Sanfte Unterstützung: BMW 320d Mildhybrid im Test

Seite 2: Fahrwerk, Infotainment, Preise, Fazit

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Schon der Vorgänger war im Kurvengeschlängel kein Kind von Traurigkeit. Der Neue legt nochmals zu: Ein wie der Testwagen hochgerüsteter Dreier wirft sich mit einer Lust und Wonne in Biegungen, dass es Fahrern, die eine rasante Fahrzeugführung bevorzugen, eine hellleuchtende Freude sein wird. Mir ist in dieser Klasse nur ein 3er-Konkurrent bewusst, der in dieser Hinsicht ähnlich begabt ist: Alfa Romeos Giulia (Test).

Der Testwagen war mit 19-Zoll-Felgen samt Reifen mit geringer Flankenhöhe ausgestattet. Resultat: Er geht ums Eck wie ein hungriger Terrier, der dahinter eine Wurst vermutet.

Im BMW wird diese Kurvenfreude nicht durch eine überharte Federung erkauft, die der Fahrdynamik ohnehin abträglich wäre. Die Dämpfer sprechen fein auf kleine Unebenheiten an. Im Testwagen ließ sich der Unterschied zwischen den Fahrmodi absolut zuverlässig erkennen: In "Comfort" schlief meine Tochter neben mir seelenruhig, nach dem Wechsel auf "Sport" wurde sie von dem Gerüttel wach – getestet auf der A93.

Ganz klar ist jedoch, dass ein Dreier mit Sportfahrwerk kein Fall für Menschen ist, denen Komfort über alles geht. Der so gerüstete BMW richtet sich an Fahrer, die aktiv am Steuer wirken wollen und entspricht damit dem, was der Marken-Claim "Freude am Fahren" über Jahrzehnte im Gedächtnis verankert hat – in den meisten Generationen übrigens durchaus zu Recht. Was BMW hier im Bereich Fahrwerk abliefert, hat in diesem Segment derzeit kaum Konkurrenz. Das M-Sport-Paket kostet rund 5500 Euro Aufpreis, was trotz eines allgemein hohen Preisgefüges eine Hausnummer ist.

Eine weitere Großinvestition erfordert das Infotainment im Testwagen. Das "BMW Live Cockpit Plus" kostet inklusive Fernlichtassistenten 1667 Euro, die maximale Ausbaustufe "BMW Live Cockpit ConnectedDrive" gar 2729 Euro. Hinzu kommen 1072 Euro für das Head-up-Display und 877 Euro für das wohltönende Soundsystem von Harman/Kardon. Mein Kollege Clemens Gleich hat sich mit dem Infotainmentsystem "OS7" intensiv auseinandergesetzt; Sie finden dazu hier demnächst einen eigenen Artikel. Wir kommen zu unterschiedlichen Bewertungen der Sprachsteuerung. Clemens verstand sie oft nicht, zudem fehlte ihm an einigen Stellen eine halbwegs intelligente Reaktion. Ich fand sie insgesamt recht verständig, wenngleich sie das hohe Niveau von Mercedes aktuellem MBUX knapp verpasst.

BMW 320d Infotainment (4 Bilder)

Das funktionsreiche Navigationssystem gehört zu den besten, die man aktuell ab Werk kaufen kann.

Gut gefällt mir immer wieder die Idee der nahezu frei belegbaren Favoritentasten, mit denen sich die Wege zu Funktionen enorm abkürzen lassen. Die Gestensteuerung ist dagegen meines Erachtens eine Spielerei: Bis das System begriffen hat, dass ich gern die Lautstärke verändern möchte, ist das längst über das Rad im Lenkrad oder den Drehregler erledigt. Das Kombiinstrument mit dem gegenläufigen Drehzahlmesser bleibt Geschmackssache – meinem Kollegen Daniel gefällt es sehr, ich werde damit absolut nicht warm.

Als einer der letzten Hersteller hat BMW sich dazu durchgerungen, Android Auto hereinzulassen. Nett, dass die Bayern gleich zwei Schritte auf einmal machen wollen und das von Anfang an nur kabellos zulassen. Doch das führt zumindest vorübergehend dazu, dass sich nur mit einigen wenigen ausgewählten Smartphones eine solche Verbindung eingehen lässt. Mein Nokia 6.1 gehört nicht dazu. Trotz des guten Werks-Navigationssystems hat mich das etwas betrübt zurückgelassen. Auf Nachfrage erklärte BMW: "Aktuell kann man die Funktion mit Android 10 in Kombination mit aktuellen Google- und Samsung-Geräten kabellos in Betrieb nehmen."

Ein 320d Touring kostet derzeit mindestens 43.866 Euro. Es ist erst der Anfang einer langen Reise durch diverse Optionen, die vermutlich fast immer mehr oder weniger deutlich über 50.000 Euro endet – im Falle des wirklich sehr umfangreich ausstaffierten Testwagens waren es fast 70.000 Euro. Ob man nun wirklich alles braucht, was hier eingebaut war, sei einmal dahingestellt. Durch die aktuelle Steuerpolitik hat der 320d zudem intern einen harten Konkurrenten: Ein nochmals kräftigerer 330e bietet die Option des teilelektrischen Fahrens und kostet als Plug-in-Hybrid mit Subventionen ähnlich viel, dazu ist die private Nutzung hier steuerbegünstigt.

Ein paar Optionen seien jedem Dreier-Interessenten ans Herz gelegt. Dazu gehören die Sportsitze, die wirklich viel bequemer sind als die Seriensessel. Im Testwagen war Dämmglas eingebaut, womit er deutlich leiser als der Vorgänger war – ein Fortschritt, der sich auf langen Strecken angenehm bemerkbar macht. Mit knapp 200 Euro ist das auch vergleichsweise günstig. LED-Scheinwerfer sind serienmäßig, ein erweiterter Funktionsumfang kostet 975 Euro. Nicht darin enthalten ist ein Fernlicht, das einen Schattenkegel um andere Verkehrsteilnehmer setzen kann. Das gibt es erst mit dem Laserlicht für knapp 2000 Euro – eine deftige Ansage, wenngleich das Resultat wirklich exzellent ist.

Das Laserlicht ist sehr teuer, aber auch sehr gut.

BMW hat erneut einen Dreier auf die Räder gestellt, der das Herz von engagierten Fahrern erwärmt. Das teure M-Sport-Paket des Testwagens hat daran sicher einen gewissen Anteil. Dem adaptiven Sportfahrwerk ist seine sorgsame Abstimmung ebenso anzumerken wie der exakten Lenkung. Dämmung und Verarbeitung sind besser als im Vorgänger, dass Platzangebot hat ebenfalls wieder etwas zugelegt.

Ein insgesamt fraglos attraktives Auto also, doch die Preise sind gepfeffert. Mit etwas Farbe, anderen Rädern, Sportsitzen und zumindest einer Basisausstattung im Bereich Infotainment sind für einen 320d Touring stets mehr als 50.000 Euro fällig. BMW rechnet – vermutlich zu Recht – damit, dass Kunden vielfach nicht kühl-rational kalkulieren, sondern mit einer gewissen Zuneigung zur Marke. Immerhin bietet der 3er mit seinem Hinterradantrieb unterwegs ein Fahrerlebnis, das den Slogan "Freude am Fahren" nachvollziehbar erscheinen lässt.

Kosten für Überführung und Kraftstoff wurden von der Redaktion getragen