Digitaler Polizeifunk: Houston, bitte melden
Der europäische Polizeikongress diskutierte nicht nur über Online-Durchsuchngen, internationalen Terrorismus und die Vorbereitungen zum G8-Gipfel, sondern auch über die Ausstattung von Polizei und Sicherheitskräften mit Digitalfunktechnik.
Der 10. europäische Polizeikongress in Berlin diskutierte nicht allein die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus oder die Vorbereitungen zum G8-Gipfel in Mecklenburg-Vorpommern. Unter den anwesenden Praktikern war auch die aktuelle Entwicklung der digitalen Polizeifunktechnik beziehungsweise der Ausstattung von Behörden und Organsiationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) mit Digitalfunktechnik ein heißes Thema.
Zur Rekapitulation: Im Dezember 2006 wurden die Gespräche mit dem designierten Netzbetreiber DB Telematik abgebrochen, weil dieser kein adäquates Angebot für den BOS-Funk abgeben konnte. Auf dem Polizeikongress machte der bayerische Innenminister Günther Beckstein aus seinem Herzen keine Mördergrube: "Der Plan von Otto Schily, einen Netzbetreiber zu bestimmen und dann erst über das Geld zu sprechen, war keine gute Idee. Dieser Alleingang von Otto Schily hat uns mindestens anderthalb Jahre gekostet. Wir versuchen jetzt, einigermaßen vernünftig zurande zu kommen. Mich hat es eine Menge von Opfern gebracht, 700 Millionen für das Funknetz beiseite zu stellen, und ich muss jetzt das Geld ausgeben. Die Verantwortung liegt jetzt beim Bund, eine kluge Entscheidung zu treffen, der damit in seiner Klugheit ja die Länder übertrifft."
Die von Beckstein angesprochene Entscheidung soll nach einer "Bedenkpause" am 14. März verkündet werden. Dieser Zeitpunkt gilt als gesetzt, weil danach die Bundesanstalt für den Digitalfunk in Betrieb gehen soll. Wie auf dem Polizeikongress bekannt wurde, wird derzeit unter dem Projektnamen "Houston Control" ein Modell diskutiert, nach dem die Telekom-Tochter T-Systems den Zuschlag für die Überwachung des gesamten Netzes bekommen soll. T-Systems soll danach wie das NASA-Kontrollzentrum in Houston zunächst nur als übergreifende Leitstelle für die "Ländermissionen" arbeiten und sich allein um die Fehlersuche im wachsenden BOS-Funknetz kümmern.
T-Systems wäre danach zunächst nicht der Betreiber, sondern nur der Netzwerkmanager des von der Bundesregierung noch zu liefernden Rumpfnetzes, an das die jeweiligen Ländernetze angeschlossen werden. Die Lösung soll der Telekom-Tochter die Gelegenheit geben, mit dem Netzwerkmanagement zu wachsen. Umstritten ist unter den Fachleuten die Frage, ob mit der Entscheidung für T-Systems noch eine Ausschreibung des Rumpfnetzes erforderlich ist. Dabei müsste der gescheiterte Versuch vom damaligen Innenminister Otto Schily, das Rumpfnetz ohne Ausschreibung von der DB Telematik betreiben zu lassen, eine Warnung sein.
Zum 10. europäischen Polizeikongress siehe auch:
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Zu TETRA und zur Ausstattung von Behörden und Organsiationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) mit Digitalfunktechnik siehe auch:
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(Detlef Borchers) / (jk)