Siemens-Aktionäre wollen auch in diesem Jahr dem Vorstand die Entlastung verweigern
Nicht nur wie im Vorjahr dem Vorstand, auch dem Aufsichtsrat will der Verein der Siemens-Belegschaftsaktionäre diesmal die Entlastung verweigern.
Nach Schmiergeldaffaire und BenQ-Disaster -- dieses Jahr hat der Verein der Siemens-Belegschaftsaktionäre noch mehr Gründe als im Vorjahr oder 2002, dem Vorstand und diesmal auch dem Aufsichtsrat die Entlastung auf der Hauptversammlung am 25. Januar zu verweigern. Der Vorstand habe durch mangelhafte Umsetzung der Geschäftsrichtlinien systematische Korruption ermöglicht, was das Ansehen der Firma schwerstens beschädigt habe, schreibt der Verein in einem Gegenantrag zur Hauptversammlung, den Siemens auf der Website veröffentlichen musste.
Auch den Aufsichtsrat treffe eine Mitschuld. So sei nicht hinnehmbar, dass das Gremium dem Vorstand eine Gehaltserhöhung um 30 Prozent genehmigte, während gleichzeitig in vielen Bereichen Personal abgebaut werde.
Der Vorstand habe trotz Vorliegen deutlicher Hinweise auf Verstoß gegen den Ethik-Codex der Firma bereits in 2005 und zum Frühjahr 2006 nicht konsequent und zeitnah gehandelt. Ein Siemens-Sprecher hatte am Wochenende erklärt, Vorstandschef Klaus Kleinfeld habe seit Anfang 2006 von einem verdächtigen Konto in der Schweiz gewusst. Ihm sei dessen Existenz im Zuge der Ermittlungen der Schweizer Behörden bekannt geworden, über die der Vorstand und er Anfang 2006 informiert wurden.
Über schwarze Kassen war Kleinfeld nach eigenen Angaben in seiner früheren Tätigkeit als Mitglied des Zentralvorstands nicht informiert. Die Staatsanwaltschaft München hat noch nicht darüber entschieden, ob Kleinfeld als Zeuge angehört wird. "Wir werden erst in etlichen Wochen oder sogar Monaten wissen, ob wir Herrn Kleinfeld als Zeugen benötigen", sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Christian Schmidt- Sommerfeld am Mittwoch in München. Zunächst müsse das gesamte Ermittlungsmaterial gesichtet werden. Alle fünf zuletzt noch inhaftierten Beschuldigten in der Siemens-Affäre bleiben weiter auf freiem Fuß. Sie waren vor Weihnachten gegen Auflagen aus der Haft entlassen worden.
Die Staatsanwaltschaft ging nach ersten Ermittlungen davon aus, dass Siemens- Mitarbeiter etwa 200 Millionen Euro beiseite geschafft und im Ausland als Schmiergeld eingesetzt haben. Siemens wehrte sich am Mittwoch erneut gegen den Vorwurf, Mitarbeiter der Korruptionsbekämpfung seien in die Affäre verwickelt. Der Anwalt eines Beschuldigten habe in der vergangenen Woche in der ARD- Sendung «Monitor» gesagt, Mitarbeiter der so genannten Compliance Abteilung hätten von dem System gewusst und dieses sogar unterstützt. Dabei habe er sich auch über den Leiter der Abteilung geäußert. Wegen dieser Äußerungen habe Siemens bei der Staatsanwaltschaft Anzeige wegen Verleumdung gegen den Anwalt erhoben. Die Abteilung sei in den laufenden Ermittlungen zentraler Ansprechpartner auf Siemens-Seite für die Münchner Staatsanwaltschaft und habe sich sehr kooperativ gezeigt. (dpa)
Siehe dazu auch:
- Haftbefehle gegen Beschuldigte in Siemens-Korruptionsaffäre ausgesetzt
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