Innenminister von CDU und CSU wollen "Killerspiele" verbieten lassen

In Wiesbaden wurde heute die Studie des Krminologischen Instituts Niedersachsen zur Alterseinstufung von Computerspielen vorgestellt. Die Gelegenheit nutzten Unionspolitiker zur Erneuerung ihrer Forderungen.

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Innenminister von CDU und CSU fordern ein Verbot so genannter Computer-Killerspiele. Solche Spiele stumpften Kinder ab und erhöhten die Gefahr von Nachahmertaten, erklärten die Länderminister von Hessen, Thüringen, Niedersachsen und Bayern heute in Wiesbaden. Sie berufen sich auf eine Studie des Kriminologen Christian Pfeiffer, die heute vorgestellt wurde. Danach werden Computerspiele, die erst ab 16 oder 18 Jahren freigegeben sind, häufig von sehr viel jüngeren Kindern gespielt. Folgen sind laut Studie höhere Gewaltbereitschaft und nachlassende Schulleistungen. Die Minister wollen Herstellung und Verbreitung solcher Spiele bestrafen.

Pfeiffers Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) ist sich über ein Verbot von "Killerspielen" nicht einig. Während Pfeiffers selbst ein Verbot für richtig hält, da von der aktiven Nutzung sehr gewalthaltiger Spiele im Vergleich zum passiven Betrachten entsprechender Filme eine deutlich stärkere Belastung ausgehe, meinen andere Autoren der Studie dagegen, dass der geltende Paragraf 131 des Strafgesetzbuches ausreicht, heißt es in einer Mitteilung (PDF-Datei).

Das KFN hatte für seine Studie "Alterseinstufung von Computerspielen durch die USK" 62 gewalthaltige Computerspiele mit den Alterseinstufungen "ab 12", "ab 16" und "Keine Jugendfreigabe" sowie 10 weitere, inzwischen von der BPjM indizierte Spiele analysiert, die von der USK entweder keine Kennzeichnung erhalten hatten oder der USK nicht vorgelegt worden waren. Sie seien von speziell geschulten Testern vollständig gespielt und auf der Grundlage eines neuen, standardisierten Testberichtschemas detailliert beschrieben und bewertet worden. Außerdem seien die 72 Gutachten der USK betrachtet und unter Berücksichtigung der eigenen Testberichte bewertet worden. Es habe sich ergeben, dass von den 62 mit USK-Alterskennzeichen versehenen Spielen 22 (35,5 Prozent) angemessen eingestuft worden seien, bei 17 (27,4 Prozent) habe das KFN Zweifel an der Alterseinstufung und bei 23 (37,1 Prozent) sei sie nicht angemessen.

Die KFN-Forscher werfen der USK vor, dass Prüfungen nicht selten anhand nicht fertiger Spiele oder unvollständiger Unterlagen erfolgten. Auch gebe es in einigen Gutachten "falsche oder verharmlosende Feststellungen zu jugendschutzrelevanten Punkten". "Sehr problematisch" erscheinen dem KFN einige Wertungsgesichtspunkte wie zum Beispiel dass unter "Jugendschutzerwägungen zu kritisierende Handlungsmöglichkeiten (z.B. Tötung eines unbeteiligten Passanten) dann nicht für problematisch gehalten werden, wenn sie nicht spielnotwendig " seien. Bedenken in Bezug auf die Intensität der Gewalt würden von der USK mit formelhaften Begründungen verneint. Das KFN vermutet, dass die für die USK geltenden gesetzlichen Normen sehr allgemein gehalten seien und kritisiert "eine zu geringe Distanz der USK zur Computerspielindustrie und ihren Interessen".

Das KFN schlägt vor, eine Abgabe für Hersteller von "Killerspielen" einzuführen. Bei 50 Cent pro Spiel könnten jährlich 20 Millionen Euro zusammenkommen, die für die Entwicklung von Therapien gegen Computerspielsucht, für Medienwirkungsforschung, für eine bundesweite Aufklärungskampagne sowie "für den Aufbau einer von der Industrie unabhängigen USK" einsetzen könne.

Das KFN hatte 2005 nach eigenen Angaben 6000 Viertklässler und 17.000 Neuntklässler befragt. Die Befragung habe erbracht, dass "jeder zweite 10-jährige Junge über Erfahrungen mit Spielen verfügte, die ab 16 oder ab 18 eingestuft sind und dass jeder Fünfte solche Spiele aktuell nutzte; von 14- bis 15-jährigen Jungen hatten 82 Prozent Erfahrungen mit Spielen, die keine Jugendfreigabe erhalten haben, ein Drittel spielte sie regelmäßig". Die Indizierung von Spielen durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (Werbeverbot, kein öffentlicher Verkauf) habe sich dagegen als sehr effektiv erwiesen, da lediglich 0,1 Prozent der befragten 10-Jährigen und 2,5 Prozent der 14- bis 15-Jährigen derartige Spiele nutzten.

Diese Woche hatte im Vorgriff der heutigen Veröffentlichung der KFN-Studie Landesarbeitsgemeinschaft Multimedia Brandenburg ein Verbot von "Killerspielen" als sinnlos bezeichnet. Um die Jugend auf die Gefahren von Computerspielen aufmerksam zu machen, müssten stattdessen Jugendclubs mit moderner Technik sowie ausreichend Personal ausgestattet werden, um den Jugendlichen an Computern, Handys oder Spielekonsolen Alternativen zu präsentieren. Der USK-Gutachter Gerald Jörns hatte bereits am Sonntag die Studie in Zweifel gezogen, da die Prüfer der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) nicht einbezogen worden seien.

Bayern hat im Februar einen Gesetzesentwurf, der ein Herstellungs- und Verbreitungsverbot von "Killerspielen" über eine deutliche Aufbohrung des für Gewaltdarstellungen einschlägigen Paragraphen 131 Strafgesetzbuch (StGB) vorsieht, in den Bundesrat eingebracht. Dieser Vorstoß liegt momentan auf Eis, da die Länderkammer zunächst die Evaluierung der erst 2003 novellierten Jugendschutzgesetzgebung abwarten will. Beckstein forderte im April aber, dass der Entwurf "weiter zu behandeln" sei.

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