Die C-Rate: Mit welcher Ladeleistung in Elektroautos gerechnet werden darf

Seite 2: Laden bei Kälte ruiniert die Dauerhaltbarkeit

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Das Vorheizen der Batteriezellen vor dem Laden ist elementar für die Dauerhaltbarkeit. Kalte Zellen, die zu stark belastet werden, degradieren extrem schnell. Es kommt zur Abscheidung von metallischem Lithium; auch der englische Begriff "Lithium-Plating" wird oft zitiert. Das Lithium-Plating ruiniert die zyklische Haltbarkeit. Eine gezielte automatische Vorheizung ist in dieser Hinsicht noch wichtiger als die Kühlung. Zwar reduziert das Softwaremanagement ohnehin den Ladestrom – besser ist es aber, wenn die optimale Temperatur herbeigeführt wird.

Die meisten modernen Elektroautos haben eine Routenführung mit automatischer Vorkonditionierung. So wie Tesla es vorgemacht hat: Bei der Start-Ziel-Navigation werden in Abhängigkeit der Standorte und der Ladekurve die klügsten Stopps errechnet. Das Batteriesystem bereitet das Laden durch Heizen oder Kühlen bestmöglich vor.

Die Qilin-Batterie soll in Kürze verfügbar sein. Wir spekulieren: Es könnte ein Tesla für den chinesischen Markt sein, in dem das System zuerst zum Einsatz kommt.

(Bild: Tesla)

Das lässt sich am Momentanverbrauch ablesen. In unseren Breitengraden muss mehr geheizt als gekühlt werden: Der Stromkonsum steigt ein paar Minuten vor dem avisierten Ladestopp deutlich an. Ja, das schlägt sich auch im Durchschnittsverbrauch merklich nieder. Aber im Gegenzug steht man kürzer an der Säule, und die Dauerhaltbarkeit ist, so gut technisch möglich, gewährleistet.

Bei Tesla, Mercedes und BMW ist die Vorkonditionierung zum Erreichen der maximalen C-Rate nahezu durchgehend vorhanden. Auch Renault Megane E-Tech oder der Polestar 2 beherrschen das. Hyundai zieht gerade nach – das ist erfreulich, denn bei Hyundai Ioniq 5 und Kia EV6 war die Differenz zwischen Papierform und Realität bei Kälte besonders groß.

Nur die Nutzer des Modularen Elektrifizierungs-Baukastens (MEB) in der VW ID-Serie, im Skoda Enyaq (Test) oder im Audi Q4 e-tron (Test) müssen noch etwas warten: Dem Vernehmen nach soll die Softwareversion 3.2 endlich für Abhilfe sorgen – das ist überfällig.

Die durchschnittliche C-Rate macht keine Aussage über den Verlauf der Ladekurve. Sie kann sehr konstant sein, wie dieses Plateau des Audi e-tron zeigt.

(Bild: Fastned)

Bei jedem Treffen von Batteriefachleuten ist derzeit die Rede von 4C für das Jahr 2025 und 5C bis 2030. So könnte auch das Queuing – das Schlangestehen vor Ladesäulen zu Stoßzeiten – reduziert werden, weil die notwendige Mindeststandzeit schrumpft. Länger als erforderlich will angesichts der Preise ohnehin keiner stehen. Der wichtigste Faktor, um das zu erreichen, ist wie beschrieben ein leistungsstarkes Temperaturmanagement.

Die meisten Elektroautos aber haben einen Peak bei niedrigen Ladeständen und lassen im Verlauf deutlich nach. Die Werte eines Porsche Taycan sind trotzdem beeindruckend.

(Bild: Fastned)

Die Zellchemie selbst hat eine untergeordnete Rolle. "Die Limitierung der C-Rate ist im Anodenmaterial begründet", erklärt Prof. Markus Hölzle vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW). "Hier wird bisher fast immer Graphit eingesetzt. Neue Silizium-Graphit-Kompositanoden könnten in naher Zukunft höhere C-Raten ermöglichen", meint Hölzle. Die Kombination aus Anoden mit Siliziumbeimischung und perfektem Temperaturmanagement ist also das nächste Ziel.

Weil die C-Rate unabhängig von der Batteriekapazität steigt, ist das auch für die kommenden Kunden von preisgünstigen Elektroautos eine gute Nachricht: Solange der Hersteller nur an der Gesamtkapazität, nicht aber am Temperaturmanagement spart, profitieren auch solche Elektroautos von hohen C-Raten. Wenn etwa ein Peugeot e-208 (Test) lediglich den Bauraum für 48 kWh Energieinhalt hat, könnte er trotzdem schnell laden. Das wäre sinnvoll im Sinn eines geringen Materialbedarfs. Stand heute sind es aber gerade die Elektroautos im kostensensiblen Segment, die mit unzureichender Heizung oder Kühlung ihres Speichers verkauft werden. Das sollte sich dringend ändern.

(fpi)