Sanfte Unterstützung: BMW 320d Mildhybrid im Test

Schon kurz nach dem Start bekam der oft als Dienstwagen gewählte BMW 320d eine Mildhybridisierung nachgereicht. Wie fährt sich der teure Kombi damit?

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BMW 320d
Lesezeit: 13 Min.
Inhaltsverzeichnis

16 Jahre stand immer irgendein Dreier von BMW vor meiner Tür. Vermutlich wäre das bis heute nicht anders, hätte wenigstens einer der Händler es vermocht, aus den überlassenen Kontaktdaten eines Kaufwilligen einen Kontakt zu formen. Diese Ausfahrt war also ein bisschen wie Heimkommen, zumal die 14 Tage im aktuellen 320d Touring gezeigt haben, dass BMW seine Fortschrittlichkeit zwar vor allem durch Infotainment-Spielereien vermarktet, den Kern dessen, was die Marke einst ausgemacht hat, aber durchaus nicht vernachlässigt.

Äußerlich hat der Dreier mit dem jüngsten Modellwechsel reichlich Speck angesetzt, die schlanke Linie, die zumindest einige Generationen auszeichnete, ist Vergangenheit. BMW muss sich angesichts dieser subjektiven Betrachtung nicht grämen, der erste Dreier Touring wird optisch für mich unerreicht bleiben. Die Abmessungen haben gegenüber dem sehr erfolgreichen, direkten Vorgänger nochmals zugelegt. Mit knapp über 4,7 Metern fehlt nicht mehr viel auf den bis 2004 gebauten BMW 5er Touring der Baureihe E39.

BMW 320d Touring außen (4 Bilder)

Die sechste Generation des BMW 3er Touring wirkt auf mich etwas füllig um die Hüften.

Allerdings nutzt der aktuelle Dreier die Verkehrsfläche effizienter: Das Platzangebot ist für Passagiere wie Gepäck okay, wenngleich es diverse Autos gibt, die das bei ähnlichen Abmessungen noch wesentlich besser können. Die Raumfülle eines vergleichbar langen Skoda Octavia Combi etwa erreicht der Dreier Touring auch in der sechsten Auflage nicht. Der Kofferraum fasst nun 500 Liter und gefällt mit leichter Zugänglichkeit – dramatisch besser als im ersten Dreier Touring – sowie einer Verstaumöglichkeit für Trennnetz und Gepäckabdeckung.

BMW 320d Kofferraum (5 Bilder)

Der Kofferraum fasst 500 Liter, da bieten andere auf dieser Verkehrsfläche mehr. Bevor uns Anfragen überrollen: Der blaue Bezug ist kein M-Sport-Zubehör in Wagenfarbe, sondern ein altes Bettlaken.

Mein Kollege Daniel kaufte vor ein paar Jahren einen der ersten Dreier der vorherigen Generation als Gebrauchtwagen. Nun bin ich zugegebenermaßen etwas pingelig, was die Verarbeitung angeht. Was dort geboten wurde, hat mich etwas erschüttert: Schiefe Nähte und Spalte in den Türgriffen, echtes Holz, das aussah, als wenn es im Playmobilwald gefällt wurde und eine Materialauswahl, die mit den Neuwagenpreisen nur aus Sicht der Aktionäre harmonierte. BMW besserte bei der Modellpflege 2015 spürbar nach.

Der aktuelle Dreier macht es von Anfang an besser: Der Testwagen war sorgsam zusammengesetzt, größere Schnitzer ließen sich nicht finden. Zwei Kleinigkeiten zeugen vom Jammern auf sehr hohem Niveau. Am Wählhebel der Automatik war eine kleine Kunststoffnaht zu spüren. Wer die Heckscheibe öffnet, schaut links und rechts auf riesige Fugen der Kofferraumverkleidung – das lässt sich sicher noch geschickter lösen. Der Rest war absolut tadellos.

BMW 320d Innenraum (14 Bilder)

Armaturenbrett im aktuellen Stil des Hauses: Gut verarbeitet und funktional kaum zu beanstanden

In den zurückliegenden Jahren war der 320d ein oft gewählter Firmenwagen. Obwohl der Dreier erst seit 2019 auf dem Markt ist, hat die Maschine schon ein Update bekommen. Seit März verbaut BMW hier eine Mildhybridisierung. Doch der Reihe nach: Der Kernmotor ist seit 2014 auf dem Markt und wurde 2017 mit einem BiTurbo-Lader versehen. Der Turbolader hat eine variable Einlassgeometrie. Kraftstoff wird mit maximal 2000 bar eingespritzt. Anders als noch im Vorgänger N47 setzt BMW im B47 grundsätzlich auf Magnetventil-Injektoren. Die nun serienmäßige Achtgang-Wandlerautomatik lässt das bisher alternativ angebotene Schaltgetriebe kaum vermissen. Abstufung, Schaltzeitpunkt und Tempo sind vorzüglich, was auch die Mehrheit der Kunden in der Vergangenheit so gesehen hat und der Automatik den Vorzug gab.

Die Mildhybridisierung besteht aus einem 48-Volt-Startergenerator, der eine Lastpunktverschiebung zulässt. Die Batterie ist mit 11 Ah, also 0,528 kWh, wie üblich in diesem Format recht klein, doch es reicht für den Sinn und Zweck. Ziel ist es, den Verbrennungsmotor möglichst oft nah an seinem besten Wirkungsgrad zu betreiben. Liegt die Lastanforderung leicht unter diesem Bestpunkt, wird die kleine Batterie geladen, liegt sie darüber, wird ihr Energie entnommen. Natürlich wird der Speicher auch über die Rekuperation gefüllt. Für diese Verschiebung des Lastpunktes braucht es keine große Batterie, was diese Art der Hybridisierung vergleichsweise günstig macht.

BMW 320d Antrieb (5 Bilder)

Zwei Liter Hubraum, BiTurbolader, Magnetventilinjektoren und seit dem Frühjahr 2020 eine Mildhybridisierung - diese Maschine lag in der Vergangenheit in der Gunst der Kunden vorn.

Im Idealfall sinkt der Verbrauch, wobei der Vorteil am größten ist, wenn das Tempo gering und häufig wechselnd ist. BMW nannte für den 320d Touring mit Automatik im WLTP zuvor 5,4 Liter, für den 320d Mildhybrid werden 4,9 bis 5,2 Liter in Aussicht gestellt. Auf einer entspannten Runde über Land waren es in unserem Test minimal 4,7, im Schnitt 5,9 Liter/100 km. Der Zähler ab Werk lag bei Übernahme durch uns bei 6,2 Litern.

Der Startergenerator kann 8 kW beisteuern. Das klingt nicht viel und macht sich dennoch bemerkbar. Wir hatten den Zweiliter-Diesel mit der internen Bezeichnung B47D20TÜ1 zuletzt im BMW X3 20d (Test) in der Redaktion. Im X3, den wir ja ohne Mildhybrid hier hatten, wirkte es so, als wenn die Maschine einen winzigen Moment Luftholen muss – von einem Turboloch zu sprechen, wäre reichlich übertrieben. Dennoch war die marginale Ansprechverzögerung spürbar. Im Mildhybrid ist sie noch kleiner, wer nicht genau darauf achtet, wird sie vermutlich kaum bemerken.

Die versprochenen Fahrleistungen blieben unverändert, obwohl die Mildhybridisierung den 320d Touring nochmals 45 Kilogramm schwerer gemacht hat. BMW nennt nun 1705 kg, jeweils inklusive 75-kg-Norm-Zuladung. Der Kombi ist bei Bedarf ziemlich flink, wie sehr, zeigt ein Rückblick: Der erste BMW M3 muss schon von einem sehr geschickten Fahrer engagiert in die Hand genommen werden, um den ordinären 320d im Standardsprint hinter sich zu lassen. So haben sich die Maßstäbe verschoben. Der Unterschied in der Praxis ist gravierender als im Standardsprint: Im alten M3 tat sich erst oberhalb von 4000/min so richtig etwas, der Diesel legt ab etwa 1300/min vehement los. Der 320d wirkt stets souverän motorisiert und stempelt die Sechszylinder in 330d und M340d zu dem, was sie sind: Luxus-Motorisierungen mit feinerem Klang, als ihn der Vierzylinder bieten kann.

Die Abgasnachbehandlung besteht aus einem Speicher- und einem SCR-Kat. Seit der Umstellung auf den Mildhybrid erfüllt der 320d endlich auch die Abgasnorm Euro 6d. Aufpassen sollte der Interessent an anderer Stelle: Die serienmäßige Tankbestückung ist nämlich ziemlich knapp geraten. Der Kraftstoffbehälter ist 40 Liter, der Adblue-Vorrat gerade einmal 10,4 Liter klein. Für eine Vergrößerung auf 59 Liter (Diesel) bzw. 18,9 Liter (Adblue) verlangt BMW knapp 166 Euro – eine ziemlich mutige Ansage für ein Auto, was vor allem für eilig zurückgelegten Dienstreisen genutzt wird.

Der Testwagen war mit allen denkbaren Eskalationsstufen ausgerüstet, die den Dreier schneller ums Eck bringen sollen. Dazu gehören ein Sportfahrwerk mit adaptiven Dämpfern, M-Sport-Bremsen, eine variable Sportlenkung, 19-Zoll-Felgen mit Michelin Pilot Sport 4S Reifen im Format 225/40 vorn und 255/35 hinten. Für den 330i und die Sechszylinder lässt sich noch ein Sperrdifferenzial ordern.

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