Lovelace, Hopper, Hamilton & Co.: Wie kluge Frauen die Tech-Welt beeinfluss(t)en

Seite 5: Grace Hopper: Ausnahmetalent im Dienste des Staates

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Während Friedman erst im Laufe der Zeit über die Sprachwissenschaften zur Kryptoanalyse kam, war die naturwissenschaftliche Laufbahn der 1906 geborenen Grace Hopper schon früh absehbar. Mit einem Prädikatsexamen in Mathe und Physik der Yale University waren ihre Voraussetzungen für einen erfolgreichen Start ins Berufsleben zumindest so gut, wie sie für eine Frau in der damaligen Zeit eben sein konnten.

Nachdem sie zunächst als Lehrerin gearbeitet hatte, trat Hopper 1944 in den Dienst der Reserve der US Navy ein – eigentlich wollte sie in die "normale" Marine, doch befand man sie dafür als zu alt. Zum Glück, wie man aus heutiger Sicht festhalten muss. Denn bei der Reserve der US Marine musste Hopper nicht unmittelbar ins Gefecht. Sie hatte stattdessen die Gelegenheit, ausgiebig mit dem Mark 1 ("Automatic Sequence Controlled Calculator", kurz ASCC) zu arbeiten, dem ersten funktionierenden elektromechanischen Computer der USA. Sie schrieb für Mark I, mit dem die Marine etwa ballistische Berechnungen durchführte, Programmcode und war zudem an der Entwicklung von dessen direktem Nachfolger Mark II beteiligt, der 1947 fertig wurde.

Eine spätere Anstellung bei Eckert-Mauchly Computer Corporate bot ihr ab 1950 die Gelegenheit, sich an der Entwicklung des UNIVAC I zu beteiligen. Im Rahmen dieser Arbeit kam ihr die Idee, Computer mit Befehlen in englischer Sprache zu füttern, statt die damals übliche binäre Notation zu verwenden. Ihre Vorgesetzten ließen sie zwar abblitzen, dennoch beschäftigte sich Hopper mit ihrer Idee weiter. 1952 veröffentlichte sie nicht nur eine wissenschaftliche Arbeit zum Thema, sondern stellte gleich auch ein Programm vor, das Code bestehend aus englischer Sprache in Anweisungen für den UNIVAC I umwandeln konnte. Hopper gilt mithin zurecht als Erfinderin des ersten Compilers. 1954 avancierte sie zur Chefin ihrer Abteilung, die kurze Zeit später Code für zwei Programmiersprachen auf Compiler-Basis vorstellte, nämlich MATH-MATIC und FLOW-MATIC.

Flotillenadmiral Grace Hopper stellte ihr Leben in den Dienst der US Navy und legte dort die Grundlage für die Programmiersprache COBOL.

(Bild: Wikimedia Commons / Public Domain)

Hopper selbst eilte ihr Ruf zu diesem Zeitpunkt längst voraus. Da wundert es nicht, dass sie 1959 eine Einladung erhielt, sich als Beraterin am CODASYL-Konsortium zu beteiligen. Auf Basis von Hoppers FLOW-MATIC in Kombination mit Elementen der von IBM entwickelten Sprache COMTRAN sowie FACT von Minneapolis-Honeywell schuf CODASYL einen neuen Standard für eine Programmiersprache. Die neue Sprache modernen Zuschnitts erhielt den Namen "Common Business-Oriented Language", kurz COBOL. Sie ist vor allem im Bereich der Programmierung kaufmännischer Anwendungen noch heute im Einsatz;. Somit erstreckt sich der Einfluss von Grace Hoppers Werk und Ideen tatsächlich bis in die unmittelbare Gegenwart.

Wie umfassend und wichtig Hoppers Fachwissen war, wurde 1967 einmal mehr deutlich: Gerade ein knappes Jahr war ihr der Ruhestand vergönnt, in den sie im Jahr zuvor getreten war, bevor die US-Marine sie angesichts von Computerproblemen zurück in den aktiven Dienst beorderte. Fast 20 weitere Jahre zeichnete "The Amazing Grace", wie ihre Kollegen sie liebevoll nannten, maßgeblich für den Betrieb sowie die Entwicklung von Computern bei der Marine verantwortlich: Sie wusste und verstand schlicht Dinge, die ihren Kollegen und Kolleginnen schleierhaft blieben.

1986 wurde sie mit 80 Jahren hochdekoriert und mit allen militärischen Ehren im Range einer Flotillenadmiralin endgültig in den Ruhestand verabschiedet. US-Präsident Barack Obama zeichnete sie 2016 posthum mit der Presidential Medal of Freedom aus, der höchsten zivilen Auszeichnung der Vereinigten Staaten.

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Kult um ihre Person war Grace Hopper zeitlebens fremd, obgleich sich Horden von Fans um sie scharten, wenn sie in öffentlich in Erscheinung trat. Ein 1986 aufgezeichneter Auftritt Hoppers bei David Lettermann macht deutlich, dass Hopper ihre Arbeit vor allem als Dienst an ihrem Land verstand und mit großem Pragmatismus soldatische Tugenden repräsentierte, so wie es die Menschen in den USA von den Mitgliedern ihrer Streitkräfte erwarten.