Daten unter der Haube

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Nachtsichtgeräte dieser Qualität arbeiten daher nur in einem einzigen Steuergeräteverbund; sie sind gesichert mit Zugriffsschlüsseln (BMW sagt „Freischaltcodes“) und verweigern außerhalb genau der einen sicheren Umgebung, für die sie freigeschaltet wurden, ihren Dienst. Wer das System ausbaut, kann nur Einzelteile davon in Betrieb nehmen – hier aber leistet das Ganze erheblich mehr als die Summe seiner Teile.

Vor ähnlichen Problemen stehen allerdings auch die Werkstätten: Nur vom Fahrzeughersteller autorisierte Vertragswerkstätten können bei einem Problem mit dem ­Nacht­sichtgerät helfen. Eine sichere Krypto-Infrastruktur im Auto würde also unter anderem auch bedeuten, dass die Behebung der meisten elektronischen Probleme (Steuergerätetausch) komplett den Vertragswerkstätten vorbehalten bliebe. Der Trend, freie Werkstätten zu benachtei­ligen, würde sich verstärken.

Fehlerprotokolle

Zunächst arbeiten Ingenieure – Maschinenbauer, E-Techniker und Software-Entwickler – an unseren Autos, und die denken nicht zuerst an Überwachung, Datensammelwut, nächtliche Terroristen und Manipulation, sondern an Funktion. „Es gibt kein regelmäßiges, regelrechtes Protokoll des Fahrens“, beruhigt Martin Fritz, Projektleiter Diagnose bei Bosch. Es gibt nur Zeitpunktmessungen und -vermerke, die allerdings an verschiedensten Stellen auftreten. Dadurch kann, wie im Fall Haider gezeigt, ein Forensiker einen gewissen Zeitraum der Fahrt rekonstruieren.

Es gibt da zum Beispiel Fehlerzustände, die erst vermerkt werden, wenn sie längere Zeit bestehen. Obendrein gibt es oft ­zeit­liche Löschbedingungen, wenn das Fahrzeug „sich selbst heilt“, wie die Ingenieure sagen. Ein typisches Beispiel hierzu liefert der Stau. Der Motor saugt Luft vom Auspuff des Vordermanns an, was zu verschlechterten Abgaswerten führt. Wenns ganz schlimm wird, wirft die Motorbox den Fehler aus. Nach dem Stau normalisiert sich jedoch die Ansaugluftzusammensetzung wieder, also kann das Steuergerät den Fehler nach einiger Zeit getrost wieder streichen – bis zum nächsten Stau.

Ein erklecklicher Anteil der notierten Fehler sind Plausibilitätsfehler. Die entstehen, wenn eine prüfende Instanz feststellt, dass gemeldete Systemdaten – dazu zählen auch Fehlerwerte – nicht im für sie sinnvollen Bereich liegen. Das ist umso wichtiger, als Sensoren in massengefertigten Autos möglichst einfach sein müssen, einerseits um Kosten zu sparen, andererseits um sie robuster zu machen und dadurch noch mehr Kosten zu sparen.