Nationale Wasserstoffstrategie: Wie funktionieren Wasserstoffautos?

Wasserstoffautos sind umweltfreundlich und Konkurrenten batterieelektrischer Fahrzeuge. Wie funktionieren sie und wo stehen sie im Vergleich zu Elektroautos?

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(Bild: Alexander Kirch / Shutterstock.com)

Lesezeit: 25 Min.
Von
  • Sven Geitmann
Inhaltsverzeichnis

Wasserstoff soll der Heilsbringer in der Energiewende werden. Was nicht direkt oder ausreichend bequem elektrifiziert werden kann, soll mit Wasserstoff angetrieben werden. Dementsprechend misst die deutsche Bundesregierung Wasserstoff eine bedeutende Rolle in der Dekarbonisierung der deutschen Wirtschaft zu. Unsere Artikelserie will die Pläne der Bundesregierung genauer unter die Lupe nehmen und konkrete Anwendungsbereiche – insbesondere im KFZ-Bereich – beleuchten. Was technisch möglich ist, soll auch auf Effizienz und Skalierbarkeit abgeklopft werden.

Mit Verspätung könnte doch bald das Ziel von einer Million zugelassener Elektrofahrzeuge in Deutschland erreicht werden. Ursprünglich sollte diese Marke im Jahr 2020 geknackt sein. Aufgrund des rasanten Wachstums, der momentan beim Verkauf von Elektroautos festzustellen ist, dürfte die Verzögerung nun geringer als ursprünglich erwartet ausfallen. Allerdings werden neben den rein batterieelektrischen Autos auch Hybridfahrzeuge mitgezählt – und zusätzlich Brennstoffzellenautos, die kaum Beachtung finden. Aber warum haben Wasserstofffahrzeuge aktuell solch eine schlechte Lobby? Und wie unterscheiden sie sich von batterieelektrisch angetriebenen Fahrzeugen?

Spätestens seit dem Pariser Klimagipfel COP21 ist klar, dass kein Weg mehr an dem Ausstieg aus der fossilen Energiewirtschaft vorbeigeht. Das hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe, das die Bundesregierung Ende April 2021 zu einer Justierung der Klimaziele anmahnte, nochmals verdeutlicht. Vor diesem Wandel hatten insbesondere die europäischen Automobilkonzerne lange die Augen verschlossen, bevor sie sich dann – für viele Beobachter zu spät – der Elektromobilität öffneten. Die derzeitigen Zulassungszahlen belegen, dass die Verkehrswende inzwischen in der Öffentlichkeit angekommen ist. Mit 50.000 Zulassungen von Elektroautos pro Monat nimmt deren Anzahl sehr viel schneller zu als die der Ladesäulen.

Der Anteil von Brennstoffzellenautos ist allerdings verschwindend gering. Nur die beiden Hersteller Toyota und Hyundai bieten derzeit jeweils ein "massentaugliches" Modell an, während die Auswahl bei den rein batterieelektrisch angetriebenen Pkw von Tag zu Tag zunimmt. Deren Reichweite steigt, die Verkaufspreise beginnen allmählich zu sinken – wenngleich auch nur auf niedrigem Niveau.

Ende des 20. Jahrhunderts gingen viele Vertreter der Automobilindustrie davon aus, dass bereits in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends zahlreiche Wasserstoffautos durch die Gegend fahren würden. Heute weiß man, dass das Wunschvorstellungen waren, leichtfertig geäußerte, zu positive Zukunftsaussichten. Allerdings ist die H2-Technik vorhanden und funktioniert, sie ist seit Langem beherrschbar. Kommerzielle Brennstoffzellenfahrzeuge – sowohl Pkw als auch Nutzfahrzeuge – sind auf den Straßen unterwegs und bieten gegenüber batteriebetriebenen Elektro-Pkws durchaus Vorteile: Sie sind schnell zu betanken und mit ihnen können große Reichweiten erzielt werden.

Aber es gibt auch Nachteile: die nur spärlich vorhandene, extrem kostspielige Infrastruktur mit Wasserstoff-Tankstellen und die hohen Kosten. Außerdem wird die Diskussion um die Sinnhaftigkeit von Wasserstoff im Individualverkehr heute mehr denn je mit großer Vehemenz geführt. Während die Einen ganz auf Batteriefahrzeuge setzen, propagieren Andere das H2-Auto als geeigneten Nachfolger für Benzin- und Diesel-Pkw, obwohl die Gesamtumweltbilanz aufgrund der energieaufwendigen H2-Produktion umstritten ist.

Die Wasserstoff-Zukunft

Bei den heute neu zugelassenen Elektroautos handelt es sich größtenteils um batterieelektrische Fahrzeuge (Battery electric vehicle, BEV) sowie Hybridmodelle. So wurden nach Angaben des Kraftfahrtbundesamts (KBA) im Mai 2021 rund 26.800 Elektro-Pkw neu zugelassen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat entspricht dies einem Plus von 380 Prozent. Der Marktanteil lag bei 11,6 Prozent. Außerdem kamen etwa 37.200 Hybrid-Pkw hinzu. Die Anzahl der Brennstoffzellenautos (Fuel cell electric vehicle, FCEV) ist bislang nur marginal.

Grundsätzlich handelt es sich bei beiden Varianten um Elektrofahrzeuge. Für den Vortrieb sorgt ein Elektromotor, anders als bei Benzin-, Diesel- und Gasfahrzeugen, bei denen Verbrennungsmotoren eingesetzt werden. Während die Energiezufuhr bei den Verbrennern in Form von Kohlenwasserstoffverbindungen erfolgt, die wahlweise flüssig (Benzin, Diesel) oder auch gasförmig (Erd-, Flüssiggas) vorliegen können, benötigen Elektroautos elektrische Energie.

In herkömmlichen Verbrennungsmotoren reagiert der chemische Energieträger nach der Entzündung mit Sauerstoff (O2), der zu 21 Volumenprozent in der Luft enthalten ist. Bei dieser Oxidation wandeln sich die aus Mineralöl gewonnenen CmHn-Verbindungen um, sodass verschiedenste Verbrennungsprodukte, die schlecht für die Umwelt sind (CO, CO2, HC, NOx, Ruß, usw.) entstehen und aus dem Auspuff in die Umwelt gelangen. Außerdem gibt der Verbrennungsmotor Wasserdampf, teils erheblichen Lärm sowie thermische Energie ab.

Ganz anders beim Elektromotor: Egal welche Art verwendet wird (Synchron- oder Asynchronmotor), emittiert der elektrische Motor nichts außer etwas Wärme und gibt weniger laute Geräusche von sich. Die Umweltbilanz direkt vor Ort ist also sehr viel besser als beim Verbrenner. Allerdings muss der Strom zuvor ja erst erzeugt und gespeichert werden, was ebenfalls berücksichtigt werden muss.

Ein Batteriefahrzeug verfügt über ein vergleichsweise großes Akku-Paket. Viele Akkumulatoren sind zusammengeschaltet, um möglichst viel elektrische Energie speichern zu können. Je nachdem, wie die Elektrizität erzeugt wurde, fällt daher die Umweltbilanz des Elektroautos aus. Fährt das Fahrzeug mit Ökostrom, gilt der Betrieb als umweltschonend. Setzt man den normalen Strommix an, sind die Emissionen natürlich höher. Da ein Kraftwerk aber, anders als Benzin- oder Dieselmotoren im Pkw, nahezu immer im Bereich der optimalen Last arbeitet, ist die Bilanz selbst dann besser als bei einem Verbrennungsmotor, der fast immer abseits seines besten Wirkungsgrades genutzt wird. Für das Jahr 2020 geht das Umweltbundesamt (UBA) im deutschen Strommix von 366 Gramm CO2 je erzeugter Kilowattstunde aus. 2019 sollen es laut UBA noch 408 Gramm gewesen sein.

Bei Brennstoffzellenautos ist es etwas komplizierter, da hierbei Wasserstoff als Energieträger herangezogen wird. FCEV verfügen zwar ebenfalls über einen Akku, der ist aber sehr viel kleiner als beim BEV und dient vornehmlich als Zwischenspeicher sowie zur Rekuperation, der Bremsenergierückgewinnung. Der Elektromotor eines Brennstoffzellen-Pkw wird zwar ebenfalls rein elektrisch betrieben, aber der Strom kann aus dem Akku und/oder aus der Brennstoffzelle kommen.