WorldCom: Ein Absturz nach spektakulärem Höhenflug

Der Telecom-Riese hat sich innerhalb von nur 19 Jahren aus der winzigen Telefongesellschaft LDDS zur zweitgrößten US-Ferngesprächsgesellschaft und zum weltgrößten Internet-Netzwerkbetreiber entwickelt.

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Von
  • Peter Bauer
  • dpa
Der in das schwerste US-Konkursverfahren und einen spektakulären Falschbuchungsskandal verwickelte US-Telecomriese WorldCom hat sich innerhalb von nur 19 Jahren aus der winzigen Telefongesellschaft LDDS (Long Distance Discount Service) in Mississippi zur zweitgrößten US-Ferngesprächsgesellschaft und zum weltgrößten Internet-Netzwerkbetreiber entwickelt. Der spektakuläre Höhenflug und Absturz von WorldCom ist ganz klar mit dem langjährigen Firmenchef Bernie Ebbers (60) verknüpft. Er war 1985 zu LDDS gekommen und hatte das 1995 in WorldCom umfirmierte Unternehmen durch mehr als 60 Firmenkäufe zu einem der weltgrößten Telecomkonzerne gemacht. Ebbers musste Ende April wegen des dramatischen Kursverfalls der WorldCom-Aktien und eines WorldCom-Kredits von 408 Millionen US-Dollar an ihn selbst auf Druck der Gläubiger und Aktionäre abtreten.
Ebbers, ein gebürtiger Kanadier, hat eine Ranch in British Columbia und lebt auf einer Farm in Mississippi. Ebbers war einst von Business Week als "Telecom-Cowboy" bezeichnet worden. Er konzentrierte sich zunächst darauf, vor allem Firmen in ländlich abgelegenen Gebieten kostengünstige Telecomdienste anzubieten. Sie wurden von den großen Telecomfirmen vernachlässigt, und Ebbers sprang in die Lücke. Die von LDDS und WorldCom aufgekauften Firmen wurden immer größer und teurer. Dabei war Ebbers der lang andauernde Höhenflug der WorldCom-Aktien zu Gute gekommen, die er in erster Linie bei den Aktientausch-Transaktionen einsetzte. Er häufte allerdings bei seiner Aufkaufwelle auch einen gewaltigen Schuldenberg von 41 Milliarden US-Dollar an.
Ebbers hatte während des Telecombooms der neunziger Jahre im Konsolidierungspoker der US-Telecombranche mit WorldCom mitgemischt wie kein anderer. WorldCom hatte 1998 den zweitgrößten US-Telecomkonzern MCI einschließlich Schulden für 47 Milliarden Dollar geschluckt und wollte 1999 dann die drittgrößte US-Ferngesprächsfirma Sprint für 129 Milliarden Dollar übernehmen. Bei Sprint blockierten jedoch die Wettbewerbshüter auf beiden Seiten des Atlantiks. Wie rasant das WorldCom-Wachstum war, zeigt der Umsatzanstieg von nur 154 Millionen Dollar im Jahr 1990 auf 35,2 Milliarden Dollar 2001.
Der WorldCom-Niedergang folgte anschließend im Gleichschritt mit dem Telecomdebakel der vergangenen drei Jahre. Der Gesamtwert aller Aktien der US-Telecomunternehmen und -zulieferanten ist um nicht weniger als zwei Billionen US-Dollar abgestürzt. Der Wert der WorldCom-Aktien ist dabei von mehr als 100 Milliarden US-Dollar auf Null gefallen.
Der brutale Konkurrenzkampf, sinkende Telefongebühren, der Ausbau kostspieliger und unzureichend ausgelasteter Datennetze und -Backbones sowie die enorme Verschuldung wurden WorldCom sowie vielen anderen US-Telecomfirmen wie Global Crossing zum Verhängnis. Die erst am 25. Juni bekannt gegebenen Buchführungsbetrügereien gaben WorldCom den Rest. Die Firma musste mit leeren Kassen Gläubigerschutz bei dem Konkursgericht in New York suchen. WorldCom will sich aber wieder sanieren und als gestärktes Unternehmen möglichst rasch aus dem Konkursverfahren heraus kommen, kündigte Ebbers-Nachfolger John W. Sidgmore an.
Zu der Entwicklung bei WorldCom siehe auch: (Peter Bauer, dpa) /