Bundesrat will sich mit Kritik an "Regulierungsferien" für die Telekom zurückhalten

Ausschüsse der Länderkammer empfehlen im Entwurf für die Stellungnahme zur Novelle des Telekommunikationsgesetzes vor allem Verbesserungen beim Verbraucherschutz und Blockiermöglichkeiten für Handys in JVAs.

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Fachausschüsse des Bundesrats empfehlen im Entwurf für eine Stellungnahme zur Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vor allem Verbesserungen beim Verbraucherschutz und eine Basis zur Blockade von Handys in Gefängnissen. Die 23-seitige Vorlage für die Plenarrunde der Länderkammer am 7. Juli, die heise online vorliegt, hält sich dagegen mit Kritik an den von der Bundesregierung geplanten "Regulierungsferien" für das VDSL-Hochgeschwindigkeitsnetz der Deutschen Telekom zurück. Zuvor hatte es geheißen, dass insbesondere Bayern und Hessen auf einen Zugang der Wettbewerber zum neuen Datenhighway der Telekom pochen würden.

Nach dem Entwurf der Bundesregierung soll die Deutsche Telekom mit dem neuen Glasfasernetz, das VDSL-Anschlüsse bei Endkunden mit bis zu 50 MBit/s ermöglicht, unbeschadet von Preisauflagen und Öffnungsklauseln für Konkurrenten in den Markt gehen können. Die entsprechende Klausel sieht vor, "neue Märkte" im Netzbereich und die in sie fließenden Investitionen vor Konkurrenten erst einmal abzuschotten. Wettbewerber sollen die ausgebaute Datenautobahn im Gegensatz zu den normalen Festnetzleitungen für einen gewissen Zeitraum nicht befahren und ihren eigenen Kunden zur Verfügung stellen dürfen.

Der Wirtschaftsausschuss des Bundesrats macht sich nun aber allein für Klarstellungen an der besonders umstrittenen Passage im Regierungsentwurf stark. So soll im weiteren Gesetzgebungsverfahren etwa der Begriff des "nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes" im Entwurf "konsequent" verwendet werden. Laut der Schlüsselpassage in § 9a soll die Regulierung eines "neuen Marktes" nur erfolgen, wenn der "nachhaltige" Wettbewerb in Gefahr zu geraten droht. Der Wirtschaftsausschuss weist darauf hin, dass die Definition des von der Regierung gewählten Kriteriums gemäß einer anderen Stelle im TKG eine bereits erfolgte Regulierung voraussetzt und damit widersprüchlich sei. Darüber hinaus halten die Wirtschaftsreferenten das von der Regierung festgeschriebene Kriterium der "langfristigen" Behinderung des Wettbewerbs im Breitbandbereich für nicht erforderlich.

Die EU-Kommission hat bereits wiederholt Nachbesserungen an der Freistellungsklausel gefordert. Die Fachebene der Länderkammer drängt allerdings nur bei der vorgesehenen nachträglichen Regulierung der Entgeltfestsetzung für Zugangsleistungen eines Netzbetreibers mit beträchtlicher Marktmacht auf eine Vereinbarkeit mit EU-Recht und "verständlichere Formulierung". Inwiefern der Altmonopolist von Anfang an Zugang auch zu neuen Netzen gewährleisten muss, bleibt außen vor.

Deutlicher setzt sich der Ausschuss für Agrar- und Verbraucherfragen für Verbesserungen des Kundenschutzes ein. So sollen die Anbieter von Mehrwertdiensten, etwa bei Abos für Klingeltöne, verpflichtet werden, dem Endnutzer einen kostenlosen Hinweis in Form einer "Warn-SMS" bei anfallenden Gebühren von über 20 Euro im Monat zu schicken. Zudem sollen "Call by Call"-Anbieter sowie die Vermittler von Premium- oder Auskunftsdiensten generell eine Preisansage schalten müssen. Der Ausschuss will ferner durchsetzen, dass die Anbieter von Quiz-Sendungen oder anderen interaktiven Diensten im Fernsehen Preisanzeigen gut lesbar zu gestalten haben. Der Agrarausschuss hält es zudem im Gegensatz zum Wirtschaftsausschuss für nötig, dass die Mobilfunkbetreiber ihren Kunden auch bei der Nutzung von Prepaid-Karten einen zumindest elektronischen Einzelgesprächsnachweis zur Verfügung stellen.

Korrekturbedarf sieht der Rechtsausschuss zudem bei den Formulierungen der Bundesregierung zum Einsatz von Mobilfunkblockern. "Die Landesjustizverwaltungen dürfen auf dem Gelände der Landesjustizvollzugsanstalten technische Geräte zur Störung von Frequenzen betreiben, die der Herstellung unerlaubter Mobilfunkverbindungen dienen", wollen die Juristen im Entwurf stehen sehen. Einer gesonderten Frequenzzuteilung soll es dazu nicht bedürfen. Um den Mobilfunkverkehr außerhalb der Gefängnisgelände nicht zu beeinträchtigen, wie dies der Branchenverband Bitkom befürchtet, "soll die Bundesnetzagentur im Benehmen mit den Bedarfsträgern und den betroffenen Frequenzzuteilungsempfängern angemessene Rahmenbedingungen" für die Nutzung der Störsender festlegen. Jede Blockade soll der Regulierungsbehörde angezeigt werden, welche die betroffenen Frequenzzuteilungsempfänger unverzüglich darüber informieren soll.

Die Bundesregierung geht dagegen davon aus, dass ihre "Öffnungsklausel" für den Einsatz der "Jammer" bereits weiter geht als die Forderungen der Länder. So soll damit etwa auch eine Mobilfunkblockade bei Großveranstaltungen wie Sportereignissen möglich werden. Dem Regierungsentwurf zufolge ist für den Einsatz der Störsender künftig keine Frequenzzuteilung erforderlich, "sofern der Einsatz durch Behörden zur Ausübung gesetzlicher Befugnisse unter Einhaltung der von der Bundesnetzagentur festgelegten Frequenznutzungsbedingungen erfolgt".

Gemeinsam sehen Innen- und Rechtsausschuss die Bestrebungen der Regierung skeptisch, im Rahmen einer Verordnung Übergangsregelungen für die angemessene Entschädigung von Telekommunikationsanbietern für die Erbringung von Überwachungsdienstleistungen zu schaffen. Dies halten die beiden Fachgremien für unnötig. Ihrer Ansicht nach gehören die Hilfsdienste der Telcos für strafrechtliche Ermittlungen zu den im Rahmen von Zeugenverpflichtungen jedes Bürgers allgemein zu erbringenden Leistungen. Entschädigungen müssten mit dieser Pflicht korrelieren und könnten dementsprechend "zur Wahrung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege nicht im Umfang marktgerechter Vergütungen gewährt werden." Das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz enthalte bereits ausreichende und ausgewogene Regelungen.

Zur Auseinandersetzung um die Telekommunikationsregulierung und das geplante VDSL-Netz der Deutschen Telekom siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jk)