicht mithalten kann. Der Befehl: "Rufe Mutti auf dem Festnetz an" führt zur Nachfrage: "Soll ich Mutti auf dem Festnetz anrufen?" Schmalsinn dieser Art sortiert hoffentlich ein Update aus. Spannend auch die Idee, "Laura" als Keyword zum Aufrufen der Sprachsteuerung zu verwenden. Damit stellen die Programmierer sicher, dass Menschen, die beispielsweise mit einem Mietwagen spontan und ohne große Vorbereitung irgendwo hin wollen, diesen Weg garantiert nicht finden.

Zum Eindruck, dass hier noch Raum für Verbesserungen bleibt, mag auch beigetragen haben, dass der vorherige Testwagen Android Automotive installiert hatte. Im Vergleich dazu wirkt nicht nur das Arbeitstempo im Skoda ein wenig zäh, die Reaktion auf Sprachbefehle zögerlich. Der direkte Umstieg zeigt, dass sich die Autohersteller, die einen eigenen Weg gehen wollen, durchaus vor Googles Avancen in diesen Bereich fürchten sollten. Denn was dort schon im ersten Anlauf gelungen ist, ist fraglos ziemlich beeindruckend.

Ziemlich ordentlich waren bislang die Testwagen verarbeitet, die uns von Skoda in die Redaktion gestellt wurden, selbst kleinere Mängel gab es nur selten. Der von uns gefahrene Enyaq aber knarzte und knirschte auf schlechten Straßen im Heck. Einen unerschütterlichen Eindruck hinterließ dieses Auto nicht, und das mit gerade einmal 5000 km auf dem Zähler. Ich hoffe für alle Enyaq-Besitzer, dass unser Testwagen ein Ausrutscher war. Falls nicht, ist das für die Summen, die der durchschnittliche Enyaq-Käufer auf den Tisch legt, bedenklich bis enttäuschend.

Skoda bietet inzwischen vier Antriebskonfigurationen an, und die von uns gefahrene ist aktuell die beliebteste. Das Basismodell hat 109 kW Motorleistung und eine 52-kWh-Batterie, der Testwagen liegt zwei Stufen in der Versions-Hierarchie darüber. Hier leistet die E-Maschine im Heck 150 kW und bietet ein maximales Drehmoment von 310 Nm. Skoda nennt 8,7 Sekunden im Standardsprint und 160 km/h Höchstgeschwindigkeit.