H2 im Lkw: Daimler Trucks startet Praxistest​

Daimler Trucks testet eine mit H2 betriebene Brennstoffzelle als Alternative zum E-Antrieb im Lkw.​ Mit einem kurzfristigen Serieneinsatz ist nicht zu rechnen.

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Erprobungen von Mercedes-Benz GenH2 Truck

Mercedes-Benz GenH2 Truck bei einer Erprobung auf einer Teststrecke

(Bild: Daimler Trucks)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Daimler Trucks hat mit dem eActros 600 einen batterieelektrischen Lkw mit Reichweiten jenseits der Tagesfahrleistung vorgestellt, der Ende 2024 in Serie gehen soll. Trotzdem will man die Alternative einer Brennstoffzelle, die mit Wasserstoff betrieben wird, im Rennen halten. Nach internen Tests schickt Daimler Trucks deshalb nun fünf H2-Sattelzugmaschinen in einen Praxistest zu Großkunden.

Getestet werden sollen sie im täglichen Logistikeinsatz. Daimler Trucks erhofft sich davon Erkenntnisse für eine Serienentwicklung, die gegen Ende dieses Jahrzehnts starten könnte. Im GenH2 Truck setzen die Entwickler auf Wasserstoff in flüssiger Form. Die beiden Tanks haben ein Fassungsvermögen von insgesamt 88 kg. Daimler betont, dass diese Form Vorteile bei Kosten und Gewicht habe. Gegenüber einem Tank für gasförmigen Wasserstoff könne so eine deutlich höhere Energiedichte genutzt werden. So könne auch die Nutzlast, die mit rund 25 Tonnen angegeben wird, gegenüber bisherigen H2-Lkw gesteigert werden.

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Die beiden Elektromotoren sind in einer Vorserienversion auf insgesamt jeweils 230 kW Dauer- und 330 kW Maximalleistung ausgelegt. Das Drehmoment liegt bei jeweils 1577 Nm dauerhaft und 2071 Nm in der Spitze. Die Brennstoffzelle selbst liefert in der Spitze bis zu 300 kW. Unterstützt wird die Energieversorgung von einer 70-kWh-Batterie, die immer bei besonders hohen Lastanforderungen, etwa beim Anfahren, zusätzlich Strom liefert. In einem Test auf öffentlichen Straßen kam dieser Antriebsstrang, mit aufgeladener Batterie und vollen Tanks gestartet, insgesamt auf eine Reichweite von 1047 km.

Die fünf Sattelzugmaschinen werden in verschiedenen Fernverkehrsanwendungen eingesetzt. Amazon wird den GenH2 Truck in seinem Logistiknetzwerk in Deutschland einsetzen, Air Products für den Transport von Flaschengasen, Wiedmann & Winz für Seecontainer, Holcim für Baustoffbeförderung und Vervaeke, das Fuhrunternehmen von Ineos, für den PVC- und Vinyltransport. Betankt werden sollen die Fahrzeuge an zwei Tankstellen für flüssigen Wasserstoff (sLH2) in Wörth am Rhein und im Raum Duisburg.

Martin Daum, Vorstandsvorsitzender von Daimler Truck, und Hildegard Müller, VDA-Präsidentin, richteten bei der Übergabe der fünf H2-Lkw Forderungen an die Politik. Leistungsfähige, CO₂-neutrale Fahrzeugen würden für den Erfolg eines nachhaltigen Transports nicht genügen, sagte er. Eine entsprechende Lade- und Tank-Infrastruktur sowie Kostenparität mit konventionellen Fahrzeugen sei erforderlich. Müller wurde noch deutlicher. Es müssten jetzt die "politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden: Es muss dringend ein bedarfsgerechtes Netz an Wasserstofftankstellen und die dazugehörige Infrastruktur aufgebaut werden. Hier besteht dringender Handlungsbedarf für Politik, Bundesnetzagentur und Energiewirtschaft", argumentiert die VDA-Präsidentin.

Den sehr kostspieligen Aufbau einer flächendeckenden H2-Tankstellen-Infrastruktur will die Industrie demnach nicht selbst angehen. Sie hofft vielmehr auf den Steuerzahler. Müller betont: "Auf dem Weg zur klimaneutralen Mobilität der Zukunft sollten die Potenziale aller zur Verfügung stehenden Technologien ausgeschöpft werden. Gerade im Bereich der schweren Nutzfahrzeuge ist Elektromobilität nicht ausschließlich mit batterieelektrischem Antrieb gleichzusetzen." Unbedingt müsse auch der Brennstoffzellenantrieb mit Wasserstoff als Teil der Technologievielfalt mitgedacht werden, meint Müller.

Woher der grüne Wasserstoff, für den es in der Industrie zahlreiche Interessenten gibt, in ausreichender Menge kommen soll, ließ sie offen. Auch dass der Primärenergiebedarf mit Wasserstoff als Fahrenergie gegenüber einem rein batterieelektrischen Antrieb enorm steigt, blieb unerwähnt. Letztlich werden diese Fragen auch nachrangig sein: In der Logistikbranche wird in Cent je Kilometer gerechnet. Anders formuliert: Die billigste Art der Fahrenergie wird sich schlussendlich durchsetzen. Gelingt es, regenerativ erzeugten Wasserstoff flächendeckend preiswert anzubieten, hat er eine Chance.

(mfz)