Opel Astra mit Plug-in-Hybrid im Test: Zwischenschritt gelungen?

Ab 2023 soll der Astra auch als Elektroauto zu haben sein. Bis dahin besteht das Angebot an alternativen Antrieb aus Plug-in-Hybriden. Wie fährt er sich damit?

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Opel Astra PHEV

Mit den fülligen Rundungen seines Vorgängers hat der neue Astra wenig gemein. Er wirkt gestrafft, was sich nicht nur optisch zeigt, sondern auch unterwegs.

(Bild: Pillau)

Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Martin Franz
Inhaltsverzeichnis

"Boah Papa, ist der scheußlich!" Kinder urteilen mitunter spontan schonungslos offenherzig, was sie sehen. In diesem Fall war allerdings nicht der Astra an sich gemeint, dessen kantiges Design bei der Jugend-Jury recht gut ankam, sondern der Farbton des Testwagens in Urinstein-Metallic, den Opel tapfer als "Kult Gelb" vermarktet. Weitere Kritik des Nachwuchses gab es nur für die fehlenden Leselampen hinten. Was fiel den Fahrern auf? Dass Kleinigkeiten in Autos auf gleicher Basis manchmal viel bewirken.

Der Opel Astra PHEV war das dritte Modell auf dieser Plattform, das wir innerhalb von kurzer Zeit in der Redaktion hatten. Mit Peugeot 308 und DS 4 hat er Stärken und Schwächen gemeinsam: Die Nutzung der Verkehrsfläche bekommen einige Konkurrenten besser hin, gerade hinten ist auch der Astra nicht besonders geräumig. Dort missfällt auch im Opel der miserable Zugang für die Isofix-Haken zur Befestigung von Kindersitzen. Wie kommt man nur auf die Idee, diese Bügel hinter schwergängigen Mini-Reißverschlüssen zu versenken? Wo sind die Kostendrücker, wenn sie mal Gutes für den Kunden bewirken könnten?

Mit alleinigem Verbrennungsmotor gehört der Astra zu den Modellen seiner Klasse, die vergleichsweise viel Platz im Kofferraum bieten. 422 Liter nennt das Werk, im Plug-in-Hybrid sind es nur noch 352. Wer mehr Platz benötigt, kann zum Kombi greifen, der als Hybrid 516 Liter zu bieten hat. Auch er wird ab 2023 als Elektroauto zu haben sein.

Opel Astra PHEV außen (7 Bilder)

Der sechste Opel Astra hat optisch mit seinem Vorgänger nichts mehr zu tun.
(Bild: Florian Pillau)

Auf der Habenseite fallen die insgesamt sehr ordentliche Verarbeitung und die außergewöhnlich bequemen Sitze auf. Im Testwagen ließen sie sich sogar belüften, was in der höchsten Stufe allerdings etwas laut war. Sehr angenehm fanden alle Fahrer die Massage mit insgesamt neun Programmen. Die Sessel tragen zusammen mit der gegenüber dem Vorgänger verbesserten Dämmung viel zum gestiegenen Fahrkomfort bei.

Eine unterschiedliche Philosophie fahren die Hersteller bei der Abstimmung der Fahrwerke. Der DS 4 ist auf Komfort getrimmt, der 308 als Hybrid nur mit einer sportlich anmutenden Linie zu haben. Schon bei den Proberunden mit einem Vorserien-Modell im vergangenen Jahr fiel auf, dass auch Opel sich dazu entschlossen hat, den Astra strammer zu dämpfen. Im nun gefahrenen Serienmodell gefällt er mit einer zwar straffen, aber nicht ganz so kompromisslos harten Auslegung.

Vom Komfort des DS 4 bleibt er so zwar entfernt, doch es sind, anders als im 308, mehr als nur Reste eines Federungskomforts erkennbar. Drei Autos auf einer Basis, drei unterschiedliche Abstimmungen – unter anderem hier wird deutlich, dass das Ergebnis eben trotzdem nicht gleich sein muss. Leider gleichen sich alle drei bei der Dosierung der Bremse, die vollkommen misslungen ist. Der Druckpunkt ist schwer zu erfühlen, mein Kollege Florian beschrieb das Bremsgefühl mit "gummelig".

Auch die Infotainmentsysteme bauen selbstverständlich auf einer Basis auf. Erkennbar wird das am Layout, dessen Bestandteile auf den Hauptbildschirmen in gewissen Grenzen variabel einrichten lassen. So kann der Fahrer bestimmen, auf welche Funktionen er schnellen Zugriff haben möchte. Ist das einmal eingerichtet, mildert es den bedauernswerten Umstand etwas, dass es keine frei belegbaren Favoritentasten gibt – anders als im Peugeot 308. Warum kaum ein Hersteller solche Abkürzungen durch das Dickicht moderner Infotainmentsysteme anbietet, entzieht sich sicher nicht nur meinem Verständnis. Immerhin: Dinge wie Sitzheizung, Lautstärke und die Temperatur haben feste Tasten.

Die Sprachsteuerung hat mit dem Generationswechsel des Astra einen spürbaren Schritt in die richtige Richtung gemacht. Selbst bei offenem Schiebedach verstand es den Befehl: "Fahr mich nach Hause!" An das Niveau, das Mercedes seit Jahren in der vergleichbar großen A-Klasse gegen einen überreichlichen Aufpreis vorlegt, reicht der Stellantis-Konzern aktuell aber nicht heran. Ungewöhnlich dumpf war auch der Radioklang. Schade, dass es das Hifi-System für zwei Ausstattungslinien gar nicht gibt.

Opel Astra PHEV Innenraum (12 Bilder)

Die kantige Linie setzt sich auch im Innenraum fort. Gut gefallen hat uns, dass Opel auf Wischflächen am Lenkrad verzichtet.
(Bild: Florian Pillau)

Aufgefallen sind uns auch noch ein paar Bugs, zu denen unter anderem das Head-up-Display gehört. Im Testwagen war es offenkundig falsch eingestellt, denn unabhängig von der Sitzposition ließ sich nur dann etwas ins Sichtfeld rücken, wenn es ganz nach oben gestellt wurde, wodurch es dann unangenehm verzerrt und unscharf war. Manchmal war es auch einfach nach dem Start des Autos aus und musste dann mühsam aus den Tiefen des Systems neu aktiviert werden. Neueinsteigern hätte man diesen Vorgang erleichtern können, wenn die Programmierer das nicht unter dem Menü-Unterpunkt "Helligkeit" verborgen hätten. Per Sprachbefehl ist es nicht zu steuern.

Seltsam synthetisch erschien einigen Fahrern der Sound des Blinkers, der einmal aus dem Takt mit der Anzeige geriet. Kleinigkeiten wie die genannten lassen sich mit Updates aus der Welt schaffen, sofern der Hersteller das will. Auch die Sprachsteuerung kann nachträglich auf diesem Weg besser werden.

Insgesamt ein bisschen arg karg ist auch das Kombiinstrument im Astra geraten. Es lässt sich zwar ebenfalls ein wenig nach den Wünschen des Fahrer einrichten, doch die Darstellung bleibt schlicht. Kein Vergleich zum Peugeot mit seinen aufwendigen 3D-Anzeigen. Allerdings ist es Opel gelungen, die Bildschirme vergleichsweise gut zu entspiegeln. Selbst bei Sonnenlicht lässt sich alles ordentlich ablesen. Spätestens beim nächsten Facelift findet sich hoffentlich noch jemand, der sich um die bei Sonnenlicht stark reflektierende Umrandung des Head-up-Displays kümmert.