SCO vs. Linux vs. Linus
SCO will mit einer Datei-Liste den von Unix System V geklauten Code im Linux-Kernel belegen -- Linus Torvalds widerspricht; derweil verwickelt sich SCO bei der Drohung mit DMCA-Klagen wegen ABI-Codes in WidersprĂĽche.
Nachdem die SCO Group eine redundante Liste von 65 Dateien veröffentlicht hat, die ihrer Ansicht nach belegen, wie Code zwischen Unix und Linux kopiert wurde, hat sich Linus Torvalds mit eigenen Erinnerungen zu Wort gemeldet. Er führte an Beispielen aus, wie er im Jahre 1991 mehr recht als schlecht Übersetzungstabellen für Fehlermeldungen programmierte. In der allerersten Version zeigte sich Linus teilweise sehr offen:
/*
* ok, as I hadn't got any other source of information about
* possible error numbers, I was forced to use the same numbers
* as minix.
* Hopefully these are posix or something. I wouldn't know (and posix
* isn't telling me - they want $$$ for their f***ing standard).
Diese Darstellung von Torvalds wird nach einem Artikel der New York Times vom heutigen Dienstag durch den SCO-Chef Darl McBride bestritten. Gegenüber der Tageszeitung gab McBride bekannt, dass ein Linux-Experte den Quellcode genauestens untersucht habe und vor Gericht im Prozess gegen IBM die Beweise vorlegen werde. "Als Sozialrevolutionär ist Linus Torvalds ein Genie", wird McBride zitiert, "doch als das Linux-Projekt an Fahrt aufnahm, verlor man irgendwann die nötige Sorgfalt beim Umgang mit dem geistigen Eigentum."
Welche Sorgfalt bei SCO verloren gegangen ist, wird unterdessen diskutiert. Die agilen Prozessbeobachter der mit einem Preis ausgezeichneten Website Groklaw fanden kurz nach der ersten Pressemeldung zur neuen Taktik von SCO Material, das im Widerspruch zur Darstellung von SCO steht. Die Firma möchte den ABI-Code, der das Ausführen unmodifizierter Unix-Programme -- etwa für UnixWare und OpenServer geschriebener Software -- unter Linux ermöglicht, zum Anlass nehmen, die 1000 größten Linux-Endanwender in den USA mit einer DMCA-Klage zu bedrohen. Im Gegensatz zu dieser Interpretation des ABI-Codes hatte SCO-Sprecher Blake Stowell in einem per E-Mail geführten Interview im Februar 2003 behauptet:
"Nein, der Code in den Linux ABI-Modulen enthält kein geistiges Eigentum von SCO. Dieser Code befindet sich unter der GPL und ist eine erneute Implementation von öffentlich dokumentierten Schnittstellen. Wir haben kein Problem mit den Linux ABI-Modulen. Das ganze geistige Eigentum, das wir lizenzieren, befindet sich in den gemeinsam benutzten Bibliotheken - diese Bibliotheken werden von vielen OpenServer-Anwendungen _zusätzlich_ zum Linux-ABI benötigt."
Bis zum Auftritt des von der Firma SCO bestallten Linux-Experten und Linus Torvalds als seinem Gegenpart dĂĽrfte die Frage diskutiert werden, ob der Bezug auf den DMCA der Sache gerecht wird. Eine Rolle spielt dabei das sogenannte Take Down: In dem Moment, in dem eine Firma auf eine Verletzung des DMCA aufmerksam gemacht wird, muss sie die Verletzung einstellen. Ob SCO aus dieser Bedrohung mit dem Verkauf einer Lizenz ĂĽberhaupt aushelfen kann, ist unter Juristen umstritten.
Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe auch:
- Novell beansprucht das Unix-Copyright
- Stagnierendes Geschäft mit DMCA-Klage anschieben
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- Ohne Lizenz oder ohne Ahnung?
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(Detlef Borchers) / (jk)