Das "Schicksalsjahr" der T-Aktie

Der neue Telekom-Chef René Obermann muss sich 2007 bewähren – und auch am Kurs der T-Aktie messen lassen. Entscheidend wird sein, ob Obermann das Festnetzgeschäft wieder in Schwung bringt und die Kundenverluste stoppen kann.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Zur schwachen Entwicklung der T-Aktie hat sich der neue Telekom-Chef René Obermann bislang auffallend zurückhaltend oder gar nicht geäußert. Dass das Thema ein ganz besonders heißes Eisen ist, an dem man sich schnell verbrennen kann, das hatten schließlich seine Vorgänger zu spüren bekommen und letztendlich mit ihrem Job bezahlt. Doch an der Kursentwicklung der einst gefeierten Volksaktie 2007 wird sich erweisen, ob der neue Mann an der Konzernspitze einen guten Job macht oder ob er das Los von Kai-Uwe Ricke und Ron Sommer teilen muss. Branchenkenner sprechen von einem "Schicksalsjahr" für die T-Aktie.

Obermann ist um seinen Job nicht zu beneiden. Denn schon im kommenden Jahr will Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) mit dem Verkauf von weiteren Anteilen an der Telekom Kasse machen – wenn der Preis stimmt. Direkt und indirekt über die staatliche KfW-Bank hält der Bund noch 32 Prozent an der Deutschen Telekom. 17 Euro werden in Branchenkreisen als der Kurs genannt, bei dem Steinbrück weich werden könnte. Dazu müsste die T-Aktie aus heutiger Sicht aber einen Sprung von mehr als 20 Prozent machen. Das letzte Mal hatte das Papier am 19. April 2002 vor dem Komma eine 17 stehen, also vor fast fünf Jahren.

Entscheidend wird sein, ob Obermann das Festnetzgeschäft wieder in Schwung bringt und die Kundenverluste stoppen kann. Auch eine langfristige Perspektive und damit ein Stück Vision muss bei der Telekom wieder ins Spiel kommen, damit die Börsianer die T-Aktie wieder schätzen lernen, anstatt sie abzustrafen. Bei dem derzeitigen Kursniveau stehen die Chancen nicht schlecht, dass die Aktie wieder Tritt fasst. Darauf hofft schließlich auch der US-Finanzinvestor Blackstone, der im April ein Aktienpakt von 4,5 Prozent für 2,7 Milliarden Euro erworben hatte.

Obermann muss einen Riesenspagat hinbekommen, um mehrere Interessen unter einen Hut zu bekommen. Sanierungsaufgabe Nummer eins: Es gilt, den dramatischen Kundenverlust im Festnetz in den Griff zu bekommen. In den ersten drei Quartalen 2006 waren der Telekom 1,5 Millionen Kunden von der Fahne gegangen. Mit Timotheus Höttges hat Obermann einen engen Vertrauten und durchsetzungsstarken Manager an Bord geholt, dem viele die Herkulesaufgabe zutrauen, bei der T-Com das Ruder herumzureißen. Unternehmensberater Harald Berger-Münch gerät angesichts des personellen Umbaus an der Konzernspitze fast ins Schwärmen: Durch die Zentralisierung der Verantwortung auf Topebene könnten die bei Konzernen üblichen Konflikte deutlich verringert werden. Obermann "hat eine Vorbildfunktion bei der Führungsaufstellung eines Großkonzerns übernommen", sagt er.

Kundenorientierung, Innovationskraft und unternehmerisches Denken nennt Obermann selbst als die wichtigsten Aufgaben der neuen Telekom-Führung. "Gemeinsam werden wir nun die langfristige Strategie weiterentwickeln und bis zum Frühjahr vorstellen", gibt er schon einmal einen Zeitplan vor. Die Telekom möchte er zum bestangesehenen Service-Unternehmen in Europa machen. Und immer wieder kommt er auf den Punkt zurück, den auch schon seine Vorgänger Ricke betonte: "Unsere Kunden geben den Herzschlag unseres Unternehmens vor".

Doch Obermann muss sich in den kommenden Monaten auch mit anderen Dingen herumschlagen. Die Gewerkschaften verlangen ein Ende des massiven Stellenabbaus bei der Telekom. Doch vom eingeschlagenen Kurs seines Vorgängers wird Obermann angesichts der renditehungrigen Kapitalmärkte kaum abweichen können. Die T-Com gilt mit rund 110.000 Beschäftigten weiterhin als zu unproduktiv. "Der Erhalt vieler Arbeitsplätze steht obenan", beteuert Obermann dennoch.

Doch der Topmanager weiß nur zu gut, dass allein schon im Zuge Umstellung auf die IP-Technik weitere Stellen bei der Telekom wegbrechen werden. 40.000 Mitarbeiter sollen unter das Dach einer eine Service-Gesellschaft kommen. Doch hierzu fehlen konkrete Details ebenso wie zu der Frage, wie das neue Sparziel von 5 Milliarden Euro ab 2010 jährlich umgesetzt werden soll. Obermann will in seinem neuen Job Bodenhaftung behalten: "Im nächsten Jahr werden wir unser Programm sauber abarbeiten". Siehe dazu auch:

(Peter Lessmann, dpa) / (jk)