LKW-Maut: Toll Collect stottert ab
Das Maut-Konsortium Toll Collect hat damit begonnen, die fälligen Vertragsstrafen für die verspätete Maut-Technik zu zahlen; der Verkehrsminister spricht von einer ohne große Probleme verlaufenden Generalprobe.
Einem Bericht der Berliner Zeitung zufolge hat das Maut-Konsortium Toll Collect damit begonnen, die fälligen Vertragsstrafen für die verspätete Maut-Technik zu zahlen. In den vergangenen 9 Monaten seien 122 Millionen Euro gezahlt worden, weitere 46 Millionen sollen bald kommen. Diese Beträge sind unabhängig von dem Schiedsverfahren gezahlt worden, bei dem der Bund auf insgesamt 4,6 Milliarden Euro Schadensersatz drängt.
Unterdessen hat Verkehrsminister Manfred Stolpe in einem Interview mit dem Wiesbadener Kurier bekannt gegeben, dass die Generalprobe bisher ohne große Probleme läuft. Dabei ermahnte Stolpe die Spediteure, die On Board Units einzubauen: "Wer nicht einbaut, muss an den Automaten buchen."
Diese Äußerung sorgt für Unmut unter deutschen Spediteuren, die sich über das Internet in das Mautsystem einbuchen wollen. Das Internet-Verfahren eignet sich besonders für LKW, die "auf Linie" fahren und bei denen täglich immer die gleiche Strecke zu Buche schlägt. Für solche Fälle sollen sich Standard-Buchungsdatensätze erstellen lassen, die schnell abgewickelt sind. Die Tatsache, dass die Mautzahlung via Internet gegenüber OBU-Buchung und Vorabzahlung über ein Maut-Terminal nicht mehr erwähnt wird, deutet auf Schwierigkeiten mit dem dritten Zahlungsweg hin.
Auf Spediteursseite hat sich mit der Bahn-Tochter Schenker Stinnes der größte deutsche Frächter zu Worte gemeldet und fünf Anforderungen an das Mautsystem gestellt. So sollen die Transporteure die angefallenen Mautkosten pro LKW täglich über das Internet abrufen können und der Test unter Echtbedingungen im Volllastbetrieb mindestens sechs Monate weiter geführt werden. Damit würden die Mautzahlungen erst im Juli 2005 beginnen. Außerdem verwahrt sich der Logistikkonzern dagegen, dass die Maut unmittelbar nach dem Ende einer Fahrt auf die Sammelrechnung eines Spediteurs geschrieben wird. Die Maut dürfe frühestens vier Wochen nach der Erhebung abgebucht werden, da andernfalls die Spediteure die Vorfinanzierung der Maut besorgen würden, heißt es bei Schenker Stinnes.
In der vergangenen Woche war die LKW-Maut erneut ins Gerede gekommen, als das Schwarzbuch 2004 des Bundes der Steuerzahler vorgestellt wurde. Die Organisation warf in ihrem Bericht (PDF, Seite 35/36) dem Bundesverkehsministerium vor, 15,64 Millionen Euro für Berater und Consultants ausgegeben zu haben, die die Nicht-Einführung der Maut "fachlich begleitet" haben.
Zu den Verwicklungen um die Mauteinführung in Deutschland siehe auch:
- Verursacherbedingt verspätet -- Das "fortschrittlichste Mautsystem der Welt" und die Realität, c't 22/2003, S. 92, verfügbar im heise online-Kiosk
- Ausgebremste Automatik -- Das Kreuz mit der satellitengestützten Lkw-Maut, c't 21/2002, S. 60
- Bremsklotz aus Brüssel
- Generalprobe vorzeitig gestartet
- Tanz um den Schadensersatz
- Der Start ist geregelt
- Gericht: Toll Collect klaute Kartendaten im Internet
- Schwarzer Peter gesucht
- Einbauwille mangelhaft
- CDU erwägt PKW-Maut
- Ein Tipp der Spediteure
- Probleme im Promillebereich
- Umfangreicher Aktionsplan läuft an
- Höhere Abgaben im Gespräch
- Die OBU-Welle kann rollen
- Münchner Grüne wollen City-Maut mit RFID-Technologie
- Für PKW-Maut nur bedingt geeignet
- Alles neu macht der Mai
- "Neuer Maut-Plan ist realistischer"
- 2500 OBU pro Tag
- Auf ein Altes
- Nach der Maut: Fahrtenschreiber schreiben nicht
- Das beste System wird besser
- Auf ein Neues
- Die Zukunft ist grau
- Stolpe kündigt Toll Collect
- LKW-Maut oder Maut für alle
- Europpass lockt mit Go-Box für Deutschland
- Mautsystem in Österreich lief ohne Probleme an
- Die europäische Perspektive
- Von Österreich lernen
(Detlef Borchers) / (jk)