Weiter keine Einigung über Begrenzung der Roaminggebühren

Über die konkrete Obergrenze für Handy-Roaminggebühren im Ausland wird auf EU-Ebene weiter gestritten. Die EU-Mitgliedsländer heizten die Debatte mit einem neuen Vorschlag zu höheren Gebührengrenzen erneut an.

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Im Streit um die von der EU geforderte Senkung der Roaming-Gebühren für Handygespräche im Ausland soll das EU-Parlament am 10. Mai in erster Lesung über eine entsprechende Verordnung entscheiden, die der Ministerrat auf seinem offiziellen Treffen am 7. Juni noch absegnen muss. Abgesehen von diesem Zeitplan ist allerdings weiter strittig, welche Obergrenzen für Roaminggebühren gelten sollen und unter welchen Bedingungen die Millionen Bestandskunden in den Genuss der gekappten Gebühren kommen sollen. Am heutigen Montag sorgte nun ein unter deutscher Ratspräsidentschaft erarbeiteter Kompromissvorschlag der Mitgliedsländer für Aufregung, der neue Obergrenzen ins Spiel bringt, die deutlich über den bisher gehandelten Zahlen liegen.

Nach dem neuen Vorschlag sollen im Ausland abgehende Gespräch maximal 60 Cent (ohne Mehrwertsteuer) pro Minute kosten, für im Ausland angenommene Gespräche sollen Anbieter maximal 30 Cent berechnen dürfen, erklärte der Sprecher von Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) am heutigen Montag in Berlin. Während sich der Rat der zuständigen Fachminister auf einem informellen Treffen im März in Hannover bereits auf eine Begrenzung auf 50 beziehungsweise 25 Cent verständigt hatte, schlug der Industrieausschuss des EU-Parlaments eine Kappung bei 40 beziehungsweise 15 Cent vor. Zudem herrscht weiter Uneinigkeit darüber, ob die Mobilfunkanbieter ihre Bestandskunden automatisch oder nur auf ausdrücklichen Wunsch auf die neuen Tarife umstellen müssen.

Die EU-Kommission ist trotz des neuen Vorstoßes zuversichtlich, die Verordnung in erster Lesung durch Parlament und Ministerrat zu bringen und sie am 1. Juli in Kraft setzen zu können. Sollten sich die Mitgliedsländer bis dahin nicht mit Kommission und Parlament auf eine Linie einigen können, müsste die Verordnung wohl auf Herbst verschoben werden. "Die deutsche Ratspräsidentschaft setzt sich für eine Lösung ein, die im Sinne aller ist", sagte Glos-Sprecher Steffen Moritz. Der Vorschlag müsse nun mit der Kommission und dem Parlament beraten werden. In diesen Beratungen soll noch vor der ersten Lesung im Mai ein Konsens gefunden werden. Dazu seien schon in den nächsten Tagen zwei informelle Treffen anberaumt, hieß es in Berlin.

Hintergrund der neuen Tarifrunde sind offenbar Widerstände gegen eine zu harte Behandlung der Mobilfunkanbieter, die es in einigen Mitgliedsstaaten trotz des bereits gefundenen Kompromisses noch zu überwinden gilt. Die Vize-Chefin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Bärbel Höhn, warf Glos deshalb heute vor, in seiner Rolle als EU-Ratsvorsitzender vor der Branche eingeknickt zu sein: "Das ist ein Kniefall vor der Lobby, der durch nichts zu rechtfertigen ist", sagte sie der dpa. Die Mobilfunkanbieter dürften nicht länger mit unverschämten Gebühren bei den Verbrauchern abkassieren. "Telekom, Vodafone & Co reiben sich die Hände und der Verbraucher ist der Dumme", sagte Höhn. Auf die Roaming-Gebühren entfallen mit jährlich fünf Milliarden Euro knapp sechs Prozent der gesamten Mobilfunkumsätze.

Abzuwarten bleibt, ob sich die Länder mit ihrem 60-Cent-Angebot im Tarifpoker um die Roaminggebühren tatsächlich durchsetzen können oder ob nicht am Schluss der goldene Mittelweg gefordert wird. Eine deutliche Erleichterung wird es in jedem Fall nur für den Gelegenheitstelefonierer geben, der das ein oder andere Gespräch aus dem Urlaub führen will und dafür – je nach Tarif – bisher ordentlich zur Kasse gebeten wird. Für Kunden, die viel im Ausland telefonieren, bieten die Mobilfunker schon jetzt Tarife an, die im Rahmen oder oberhalb der in Brüssel diskutierten Tarife liegen.

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