Nationale Wasserstoffstrategie: Wie funktionieren Wasserstoffautos?

Seite 5: Brennstoffzelle für SUVs und Limousinen

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Die Entwicklung im Pkw-Sektor bleibt jedoch nicht stehen. Hyundai und Toyota bauen ihren technologischen Vorsprung im Brennstoffzellensektor stetig weiter aus. So präsentierte die Hyundai Motor Group den Nexo im Januar 2018 in Offenbach – als zweitwichtigsten Termin nach der Weltpremiere bei der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas und zeigte damit der Welt, wie wichtig Deutschland als Zielmarkt ist. Fünf Jahre nach dem Markteintritt des ix35 Fuel Cell brachte Hyundai damit eine Modellgeneration heraus, die keine simple Weiterentwicklung des Vorgängers, sondern eine komplett neue Eigenentwicklung war.

Während bei der ersten Generation ein Brennstoffzellen-System in ein bereits bestehendes Fahrzeug, einen Tucson, integriert worden war, entwickelten die koreanischen Ingenieure beim Nexo ein speziell designtes Auto um die neue Antriebstechnik herum. Der Name Nexo rührt von der dänischen Ostseeinsel Bornholm her, die durch vorbildliche ökologische Projekte bekannt geworden ist (das grüne Energielabor des Königreichs), und bezeichnet dort den zweitgrößten Ort Nexø. Außerdem hört sich der Name "schön futuristisch" an, so ein Firmensprecher.

Hyundai Nexo (4 Bilder)

Der Nexo erzeugt mit Wasserstoff in einer Brennstoffzellen den Strom für den Elektromotor.

Wesentliche Neuerungen waren größere Tanks, die im Bestfall eine Reichweite von über 700 km ermöglichen sollen. Der Brennstoffzellen-Stack, mittlerweile eine Eigenentwicklung von Hyundai, leistet 95 kW. Er wird unterstützt von einem Lithium-Ionen-Akku, der mit seinen 40 kWh als Puffer fungiert. Gemeinsam beschleunigen sie den Fünfsitzer mithilfe des 120-kW-Elektromotors auf maximal 179 km/h. Auf 100 km/h ist der Wagen innerhalb von 9,5 Sekunden, drei Sekunden schneller als der ix35 Fuel Cell.

Toyota brachte Anfang 2021 bereits die zweite Generation seines kommerziell erhältlichen Brennstoffzellenautos heraus. Während der Mirai 1 ein Mittelklassewagen war, stößt Toyota mit dem Nachfolger ins Luxussegment vor. Der Mirai 2 ist aus dem LF-FC (Lexus Future – Flagship Car/Fuell Cell) der Tochtermarke Lexus hervorgegangen. Besondere Merkmale des Fünfsitzers sind eine beachtliche Länge von 4,98 Metern und Heck- statt Frontantrieb.

Toyota Mirai II Exterieur (5 Bilder)

Harmonische Formen statt Manga-Design: Der Toyota Mirai II sieht gefälliger aus als der Vorgänger. Auch aus technischer Perspektive hat es erhebliche Verbesserungen gegeben. Der Preis: Ab 63.900 Euro.
(Bild: Christoph M. Schwarzer )

Toyota Mirai II Interieur & Details (6 Bilder)

Willkommen bei Toyota. Alles ist leicht zu bedienen, und die Verarbeitungsqualität ist sehr hoch. In der Mittelkonsole ist bei allen aktuellen Testwagen der Japaner ein Spender mit Desinfektionsmittel und Markenlogo zu finden.
(Bild: Christoph M. Schwarzer)

Mit seinen 133 kW (182 PS) beschleunigt die Brennstoffzellenantriebseinheit die 1900 kg Leergewicht des Mirais selbst voll besetzt zügig. Der in insgesamt drei 700-bar-Druckbehältern (zwei quer, einer längs angeordnet) gespeicherte Wasserstoff ermöglicht eine um 30 Prozent längere Fahrstrecke als beim Vorgängermodell. Das Handling ist leichtgängig, aber spätestens beim Bremsen ist das Trägheitsmoment der fast zwei Tonnen Gewicht zu spüren.

Mit ihren beiden H2-Pkw decken Hyundai und Toyota genau die beiden Fahrzeuggattungen ab, für die Brennstoffzellenantriebe in Zukunft im Pkw-Bereich infrage kommen dürften: SUVs (Hyundai Nexo) und Limousinen (Toyota Mirai 2) im Premiumsektor. Während Hyundai beim Nexo mit 79.000 Euro Listenpreis und einer versprochenen Reichweite von 750 km oberhalb der Marke liegt, bis zu der eine Umweltprämie gewährt wird, können sich Käufer des Toyota Mirai (63.900 Euro, 650 km Reichweite) über 7500 Euro Zuschuss freuen. Eine Umweltprämie wird nur für neue Elektroautos ausgezahlt, deren Netto-Listenpreis des Basismodells in Deutschland unter 65.000 Euro liegt.

Schwarze Zahlen schreibt Toyota mit diesem Preis allerdings nicht. Ähnlich wie bei der Vermarktung des Hybridmodells Prius zahlte der Konzern bei den ersten beiden Generationen jeweils drauf. Ab der dritten Generation könnte der Preis dann aber auf dem Niveau heutiger Hybridautos liegen, so Matthew Harrison, Vertriebschef Europa.

Um die Stückkosten möglichst zügig zu senken, plant Toyota den Einsatz der Brennstoffzellenaggregate auch in Trucks, Bussen, Zügen, Schiffen sowie stationären Einheiten. 2018 hatte Toyota dafür die Produktionskapazitäten von Brennstoffzellen-Stacks mit dem Bau eines neuen achtstöckigen Hightech-Gebäudes in der Nähe seines Werks in Honsha erweitert. Anfang 2021 hieß es dann, die dort produzierten kompakten Brennstoffzellen-Systemmodule (ca. 250 kg, 60 oder 80 kW) werden potenziellen Partnern, so wie beispielsweise dem Bushersteller Caetano in Portugal, angeboten.

Vom Mirai 1 hatte Toyota nach eigenen Angaben innerhalb von fünf Jahren etwa 10.000 Exemplare abgesetzt. Vom Mirai 2 werden es jetzt in Deutschland zunächst einige hundert sein, in Japan etwa 1000 pro Monat. Insgesamt plant Toyota in Zukunft weltweit mit einem Absatz von 30.000 Stück pro Jahr.

Neu ist, dass Toyota auch im Bereich H2-Verbrennungsmotoren aktiv ist. Für Langstreckenrennen in Fuji entwickelt der Konzern einen Wasserstoffrennwagen auf Basis des Modells Corolla. Unter der Typbezeichnung GE16-GTS soll ein 1,6-Liter-Reihen-Dreizylindermotor mit Turboaufladung und Ladeluftkühler zum Einsatz kommen, der aus 700-bar-H2-Druckbehältern versorgt werden soll. Eine Teilnahme beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans könnte im Jahr 2024 erfolgen.

Das eigentliche Know-how der Automobilkonstrukteure, das Motorendesign, scheint allerdings nicht länger im Mittelpunkt zu stehen. Ausgefeilte Zylinderkopfkonstruktionen werden ersetzt durch kompakte Elektromotoren, die eher als Zukaufteil angeliefert und nicht selbst entwickelt werden. Und auch die Brennstoffzelle mit ihrem elektrochemischen Innenleben entspricht nicht unbedingt dem originären Spezialgebiet der Motorenbauer. Die Fahrzeughersteller sehen sich also damit konfrontiert, neue Alleinstellungsmerkmale kreieren zu müssen, um weiterhin eine Wertschöpfung generieren zu können.

Deutlich ist indessen, dass es aus heutiger Sicht kein Zurück mehr gibt. So gab der Fiat bekannt, zukünftig ganz auf Elektromobilität setzen zu wollen. Unklar ist allerdings, ob und falls ja, wann Brennstoffzellenautos eine realistische Chance bekommen. Wohin die Reise gehen wird, hängt von den politischen Rahmenbedingungen sowie den Entscheidungen der Automobilhersteller ab – aber nicht zuletzt auch vom Verbraucher, der mit seinem Kaufverhalten ein gewichtiges Wörtchen mitredet.

Die grobe Aufgabenteilung ist jedoch vorgegeben: BEV bleiben für den Stadtverkehr, Kleinwagen und Mittelklassefahrzeugen sowie Paketzustellern vorbehalten. FCEV haben – wenn überhaupt – bei Limousinen oder SUV eine Chance, bei denen es um große Reichweiten und zügige Betankung geht. Alles Weitere wird die Zukunft zeigen.

(olb)