SCO erweitert Klage gegen IBM

SCO will eine einstweilige Verfügung erwirken, durch die IBM sein Betriebssystem AIX nicht weiter verwenden und vertreiben darf.

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Wie angekündigt hat SCO heute seine Sanktionen gegen IBM bekannt gegeben. Ab sofort ist AIX für SCO ein "nicht autorisiertes Derivat" von Unix System V. Das Unternehmen entzieht IBM alle Rechte an der Nutzung von Software, die auf dem Quellcode des Unix System V beruht. Damit darf IBM auch nicht mehr sein hauseigenes AIX verwenden, teilt SCO mit. Durch die Verwendung von Quellcode aus AIX in Linux mit dem Ziel, Unix zu "zerstören", habe IBM den Quellcode missbraucht und gegen Vereinbarungen mit SCO verstoßen, meint Mark J. Heise von der Kanzlei Boies Schiller, & Flexner LLP, die SCO vertritt.

Außerdem erweitert SCO seine Klage gegen IBM vor dem United States District Court of Utah. Big Blue soll AIX per einstweiliger Verfügung nicht mehr verwenden oder vertreiben dürfen. Das Unternehmen soll alle Kopien des Quellcodes von Unix System V vernichten oder an SCO zurückgeben. Weiterhin prüft SCO, ob durch die Verwendung von AIX seit dem 13. Juni über die bisher von IBM verlangte Summe weiterer Schaden entsteht.

Die SCO Group hatte IBM im März auf 1 Milliarde US-Dollar Schadensersatz verklagt, weil Big Blue geistiges Eigentum von SCO gestohlen haben soll. In einem Brief an IBM hatte SCO zudem damit gedroht, man werde die Lizenz zurückziehen, unter der IBM AIX vertreiben darf, wenn nicht innerhalb von 100 Tagen bestimmte Forderungen erfüllt würden. Diese Frist ist am vergangenen Freitag abgelaufen, ohne dass IBM eine für SCO befriedigende Regung gezeigt hat.

Der SCO-Aktienkurs stieg zum Wochenende um 24 Prozent an; seitdem SCO die Klage gegen IBM eingereicht hat, stieg er um 300 Prozent. Im bisherigen Verlauf des heutigen Handelstages ließ die SCO-Aktie allerdings um etwa 9 Prozent auf 10,10 US-Dollar nach.

In US-Medienberichten heißt es, SCO plane wenigstens ein weiteres großes Unternehmen zu verklagen. Ein Name wurde noch nicht genannt. Der Vorwurf SCOs an Red Hat und SuSE, die beiden Unternehmen verletzten Unix-Rechte, besteht dagegen schon länger. Auch hieraus können sich nun juristische Konsequenzen ergeben. Außerdem will SCO bereits diverse weitere Rechtsverstöße ausfindig gemacht haben. 1500 Unternehmen bekamen im vergangenen Monat bereits schriftliche Verwarnungen.

In einem Interview mit dem US-Newsdienst Cnet schildert SCO-Chef Darl McBride, warum sich sein Unternehmen ausgerechnet IBM als erstes Ziel ausgesucht hat, um seine Lizenzansprüche gerichtlich auszufechten. IBM sei nicht zu Gesprächen bereit gewesen. Das sei eine befremdliche Haltung für ein Unternehmen, das selbst jährlich Milliarden US-Dollar durch Lizenzen einnehme. Außerdem hätten bei SCO die Alarmglocken geschrillt, nachdem ein IBM-Manager auf einer Veranstaltung gesagt habe, Linux solle auf Dauer Unix komplett ersetzen.

Auf Spekulationen angesprochen, SCO gehe nur deshalb diesen Weg, weil durch das Kerngeschäft nicht mehr genügend Geld hereinkomme, verglich McBride sein Unternehmen mit einem Juwelier, dem Kunden seine Edelsteine abnähmen, ohne sie zu bezahlen. In der Gerüchteküche brodelte es vor allem im Mai, als SCO einen Nettogewinn vermelden konnte, der unter anderem durch ein Lizenzgeschäft mit Microsoft zustande gekommen ist.

Vermutungen darüber, dass die Redmonder die Lizenzvereinbarung als Waffe gegen Linux nutzen wollen, weist McBride von sich. Es gehe Microsoft lediglich um die Achtung geistigen Eigentums. SCO sei auf das Softwareunternehmen so zugegangen wie auf drei weitere große Firmen, darunter IBM. Auch dementiert der CEO Gerüchte, SCO wolle sich im Ganzen an IBM verkaufen.

Der österreichische Verein zur Förderung Freier Software (FFS) weist unterdessen darauf hin, dass noch eine weitere Frist abgelaufen sei: Bis zum 13. Juni wollte SCO Beweise dafür vorlegen, Linux enthalte unzulässigerweise Teile des unter ihrem Copyright stehenden Unix, teilt der Verein mit. Dies sei nicht geschehen. Georg Jakob, Vorsitzender des FFS, will daher gegen SCO vorgehen: "Wir erheben daher den in Österreich durch diese Kampagne entstandenen Schaden und sind dabei, den Geschädigten zu helfen, die Durchsetzung ihrer Rechtsansprüche zu organisieren." Inzwischen hat sich laut Medienberichten ein nicht genannter Linux-Entwickler per E-Mail an SCO gewandt mit dem Vorwurf, das Unternehmen biete auf seinem FTP-Server den Quellcode eines Linux-Kernel an und verletze damit die GNU General Public License.

Zum Streit um die Ansprüche von SCO und den angeblich von Unix System V geklauten Code in Linux siehe auch:

(anw)