BMW 320e im Test: Plug-in-Hybrid mit klassischen Markenwerten

BMW erweitert das PHEV-Angebot im Dreier nach unten. Wird der 320e damit zum spröden Verzichtsmodell oder ist er eine zeitgemäße Alternative?

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BMW 320e

(Bild: Pillau)

Lesezeit: 11 Min.
Inhaltsverzeichnis

Käme jemand auf die Idee, einen mit allen sportlichen Zutaten angerichteten Dreier auf öffentlichen Straßen an seine Grenzen zu treiben, läge er mit einiger Wahrscheinlichkeit weit oberhalb dessen, was erlaubt ist. Die Wahl des Antriebs spielt dabei, so merkwürdig es klingen mag, erst mal nur eine Nebenrolle. Das war nicht immer so, doch das Leistungsniveau hat sich ganz allgemein derart verschoben, dass selbst aktuelle Basismodelle flotter sind als frühere Spitzenmodelle.

Dynamik und hohe Beschleunigung versprechen auch Plug-in-Hybride, oft mit ziemlich hoher Systemleistung. BMW bietet mit dem 320e nun einen zweiten PHEV in der Dreier-Reihe an, der etwas weniger davon in die Waagschale schmeißt. Reicht das noch immer für jene Fahrfreude, die sich die Marke bis heute auf die Fahnen schreibt? Ja, wie unser Test zeigt.

Der bisher einzige Plug-in-Hybrid im Dreier verkauft sich gut. Kein Wunder, wird er doch derzeit stattlich staatlich subventioniert. Damit ist nicht nur die Unterstützung beim Kauf gemeint, sondern vor allem die reduzierte steuerliche Belastung für Dienstwagenfahrer. Grund genug also für BMW, nachzulegen und das Angebot nach unten zu erweitern. Der 320e wird dabei aber nicht zum spröden Verzichtsmodell. Sein Vierzylinder-Benziner leistet schon 120 kW. Der Elektromotor steuert weitere 83 kW bei. Weil beide Motoren ihre Spitzenleistung bei unterschiedlichen Drehzahlen abliefern, liegt die Systemleistung mit 150 kW unterhalb der rechnerischen Addition der Einzelleistungen.

BMW geht beim Aufbau einen anderen Weg als in den Modellen unterhalb des Dreiers. Dort ist inzwischen Frontantrieb der Standard. Diese Plug-in-Hybride bekommen eine elektrische Sekundärachse, sprich: Der Verbrenner treibt die Vorderräder an, der E-Motor die Hinterräder. Anders in den Modellen, die auf Hinterradantrieb setzen: Hier wird der Elektromotor in die Achtgang-Wandlerautomatik integriert. Das ist potenziell etwas weniger effizient.

Plug-in-Hybride

Gewissermaßen der dritte Baustein im PHEV-Antriebsstrang ist die Batterie. Im 320e hat sie einen Nettoenergiegehalt von 11,15, brutto sind es 12 kWh. Der Speicher ist identisch mit dem im kürzlich gefahrenen X3 30e, die Differenzen bei der Aufladung sind zu vernachlässigen. Im SUV waren es zwischen 12,5 und 13,65 kWh, die für eine komplette Befüllung eingeplant werden mussten, im Dreier 12,4 bis 13,3 kWh.

Test BMW 320e außen (5 Bilder)

Auch die rein elektrische Reichweite lag im 320e in einem ähnlichen Bereich: Bei etwas kühleren Temperaturen als während des X3-Tests waren es maximal 43 km, die wir mit einer Batterieladung zurückgelegt haben. Umgerechnet auf den Stromverbrauch, den der Eigner bezahlen muss, bedeutet das zwischen 28,8 und 30,9 kWh/100 km – wohlgemerkt bei sehr gemächlicher Fahrweise. Wer es darauf anlegt, leert den Speicher auch innerhalb von weniger als 30 km, mit entsprechenden Auswirkungen auf den Stromverbrauch. Natürlich haben wir auch ausprobiert, was der 320e verbraucht, wenn er nicht geladen wird: Minimal waren es 5,7 Liter, im Schnitt einer mehr.

Wie schon im X3-Test bekommt BMW auch hier von uns Kritik für den Lahm-Lader. Mehr als 3,7 kW sind nicht möglich, egal welchen Weg man einschlägt. Das serienmäßige Vorladegerät ist wie üblich mit 10 Ampere abgesichert, hier ist also bei 2,3 kW die Spitze erreicht. Die im Test ermittelten 13,3 kWh wurden an einer 230-Volt-Steckdose benötigt, die 12,4 kWh an einer Wallbox. BMW sollte in diesem Bereich endlich nachlegen. Mercedes stürmt mit dem C 300 e in dieser Hinsicht gerade auf und davon: 11 kW an Wechselstrom sind Serie, 55 kW an Gleichstrom gegen Aufpreis zu haben. Dazu ist der Speicher in der neuen C-Klasse fast doppelt so groß.

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Bei den Fahrleistungen liegt der mit 320e knapp hinter dem 320i, der 15 kW weniger hat. 7,6 zu 7,1 Sekunden im Standardsprint, 225 zu 235 km/h Höchstgeschwindigkeit – wer diese Differenzen für kaufentscheidend befindet, wird vermutlich ohnehin eher zu den noch stärkeren Dreiern tendieren. Im Alltag halte ich sie für unbedeutend. Die minimal schlechtere Fahrleistung trotz mehr Leistung haben eine einfache Ursache: Der 320e ist mit 1840 immerhin 270 kg schwerer als ein 320i.

Selbst mein geschätzter Kollege Christian, in der Redaktion der ambitionierteste Fahrer, schrieb dem 320e ins Tagebuch: "Mehr Leistung braucht niemand." Plug-in-Hybride schwächeln häufig spätestens auf der Autobahn, dieser PHEV nicht. Er beschleunigt auch oberhalb von 160 km/h noch ziemlich zügig. Wer diesen Geschwindigkeitsbereich zu seinem bevorzugten erklärt, ist mit einem 320d aber vermutlich trotzdem besser bedient. Der Diesel liefert noch etwas mehr Druck, zudem dürfte er bei diesem Tempo weniger verbrauchen.

Abseits dieser Bolzerei wird es für den 320d aber schwierig, gegen den 320e zu bestehen. Der aktuelle Dreier ist gut gedämmt, der Plug-in-Hybrid ist nochmals leiser als der Diesel – im Hybrid-Betrieb schon spürbar, im Elektro-Modus naheliegenderweise eklatant. Christian fand den Klang des Benziners einigermaßen furchtbar und schrieb zum Sound bei geöffneter Motorhaube: "Ein abscheuliches Nageln, das jedem rumänischen Dreizylinderdiesel zur Unehre gereichen würde." Dem würde ich mich so ausdrücklich nicht anschließen, wenngleich aus dem Motorraum akustisch nichts kommt, was in irgendeiner Form reizvoll wäre. Die Entscheidung, das hinter einer dicken Dämmung verschwinden zu lassen, finde ich gut.

Alle Fahrer in der Redaktion bescheinigten dem 320e ein ausgesprochen harmonisches Zusammenspiel der beiden Motoren mit dem Getriebe. Natürlich gibt es nach wie vor die Option, den Wechsel der Gänge selbst zu bestimmen. Doch rasch stellt der Fahrer fest: Egal ob er schnell oder gemütlich fahren will, die hervorragende Automatik trifft stets die richtige Entscheidung. Ohnehin hat das Schaltgetriebe im Dreier nahezu ausgedient: Momentan ist es nur noch im 318d und im M3 lieferbar. Alle anderen haben inzwischen die Achtgang-Wandlerautomatik serienmäßig eingebaut.

Test BMW 320e Technik (3 Bilder)

Der Verbrennungsmotor hat zwei Liter Hubraum und 120 kW Leistung.
(Bild: Pillau)

Die Automatik trägt damit unauffällig zu dem bei, was den Dreier über all die Jahre ausgezeichnet hat – mal mehr, mal weniger ausgeprägt. Es macht schlicht Freude, mit diesem Auto durch die Gegend zu flitzen. Und ja, der Dreier animiert dazu, es krachen zu lassen. Wer auch nur einen Funken Verantwortungsgefühl im Leib hat, wird das im Testwagen eingebaute, aufpreispflichtige Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern auf öffentlichen Straßen kaum an seine Grenzen bringen. Der 320e mit dem teuren "Modell M-Sport-Paket" lässt sich – im wahrsten Sinne des Wortes – atemberaubend rasant um Kurven werfen. In den meisten Fällen wird der Fahrer davor zurückzucken, den Grenzbereich zu erfahren, und das ist auch gut so. Im Zusammenspiel mit der präzisen Lenkung ist das nahezu konkurrenzlos. Ich kenne nur ein Auto, das ähnlich ausgelegt ist: Alfas Giulia (Test).

Anders als in 118d (Test) und X2 25e erlebt, ist der Dreier aber nicht einfach nur unnachgiebig. Denn das Ansprechverhalten ist erstaunlich sensibel, was für eine sorgsame Abstimmung von Federn und Dämpfern aufeinander spricht. Kleine Unebenheiten werden herausgefiltert, die grundsätzlich straffe Auslegung lässt den Fahrer über diese nie im Unklaren, ohne allerdings zu nerven – und das ist der entscheidende Unterschied. Christian beschrieb es so: "Wie das M Sportfahrwerk den Dreier auf die Straße klebt und gleichzeitig alle Kanten und Löcher rausfiltert, gehört zum Besten, was es derzeit gibt. Dazu die tolle, präzise Lenkung. In seiner Kerndisziplin macht dem Dreier niemand etwas vor."

BMW hatte in den Testwagen freilich auch alles eingebaut, was für den 320e an Verschärfungen in dieser Richtung zu haben ist. Dazu zählen im Wesentlichen das erwähnte Sportfahrwerk und 19-Zoll-Felgen samt Sportreifen – auf dem Testwagen waren 225/40 R19 Pilot Sport 4S von Michelin vorn montiert, hinten waren es 255/35 R19. Das alles verteuert den ohnehin schon kostspieligen Dreier um etliche Tausend Euro.

Test BMW 320e innen (8 Bilder)

Einheitsware: BMW verbaut diese Design-Linie inzwischen fast überall. Die Verarbeitung insgesamt ist gut, die Materialauswahl war bei BMW schon schlichter.

Falls jemand auf die Idee kommen sollte, sich zwar einen 320e zu gönnen, bei der Ausstattung aber zu sparen, folgender Tipp: Fangen Sie damit nicht bei den Sitzen an. Kein Extra wertet den Dreier so sehr auf wie die Sportsitze. Sie sind im Basismodell nur zusammen mit anderen Bezügen zu haben, was den Aufpreis auf 750 Euro hochschnellen lässt. Dieses Geld ist aber sehr gut angelegt. Die Verstellung der Lehnenbreite ist neuerdings übrigens nicht mehr immer im Aufpreis der Sportsitze enthalten – sie kostet nun in einigen Ausstattungslinien 120 Euro zusätzlich.


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47.450 Euro kostet ein 320e, ein 320i (ab 42.150 Euro) ist ebenso etwas weniger teuer wie der bislang so populäre 320d (ab 44.750 Euro). Berücksichtigt werden muss bei dieser Betrachtung allerdings zweierlei: Zum einen können vom Preis des 320e noch die Subventionen abgezogen werden. Der Bruttopreis des 320e ist kein Zufall, sondern haarscharf kalkuliert. Für die Bafa-Prämie zählt der Netto-Preis, und der liegt mit 39.874 Euro ganz knapp unter den 40.000 Euro, oberhalb derer die Fördersumme geringer ausfällt. So gibt es den vollen Satz von 4500 Euro vom Steuerzahler plus 2250 Euro vom Hersteller und den Erlass der Mehrwertsteuer auf den Herstelleranteil. Alles in allem gehen also rund 7000 Euro ab, zuzüglich eines eventuellen Nachlasses vom Händlers vor Ort.

Erschwerend für die Verbrenner kommt hinzu, dass der Plug-in-Hybrid auch noch besser ausgestattet ist: Die Alarmanlage und das große Navigationspaket sind im 320e inklusive, in den anderen Modellen werden dafür 2800 Euro Aufpreis fällig. Möglicherweise rechnet aber ein Großteil der Dreier-Interessenten ohnehin anders: Ein 330e kostet laut Liste fast 6000 Euro mehr als ein 320e. Doch bei den Leasingraten liegt das zugkräftigere Modell oft näher, als man es angesichts des großen Preisunterschiedes vermuten würde. Dennoch: Im Zweifelsfall würde ich das Geld in Extras investieren, und nicht in den stärkeren Antriebsstrang.

Die Kosten für Überführung und Fahrenergie hat die Redaktion übernommen.

Hersteller BMW
Modell 320e
Motor und Antrieb
Motorart Plug-in-Hybrid Benzin
Zylinder 4
Ventile pro Zylinder 4
Hubraum in ccm 1998
Bohrung x Hub 82 x 94,6
Leistung in kW (PS) 120 (163)
bei U/min 5000 bis 6500
Drehmoment in Nm 300
bei U/min 1350 bis 3700
Leistung in kW E-Motor 83
Drehmoment in Nm E-Motor 265
Systemleistung in kW (PS) 150 (204)
Systemdrehmoment in Nm 350
Antrieb Hinterrad
Getriebe Wandlerautomatik
Gänge 8
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1573
Spurweite hinten in mm 1569
Lenkung Elektromechanische Zahnstangen-Servolenkung
Wendekreis 11,4
Reifengröße 225/40 R19
Reifengröße hinten 255/35 R19
Bremsen vorn Einkolben-Faustsattel-Scheibenbremsen, belüftet
Bremsen hinten Einkolben-Faustsattel-Scheibenbremsen, belüftet
Maße und Gewichte
Länge in mm 4709
Breite in mm 1827
Höhe in mm 1444
Radstand in mm 2851
Kofferraumvolumen in Litern 375
Leergewicht in kg nach EU inklusive 68 kg Fahrer und 7 kg Gepäck 1840
Zuladung in kg 535
Dachlast in kg 75
Tankinhalt in Litern 40
Batterie in kWh netto 11,15
Fahrleistungen
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in Sekunden 7,6
Höchstgeschwindigkeit in km/h 225
Verbrauch
Verbrauch WLTP in Litern/100 km 1,3 bis 1,8
CO2-Emission WLTP in g/km 29 bis 41
Ladeleistung an AC in kW 3,7
Ladeleistung an DC in kW nicht möglich
E-Reichweite in km 43
Testverbrauch ohne Aufladung 6,7
Daten Stand Juli 2021
Hersteller BMW
Modell 320e
Ausstattungslinie Modell M Sport
Preis für diese Ausstattungslinie 52.650
Infotainment
DAB+ Serie
USB-Anschluss Serie
Soundsystem ab 380
Navigationssystem Serie
Verkehrsdaten in Echtzeit Serie
Freisprecheinrichtung Serie
Head-up-Display 1150
Android Auto/Apple CarPlay Serie
kabelloses Laden von Handys Serie
Assistenz
Tempomat Serie
Abstandstempomat 500
Einparksensoren vorn Serie
Einparksensoren hinten Serie
Einparkassistent ab 500
Rückfahrkamera 500
Totwinkelwarner 900 (Paket)
Spurhalteassistent 900 (Paket)
Matrix-Licht 2000
Nachtsicht-Assistent -
Funktion
LED-Scheinwerfer Serie
elektrische Heckklappe 500
Alarmanlage Serie
schlüsselloser Zugang 600
Fahrwerksoption 600 (adaptive Dämpfer)
Komfort
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(mfz)