Stellantis beendet Entwicklung von E-Autos mit Wasserstoff als Energieträger
Weil der Autokonzern Stellantis den Energieträger Wasserstoff als mittelfristig unrentabel einschätzt, stellt er die Entwicklung von Brennstoffzellenautos ein.
Opel Vivaro-e Hydrogen
(Bild: Stellantis)
Das wasserstoffelektrische Auto ist seit Jahrzehnten serienreif. Doch trotz einer seit 2021 laufenden Serienfertigung von H2-Transportern streicht nun auch der Autokonzern Stellantis seine Produktion und beendet zudem seine Forschung und Entwicklung für solche Antriebe. Der für diesen Sommer 2025 geplante Produktionsbeginn für die zweite Generation mittelgroßer Transporter in Hordain, Frankreich und der großen Transporter in Gliwice, Polen wurde kurzfristig abgesagt. Sie hätten noch im laufenden Jahr auf den Markt kommen sollen.
"Ohne wirtschaftliche Nachhaltigkeit"
Obwohl sich das Unternehmen damit im Angesicht der anspruchsvollen CO₂-Vorschriften in Europa gut hätte aufstellen können, stellt Stellantis sein Entwicklungsprogramm für Wasserstoff-Brennstoffzellentechnologie ein. Der für Europa zuständige oberste Betriebsleiter Jean-Philippe Imparato erklärt diese Entscheidung mit den Worten "der Wasserstoffmarkt bleibt ein Nischensegment ohne Aussichten auf mittelfristige wirtschaftliche Nachhaltigkeit. Wir müssen klare und verantwortliche Entscheidungen treffen, um unsere Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten und die Erwartungen unserer Kunden mit unserer Offensive bei elektrischen und hybriden Personen- und leichten Nutzfahrzeugen zu erfüllen."
Gleichzeitig versichert Stellantis, dass diese Entscheidung ohne personelle Konsequenzen im eigenen Unternehmen umgesetzt werden soll. Das Personal soll auf andere Forschungs- und Entwicklungsprojekte umverteilt werden. Die Interessen des Kooperationspartners Symbio sollen möglichst gewahrt bleiben. Dazu sollen Alternativen zur bisherigen Zusammenarbeit diskutiert werden. Bei Symbio entstehen Brennstoffzellen in industriellem Maßstab, Stellantis war bis heute ein großer Abnehmer dieser mit einer Protonenmembran arbeitenden Einheiten.
Seit 2021 im Geschäft mit H2-Transportern
Die ersten wasserstoffelektrischen Transporter, Opel Vivaro-e Hydrogen und Peugeot e-Expert Hydrogen, brachte Stellantis Ende 2021 auf den Markt. Die zweite Generation der mittelgroĂźen Modelle mit Brennstoffzellen wurde im vergangenen Oktober unter den Namen Ă«-Jumpy und Ă«-Jumper, Fiat Professional E-Scudo und E-Ducato, Opel/Vauxhall Vivaro und Movano, Peugeot E-Expert und E-Boxer vermarktet.
Während die kleineren Modelle laut Stellantis eine Reichweite von rund 400 Kilometern bieten, schaffen die größeren etwa 500. Beworben wurden sie unter anderem mit einer höheren Nutzlast im Vergleich zu einem batterieelektrischen Auto und einem Tankvorgang, der fast so schnell abläuft wie bei Verbrenner-Kraftstoffen. Sofern nicht gerade mehrere andere H2-Fahrzeuge die Tankstelle kurz zuvor genutzt haben, was angesichts der aktuellen Dichte an H2-Autos die absolute Ausnahme sein dürfte.
Industrie kann grĂĽnen H2 viel effizienter nutzen
Stellantis hat jetzt auf das Offensichtliche reagiert und spricht von "mittelfristiger" Unwirtschaftlichkeit. Ob es bei Wasserstoff als Energieträger je zu einer Wirtschaftlichkeit kommen wird, ist ohnehin fraglich. Die Wasserstoffproduktion verschlingt enorme Mengen Strom. Für 1,4 kg Wasserstoff müssen rund 83 kWh eingesetzt werden. Das ist die Menge, die ein Kleintransporter auf 100 km im WLTP verbraucht. Damit ist allein das Fahren nicht einmal halb so effizient wie mit Strom aus einer Batterie.
Eine Dekarbonisierung des Verkehrs wäre damit im Übrigen nur möglich, wenn der Wasserstoff mit Strom aus regenerativen Quellen gewonnen wird. Wäre dereinst einmal so viel Strom im Netz, dass das sinnvoll wäre, ständen die kaum mehr weiter senkbaren Kosten für H2-Tankstellen ein unüberwindbares wirtschaftliches Hindernis dar. Grüner Wasserstoff wäre also etwa zur Dekarbonisierung der Chemieindustrie oder der Stahl- und Zementproduktion viel effizienter einsetzbar.
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Es lohnt sich einfach nicht
Stellt sich die Frage, ob das alles beim Management der Autofirmen nicht längst hätte bekannt sein müssen. Natürlich – das war es schon immer. Mit lokal abgasfreien Fahrzeugen an der Front der technischen Entwicklung kann man allerdings sein Geschäft wirksam bewerben. Schnell hört man damit jedoch auf, wenn man keine Subventionen mehr dafür abräumen kann. Was da im Hintergrund auch immer gelaufen sein mag – von Stellantis werden wir es nicht erfahren. Die noch zahlreichen Förderprogramme sind jedenfalls hochumstritten und werden perspektivisch zurückgefahren, so auch erst kürzlich ein britisches, das offenbar Stellantis betraf, wie vor fünf Tagen vom Branchenblatt Fleetnews gemeldet. Ehrlich eingeräumt hat der Konzern jetzt, dass sich Wasserstoff im Auto einfach nicht lohnt.
(fpi)