CES: Las Vegas und die große Show

Veranstaltungen wie die CES 2006 in Las Vegas bieten auf Grund der etwas seltsamen Logistik besondere Vergnügungen für die berichtenden Journalisten.

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Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Nico Jurran

Während die Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas für die Masse der Fachbesucher erst am 5. Januar öffnete, stand der erste offizielle Termin für die Presse bereits zwei Tage zuvor an. Dabei mussten sich die Journalisten im Sands Exhibition and Convention Center hinter dem Venetian Hotel am Las Vegas Boulevard (alias "The Strip") einfinden, in dem sich auch die neu hinzugewonnene Ausstellungsfläche befand. Und schon hier zeichnete sich ab, dass die CES-Veranstalter mit ihrer Aufgabe überlastet sein könnten: Immerhin hatte man beschlossen, dass sich selbst Inhaber einer Registrierung einschließlich einer Eintrittskarte erst einmal noch den offiziellen CES-Kartenhalter in Form eines blauen Brustbeutels besorgen müssten. Da bei dessen Ausgabe noch einmal alle Papiere überprüft wurden, war erst einmal stundenlanges Anstehen angesagt.

Im Sands führte die Mehrzahl der Firmen auch ihre Pressekonferenzen durch. Da hierbei die relativ kleinen Ballsäle des Centers genutzt wurden, gab es jedoch nicht selten Platzprobleme. In Erwartung dieser Situation hatten einige Firmen bereits im Vorfeld angekündigt, nur geladenen Journalisten Zutritt zu gewähren. Toshiba gab diese Plan jedoch nach knapp 15 Minuten wieder auf, nachdem drei Angestellte gerade einmal eine Handvoll Namen auf ihren Listen gefunden hatten. Um dies zu vermeiden, gab Sharp nur den angemeldeten Pressevertretern überhaupt den Ort seiner Veranstaltung bekann – mit dem Ergebnis, dass die Firmensprecher vor halbleerem Saal auftraten. Wie sich herausstellte, hatte das japanische Unternehmen vielen Interessenten erst einmal abgesagt, um Sitze für Journalisten aus dem Heimatland und einigen US-Reportern zu reservieren – und sich dabei offenbar verrechnet.

Panasonic und Sony blieben bei ihren Pressekonferenzen dem rund 0,5 Meilen vom Strip liegenden Las Vegas Convention Center (LVCC) treu. Im angrenzenden Hilton-Hotel fanden zudem wie gewohnt die Keynotes statt, während die Blu-ray Disc Association, die HD DVD Promotion Group und die Digital Living Network Alliance (DLNA) ihre Presseveranstaltungen in Hotels am Las Vegas Boulevard verlegten. Aber auch Unternehmen, die nicht auf der CES mit Ständen vertreten oder dort mangelnde Beachtung seitens der Presse befürchteten, führten in angemieteten Hotelsälen geladenen Journalisten ihre neuesten Errungenschaften vor. So kam es an in diesem Jahr für alle Pressevertreter zu erheblichen Terminüberschneidungen, die einen schnellen Transport von und zum Las Vegas Convention Center umso wichtiger werden ließen.

Hiervon konnte man jedoch nur träumen: In Erwartung der Besuchermassen hatte die Stadt Las Vegas zusätzliche Taxilizenzen für die Zeit der CES und der parallel ebenfalls im Sands stattfindenden Pornomesse AVN Adult Entertainment Expo erteilt. So kurvten schließlich 2700 statt der üblichen 2000 Taxen durch die Stadt, daneben unzählige Shuttle- und Reisebusse (von Firmen angemietet und teilweise mit 10 ausgewählten Fahrgästen besetzt) und Limousinen. Im Ergebnis dauerte eine abendliche Busfahrt vom LVCC zum Sands statt der gewöhnlichen 10 schon einmal 50 Minuten. Der während der Öffnungszeit der Messe für alle Besucher eingerichtete kostenlose Shuttle-Bus-Service war ebenfalls vor allem für die Strecke zwischen LVCC und Sands stets überlastet: Zu Stoßzeiten standen zwischen 150 und 250 Personen für eine Fahrt an.

Auch die Las Vegas Monorail brachte keine echte Linderung. Dabei fuhren die Einschienenbahnen schon einmal halbvoll von der Convention-Center-Station ab, da es mit dem Zugangssystem zum Bahnsteig erhebliche Probleme gab. Immerhin konnten sich die Monorail-Betreiber über fette Umsätze freuen: Eine Fahrt auf der insgesamt rund 4 Meilen langen Strecke schlägt mit 5, zwei Fahrten mit 9 US-Dollar zu Buche. Und die Automaten in den insgesamt sieben Stationen offerieren neben einer Tageskarte für 15 US-Dollar lediglich eine 10-Fahrten-Karte für satte 35 US-Dollar.

Ein besonderes Vergnügen war zweifellos die Zutrittsregelung, die sich der CES-Veranstalter für die Keynotes ausgedacht hatten: Nahm man als Journalist in den vergangenen Jahren einfach einen Platz in der für die Presse eingerichteten Sektion des Hilton Theaters ein, musste man sich nun für einen guten Platz gut 1,5 Stunden vor der eigentlichen Veranstaltung am Theatereingang einfinden und eine gute halbe Stunde in einer langen Schlange warten. Zur Belohnung gab es dann eine Eintrittskarte mit reserviertem Platz. Nun konnte man wieder gehen, um kurz vor der Rede mit Eintrittskarte und Presseausweis zurückzukehren und – an einer neuen Schlange mit später erschienen Kollegen vorbeischreitend – seinen Platz einnehmen.

Im Ergebnis platzten dadurch zwangsläufig alle Termine, die man bei der Planung vor die Keynotes gelegt hatte: Das System war im Vorfeld nicht bekannt gegeben worden, weshalb vor der Voreröffnungsrede von Bill Gates das Chaos ausbrach. Journalisten, die nicht auf einen Platz hoffend vor dem Hilton-Theater ausharren wollten, bot man einen Ausweichraum an, in dem die Rede auf kleine Fernseher übertragen wurde – und die schließlich nach Angaben deutscher Pressevertreter brechend voll waren. Wer das Glück hatte, einen der "Restplätze" zu erwischen, wunderte sich über die vielen leeren Stühle. Mit der Zeit stellte sich heraus, dass einfach die Kommunikation der im Saal tätigen Messekräfte mit den für den Zutritt zuständigen Angestellten nicht klappte.

Seine Botschaft vom Nicht-Konkurrenten Google, von Windows Vista, der Live-Strategie und Microsoft als Partner der Unterhaltungsindustrie brachte Gates aber offensichtlich trotzdem an den Mann und die Frau. Ebenso öffentlichkeitsträchtig diente sich beispielsweise Intel mit Aplomb Hollywood als Hardware-Partner an oder startete Google sein Angebot von Video-Downloads und eines eigenen Software-Packs. Die CES, die nicht nur den großen Namen die Plattform zur Darstellung neuer oder endlich verfügbarer Produkte bot, war auf jeden Fall ein Schritt weiter in der Kooperation von Computer-Industrie und Unterhaltungsbranche, von der sich die Industrie eine gedeihliche Zukunft und gute Geschäfte erhofft – und das trotz einiger Skepsis der Verbraucher angesichts zunehmend verschärfter Kopierschutz- und DRM-Techniken oder etwa angesichts der HD-Formatverwirrung.

Zur Consumer Electronics Show 2006 in Las Vegas siehe auch: