Nationale Wasserstoffstrategie: Wie funktionieren Wasserstoffautos?

Seite 4: H2-Infrastruktur wächst – langsam

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Um Wasserstoffautos mit Energie versorgen zu können, bedarf es eines adäquaten H2-Tankstellennetzes. Jahrelang gab es auf die Frage, ob man zuerst die Brennstoffzellenautos oder die Tankstellen braucht, keine passende Antwort. So ist dieses Henne-Ei-Problem auch mit ein Grund dafür, dass sich die Einführung der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik immer wieder hinausgezögert hat. Der teure Aufbau eines Netzes von Wasserstofftankstellen blieb immer wieder weit hinter den gesetzten Zielen zurück.

Im Mai 1999 ging am Flughafen München die erste öffentliche Tankstelle für flüssigen Wasserstoff im Rahmen des Projekts H2argemuc in Betrieb. Im Zuge des 1995 initiierten Projektes WEIT (Wasserstoff-Energie Island-Transfer) entstand in Hamburg eine weitere öffentliche Tankstelle, diesmal für gasförmigen Wasserstoff. 2003 gab es weltweit 21 Wasserstofftankstellen. Bis 2019 sollte es nach Ankündigung des damaligen Bundesverkehrsministers deutschlandweit hundert H2-Stationen geben. Diese Marke soll jetzt im Laufe des Jahres 2021 geknackt werden.

Allerdings ist immer noch unklar, wie diese versorgt werden. Bislang wurden vergleichsweise kleine H2-Tankstellen gebaut, die über 700-bar-Zapfsäulen für Pkw und 350-bar-Zapfsäulen für Busse verfügen. Zukünftig sollen vermehrt mittelgroße und dann später große Stationen für Nutzfahrzeuge installiert werden – die dann eventuell flüssigen Wasserstoff (LH2) bereitstellen. Ganz klar ist allerdings noch nicht, wohin die Reise gehen wird. Nach Industrieangaben sollen die nächsten ein bis zwei Jahre genutzt werden, um zu klären, welcher Kraftstoff in Europa favorisiert wird. Grundsätzlich infrage kommen neben LH2 und 700-bar-GH2 auch 500-bar-GH2 sowie CcH2 (compressed cryogenic hydrogen), ein bei -240 °C komprimierter Wasserstoff.

Die Planung wird dadurch erschwert, dass unklar ist, inwieweit Brennstoffzellen-Pkw eine Zukunft haben oder ob Wasserstoff vornehmlich Nutzfahrzeugen vorbehalten bleibt. Seitens der Industrie gibt es dazu widersprüchliche Aussagen: Die gesamte Volkswagen-Gruppe setzt auf rein batterieelektrische Personenwagen, während Toyota und Hyundai zumindest zweigleisig fahren. Auch BMW will eine Kleinserie mit H2-Fahrzeugen bauen wie den BMW i Hydrogen Next. Weitere Fahrzeughersteller wie Renault, Opel oder Peugeot wollen zumindest bei leichten Nutzfahrzeugen auch Wasserstoffmodelle anbieten. Einige sollen noch dieses Jahr für Gewerbekunden angeboten werden.

Bei Nutzfahrzeugen, insbesondere bei schweren, die weite Strecken zurücklegen, hat Wasserstoff den Vorteil der höheren Energiedichte. Da Wasserstoff extrem leicht ist, können mit H2-Trucks sehr viel schwerere Güter transportiert werden als in batteriebetriebenen Lkw, bei denen der Akku bereits einen wesentlichen Teil der möglichen Nutzlast auffrisst. Die Entwicklung geht deswegen bei verschiedenen Herstellern in Richtung wasserstoffbetriebener Nutzfahrzeuge. Die ersten Wasserstoff-Lkw sind derzeit als Abfallsammelfahrzeuge im Einsatz. In der Schweiz baut Hyundai seit 2020 die weltweit erste Fahrzeugflotte mit Brennstoffzellen-Trucks auf. Andere Hersteller wollen nachziehen. Das Rennen um Marktanteile hat begonnen.