Hoch automatisiert: Ausfahrt in der teilautonomen Mercedes S-Klasse mit PHEV

Seite 3: Fail selten

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Das gehört in den Kontext, wie viel das MBUX kann, wie selten solche Fails also sind. Schon als ich aus dem Parkhaus fuhr, ließ ich die Scheibe per Sprache schließen, weil ich lenken und den Parkschein verräumen musste. Ich suche in einem MBUX-Mercedes keine Funktionen mehr, sondern frage direkt den Assistenten. Es ist das beste mir bekannte System in einem Fahrzeug, nahe der Qualität, die der Kunde bei IT-Größen wie Google erwartet, nur tief integriert ins Fahrzeug.

Zur Einordnung: Ich habe noch nicht testen können, wie gut Google das Thema mit Android Automotive OS wie aktuell im Polestar 2 hinbekommt. Googles Beitrag scheint mir der einzige mir unbekannte Kandidat mit Potenzial, besser zu sein. Ich werde das System im Volvo XC 40 Recharge betrachten. Mercedes hat die Latte jedoch sehr hoch gelegt.

Wir sind die Serienversionen des Sechszylinder-Diesels (S 400d), des Sechszylinder-Benziners (S 500) und eine Vorserienversion des Plug-in-Hybridantriebs gefahren. Die reinen Reihensechszylinder fahren, wie man es in der Oberklasse erwartet. Interessant daher vor allem der Plug-in, der den Benziner mit einem kräftigen 110-kW-Elektromotor vor dem Getriebe kombiniert (S 580e). Mercedes hat wie wohl wir alle erkannt, dass Plug-in-Hybride nichts bringen, wenn es keine nennenswerte Anzahl an Plug-in-Vorgängen gibt.

Die Kunden laden die Autos nicht auf, weil es sich a) oft nicht lohnt und b) es einfach nervt, weil man es so oft machen muss. Mercedes antwortet auf dieses Problem mit größeren Batterien und schnellerer Ladung, siehe auch den GLE 350de mit 31,2 kWh Batteriekapazität und DC-Schnellladung. In der S-Klasse finden immerhin 28,6 kWh Platz. Aufgeladen wird mit 11 kW dreiphasig an AC oder mit bis zu 60 kW an der DC-Säule. Etwa 100 km weit will Mercedes damit kommen.

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Das gilt natürlich wie immer für passende Temperaturen. Bei der Testfahrt in den Hügeln über Immendingen lag das Thermometer bei unter 4° C und sinkend. Bei solcher Witterung werden keine 100 km drin sein, die interne Verbrauchsanzeige lag bei über 30 kWh/100 km. Eine Wärmepumpe gibt es nicht, weil sie laut Entwicklung zu wenig brächte. Den Verbrauchsmessungen des Audi Q5 55 TFSIe mit Wärmepumpe nach zu urteilen könnte da etwas dran sein.

Der Plug-in-Hybrid (12 Bilder)

Es wird für die neue S-Klasse einen PHEV geben, der 28,6 kWh Batteriekapazität mit Schnellladung bis 60 kW und AC-Ladung mit 11 kW kombiniert.
(Bild: Daimler)

Meine Verbrauchs-These, dass ein E-Motor vor dem Automatikgetriebe gegen den Widerstand kalten Automatiköls arbeitet "könnte gut sein, aber nur auf sehr kurzen Strecken". Und das Dilemma bisher war: Andere Strecken als kurze schafft so ein Auto ja nicht elektrisch. Hier könnten Plug-ins mit großen Batterien wirklich eine Verhaltensänderung bewirken – wenn Verbrauch und Bequemlichkeit stimmen.

Der E-Motor leistet bis zu 110 kW, was zum Gleiten selbst in diesem großen Auto ausreicht. Er bremst jedoch auch mit bis zu 120 kW, mit über die Lenkradpaddel einstellbaren Rekuperationsstufen. Damit lässt sich alles einstellen, was E-Fahrer von ihrer E-Bremse so wollen, von Segeln bis hin zum Ein-Pedal-Fahren. Wer über die Paddel stattdessen das Getriebe schalten will, wechselt dazu in den Modus "Sport".

Zur Balance der Verbrauchsnachteile von "E-Motor zwischen Verbrenner und Automatikgetriebe" gibt es mit dem robusten Wandler einen großen Vorteil: Man kann damit einen schweren Hänger ziehen. Der GLE 350 de zieht immerhin 2,7 Tonnen, ähnliche Massen sollen bei der S-Klasse möglich sein, auch wenn dort die Nachfrage nach Anhängerbetrieb überschaubar sein wird.

Dieses Mal war wieder die S-Klasse dran als Technologieträger, und außer dem passenden Turnus dürfte ein nicht unerheblicher Grund gewesen sein: Viele Neuerungen sind aufwendig und teuer und passen daher erst einmal ans obere Ende. Autonomer Staupilot. Drei große Bildschirme plus Tacho plus Tablet bestreamen im MBUX. Sprachassistent auf allen Sitzen. Plug-in-Antrieb mit brauchbarer Batteriegröße.

Technisch zeigt Daimler viel von dem, was sie in den letzten Jahren gelernt haben, und hier ist der Konzern auf einem guten Weg. Die nicht-wirklich-Kritik, die ich bisher zu diesem Fahrzeug las, lautete meistens: "Aber es ist kein Elektroauto." Das stimmt. Ich gehe allerdings nicht davon aus, dass beim kommenden Mercedes EQS plötzlich alles Entwickelte weggeschmissen und schnell irgendetwas von Alibaba reingewürfelt wird. Das MBUX kann man im Innenraum des EQS schon sehen ...

(cgl)