Generationenvertrag

Nach WLAN und UMTS ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Die Industrie hat mit HSDPA, 802.11n und Wimax schon die Pläne für die nächsten Mobilfunktechnologien in der Schublade.

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Von
  • Kay Glahn

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Nach WLAN und UMTS ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Die Industrie hat mit HSDPA, 802.11n und Wimax schon die Pläne für die nächsten Mobilfunktechnologien in der Schublade.

Dass in der aktuellen UMTS-Ausbaustufe dem Teilnehmer lediglich 384 Kbit/s zur Verfügung stehen, und die auch nur unter optimalen Bedingungen, hat viele enttäuscht. Immerhin war in frühen Ankündigungen von 2 MBit/s die Rede gewesen – allerdings pro Funkzelle. Wireless LANs hingegen erreichten schon zu Anfangszeiten 11 MBit/s und sind mittlerweile mit proprietären Verfahren bei 108 MBit/s angelangt. Doch im Vergleich zum kabelgebundenen Ethernet, inzwischen vielerorts mit 1 GBit/s betrieben, sind die drahtlosen Netze immer noch langsam.

Der UMTS-Turbo HSDPA

Damit sind auch Hersteller und Netzbetreiber nicht zufrieden. Um dem Kunden neue Dienste, basierend auf höheren Bandbreiten, anbieten zu können und die internen Kosten für die Datenübertragung zu senken, haben sie schon den Turbo für UMTS in der Hinterhand. Von manchen auch als 3,5G-Technologie bezeichnet, stellt HSDPA (High Speed Downlink Packet Access) eine Reihe neuer Verfahren bereit, die die Performance der bestehenden UMTS-Netze verbessern sollen. Vergleichbar mit dem auf GPRS basierenden EDGE wird bei HSDPA ein ausgefeilteres Modulationsverfahren sowie eine adaptive Fehlerkorrektur eingesetzt, um die Geschwindigkeit zu erhöhen und außerdem eine bessere Latenzzeit zu erreichen, die vor allem für mobile Datendienste wichtig sein kann.

Dieses neue Verfahren, das ursprünglich erst für Ende 2006/Anfang 2007 auf der Agenda stand, haben nun einige Provider bereits für Mitte 2005 angekündigt. Vor allem in Österreich hat das Rennen um den neuen Standard zwischen den Betreibern begonnen. Mit HSDPA hat Siemens laut eigener Aussage im Labor 14 MBit/s erreicht, im Alltagsbetrieb seien aber eher Werte von 3,6 MBit/s realistisch. Im Vergleich zu den aktuellen 384 KBit/s ist das fast eine Verzehnfachung.


Online-Ressourcen
3rd Generation Partnership Projectwww.3gpp.org
WiMAX Forumwww.wimaxforum.org
Near Field Communication Forumwww.nfc-forum.org
ZigBee Alliancewww.zigbee.org
Multiband OFDM Alliancewww.multibandofdm.org
UWB-Forumwww.uwbforum.org/

Der HSDPA-Standard ist in der 3GPP Release 5 spezifiziert (bei 3GPP handelt es sich um die Herstellervereinigung 3rd Generation Partnership Project, siehe www.3gpp.org). Großer Vorteil: In der Regel ist ein Update auf HSDPA via Software realisierbar, die gerade erst installierte Netzwerkhardware lässt sich weiterverwenden. Außerdem ist HSDPA abwärtskompatibel zu UMTS, so dass heutige Endgeräte auch in den "aufgebohrten" Netzen funktionieren. Für die nächste Ausbaustufe ist geplant, mittels HSUPA (High Speed Uplink Packet Access) den Upload von Daten vom mobilen Endgerät in das Netz zu beschleunigen.

Auch WLAN gibt Gas

Auch im WLAN-Bereich versucht man, mit 802.11n auf Basis bestehender Technologien noch ein bisschen mehr Leistung aus dem Netz herauszukitzeln. Das Problem ist allerdings, dass die nächste Generation des Wireless LAN noch nicht standardisiert ist. Zwar hat sich die IEEE-Arbeitsgruppe im März in Atlanta auf einen von zwei verbleibenden Vorschlägen geeinigt, bei einer erneuten Abstimmung Mitte Mai in Cairns, bei der der Standard eigentlich endgültig festgezurrt werden sollte, wurde nun aber für den Vorschlag der konkurrierenden WWiSE-Gruppe gestimmt. Dies hat zur Folge, dass sich die beiden Parteien nun in einer Pattsituation befinden und damit ein einheitlicher Standard weiter verzögert wird.

Der TGnsync-Vorschlag sieht durch den Einsatz der MIMO-Technik (Multiple Input/Multiple Output) sowie breitere Hochfrequenzkanäle von 20 und optional 60 MHz eine Bruttoperformance von 315 MBit/s vor, in der geplanten zweiten Ausbaustufe sogar doppelt so viel. In der Praxis würde dies bedeuten, dass man netto 160 beziehungsweise 320 MBit/s übertragen kann – bei Abwärtskomptibilität zu älteren WLAN-Geräten.

Allerdings besteht das Dilemma darin, dass die Abstimmung für TGnsync sehr knapp ausfiel und viele Firmen nach wie vor hinter dem WWiSE-Vorschlag des konkurrierenden Lagers stehen. Einige Firmen haben sogar schon an den WWiSE-Standard angelehnte Geräte mit MIMO-Technik auf den Markt gebracht. Wird aber der TGnsync-Vorschlag zum neuen 802.11n-Standard gekürt, sind diese Geräte nicht standardkonform und lassen sich eventuell auch nicht mit einer Firmwareaktualisierung anpassen. Wer zum kommenden Standard kompatibel sein will, sollte also noch eine Zeit lang abwarten, bevor er entsprechende Hardware anschafft.

Wimax für die letzte Meile

Unter dem Namen Wimax (Wireless Interoperability for Microwave Access) entsteht zurzeit eine weitere Funktechnologie, die unter dem Standard 802.16a spezifiziert ist. Hierbei handelt es sich ursprünglich um eine Weitverkehrsfunktechnik, die – ähnlich wie DSL im kabelgebundenen Bereich – die letzte Meile vom Netzbetreiber zum Verbraucher abdecken soll. Das Prinzip basiert auf einem mit WLAN-Hotspots vergleichbaren Ansatz, nur dass die Rechweite mit bis zu 50 km wesentlich größer ist. Die Bandbreite liegt bei bis zu 70 MBit/s. Der Wimax-Standard wird vor allem durch die Firma Intel gefördert, die Anfang 2003 auch das Wimax-Forum ins Leben rief. Seit Juli 2004 ist nun der endgültige Standard verfügbar.


Auf einen Blick: HSDPA vs. Wimax
HSDPAWimax
Software Update bestehender UMTS-Basisstationenneue Infrastruktur erforderlich
langsamer,aber mobilerschneller, aber zurzeit noch stationär
Einsatz im Bereich Mobility für Daten und SpracheBreitbandanbindung für Firmen und unterversorgte Gebiete

Das Interessante an Wimax ist, dass für die Zukunft bereits ein stufenweiser Ausbau geplant ist, der sie eventuell zu einer Konkurrenz für WLAN oder UMTS macht. Die erste Ausbaustufe betrifft, wie erwähnt, die Versorgung von Gebäuden mit schnellen Internetzugängen über externe Antennen. Die zweite Ausbaustufe, die allerdings noch nicht spezifiziert ist, soll auch den Einsatz von Indoor-Antennen ermöglichen. In der dritten Ausbaustufe soll Wimax für mobile Endgeräte wie Notebooks und Mobiltelefone verfügbar sein.

Theoretisch wäre Wimax eine Alternative zu WLAN und UMTS. In naher Zukunft dürfte diese Technik aber vor allem dem Aufbau breitbandiger MANs (Metropolitan Area Networks) in Ländern wie China, Indien oder Russland dienen, die noch nicht engmaschig mit Breitbandkabeln vernetzt sind.

Bei aller Euphorie über die neuen Funktechnologien soll nicht verschwiegen werden, dass es auch kritische Stimmen gibt, die eine weitere Zunahme des Elektrosmogs in allen denkbaren Frequenzbereichen befürchten. Doch sind bislang keine eindeutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse bekannt, was die Schädlichkeit hochfrequenter Funkwellen auf den menschlichen Körper betrifft. So ist weiterer Streit programmiert. Die einen wollen drahtloses Breitband-Internet bis in die abgelegensten Teile der Erde, die anderen möglichst wenig Elektrosmog, um einer eventuellen schädlichen Wirkung zu entgehen. (js)

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