Microsoft wehrt sich gegen EU-Vorwürfe

Die EU-Kommission könne nicht verlangen, dass aufwendig entwickelte und in Europa sowie den USA patentierte Schnittstellentechnologien kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, hält Microsofts Chefjurist Brad Smith fest.

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Microsofts Chefjurist hat in dem langjährigen Kartellstreit mit der EU zu den von der EU-Kommission erhobenen Einwänden gegen das Lizenzmodell für Schnittstellentechnologie Stellung bezogen. "Microsoft hat drei Jahre und viele Millionen Dollar darauf verwendet, der Entscheidung der EU-Kommission zu entsprechen", erklärte Brad Smith in einer Mitteilung des Redmonder Unternehmens. Der Jurist zeigte sich enttäuscht, dass die Reaktion der Kommission sechs Monate nach Microsofts Vorschlag nun so ausgefallen sei.

Microsoft war von der EU-Kommission verpflichtet worden, auch Konkurrenten Einblick in vom Betriebssystem verwendete Schnittstellen zu geben, um ihnen die Herstellung kompatibler Produkte zu ermöglichen. Microsoft stellt diese Informationen mittlerweile zur Verfügung, die Kommission bezweifelt jedoch, dass die von Microsoft verlangten Lizenzgebühren gerechtfertigt seien. Die fraglichen Protokolle enthielten kaum technische Innovationen, bemängelte Brüssel. Microsoft hat nun vier Wochen Zeit, auf die Mängelliste der Kommission zu reagieren. Sollte die Kommission dann einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln feststellen, droht dem Softwarekonzern ein erneutes Bußgeld.

"Wir haben einen fairen Preisvorschlag für die Protokolle gemacht", erklärte Smith dazu. Eine Analyse des Beratungsunternehmens PriceWaterhouseCoopers habe ergeben, dass die von Microsoft vorgeschlagenen Lizenzgebühren 30 Prozent unter den Marktpreisen für vergleichbare Technologien lägen. Die Kommission könne nicht verlangen, dass aufwendig entwickelte und in Europa sowie den USA patentierte Technologien kostenfrei zur Verfügung gestellt werden sollten. Der Ansatz der Kommission ließe darauf schließen, dass nicht innovatives oder patentierbares geistiges Eigentum lizenzfrei zur Verfügung gestellt werden müsse. Microsoft wolle sich in den Verhandlungen mit potenziellen Lizenznehmern "flexibel" zeigen und auf die Brüsseler Vorwürfe fristgemäß reagieren.

Die Auseinandersetzung wird mit der gewohnten Schärfe geführt. "Wir bewegen uns auf unbekanntem Terrain", sagte ein Sprecher von Kommissarin Nellie Kroes der dpa in Bezug auf Microsofts Widerstand gegen Wettbewerbsentscheidungen der Kommission. Das Unternehmen wolle sich offenbar nicht an diese Entscheidungen halten. Medienberichten zufolge erwiderte Microsoft-Vertreter Smith heute vor Journalisten, der Software-Riese halte sich seit 15 Jahren an die Kartellgesetze auf fünf Kontinenten. Dabei habe es nirgends Probleme wie mit der EU gegeben – nicht einmal in Korea.

Zum EU-Kartellverfahren gegen Microsoft und zu Konflikten um Windows Vista siehe auch: