EU-Kommissarin wirbt für das Brüsseler Telecom-Paket

Viviane Reding wendet sich in Berlin gegen die Kritik an ihrem Telecom-Paket, dass "Brüssel überreglementiert".

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Von
  • Richard Sietmann

Die in der EU-Kommission für Informationsgesellschaft und Medien zuständige Kommissarin Viviane Reding hat heute in Berlin das Brüsseler Maßnahmenpaket zur Stärkung des Binnenmarktes und der Wettbewerbsfähigkeit im Telekommunikationssektor gegen Kritik verteidigt. "Das Lobbying beruht auf Mythen", erklärte die Kommissarin, wie zum Beispiel dem, das "Brüssel überreglementiert". Tatsächlich seien die jetzt vorgeschlagenen Maßnahmen "eines der stärksten Deregulierungsverfahren, das die Politik je gesehen hat", meinte Reding. Sie setze nur das um, was Deutschland immer verlangt habe. "Ich würde mir wünschen, dass die Sonntagsreden mehr mit den Tatsachen übereinstimmen würden".

Ein zweiter Mythos sei, dass die Kommission in Brüssel mit dem Modell der funktionalen Trennung die Deutsche Telekom zerschlagen wolle. Tatsächlich wolle sie mit der Entflechtung von Netzen und Diensten den Wettbewerb stärken, "um die Engpässe in den Netzen zu öffnen". Sie orientiere sich bei diesem Modell an Großbritannien, "da werden jetzt zwölf Millarden Euro in die Netze investiert", betonte Reding.

Ein dritter Mythos sei schließlich, dass Brüssel mit der geplanten europäischen Regulierungsbehörde alles an sich ziehen wolle. Sie betrachte vielmehr die nationalen Regulierungsbehörden "als Embryo einer europäischen Zusammenarbeit", erklärte die Telecom-Kommissarin und bekräftigte, "wir brauchen ein kohärentes System, in dem alle in die gleiche Richtung steuern, nicht 27 Einzelbehörden". Jetzt "Nägel mit Köpfen" zu machen und die Wettbewerbsverzerrung durch die unterschiedlichen Regulierungsansätze in Europa abzubauen, "das ist unsere Antwort auf die Globalisierung".

Ihr Plädoyer verband sie freilich mit dem Hinweis, dass sich die nationalen Regulierer sieben Jahre lang mit den Roaminggebühren beschäftigt und in dieser Zeit "nichts zustande gebracht" hätten. "Es gibt eine Reihe von grenzüberschreitenden Problemen, die von nationalen Regulierungsbehörden gar nicht gelöst werden können", meinte Reding und nannte als Beispiel VoIP, RFID und die Sicherheit der Netze vor Cyberattacken. Sie hätte am Morgen mit Bundeswirtschaftsminister Glos bei einem "freundschaftlichen Kaffee" lange über die Aufgaben der geplanten European Electronic Communications Market Authority (EECMA) gesprochen und sei überzeugt, dass sie auch künftig mit der deutschen Regierung "sehr konstruktive Gespräche" in dieser Frage führen werde.

Für das Frühjahr kündigte die EU-Kommissarin "eine große Diskussion" unter Einbeziehung des EU-Parlaments über die künftige Rolle der Universal-Dienstleistungs-Verpflichtung der Netzbetreiber zum Schließen der Breitbandlücken in Europa an, ohne jedoch inhaltlich eigene Vorstellungen zu äußern. Das jetzt vorgelegte Maßnahmenpaket ist das Ergebnis eines zweijährigen Konsultationsprozesses mit Industrieverbänden und den nationalen Regulierungsbehörden. Die Vorschläge stehen nun im Rat und im Europäischen Parlament zur Diskussion und sollen dann in Richtlinien münden, die von den MItgliedsstaaten umgesetzt werden müssen. Die Kommission geht davon aus, dass das neue Rahmenwerk für die Telekommunikationsmärkte in Europa bis 2010 in Kraft sein wird.

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(Richard Sietmann) / (vbr)