SCO vs. Linux: Lizenzen sollen weltweit heilen

SCO möchte den Verkauf der Lizenzen exportieren, die vor einer Klage wegen angeblich aus Unix System V geklauten Source-Code im Linux-Kernel bewahren sollen; Novell bekräftigt derweil die eigenen Ansprüche am Unix-Code.

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Von
  • Detlef Borchers

Während sich die Vereinigten Staaten von Amerika mit BSE auseinander setzen müssen, will von dort ein anderer Erreger auf den alten Kontinent übersetzen: Die SCO Group, in einen Rechtsstreit mit IBM und Auseinandersetzungen mit der Linux-Community verwickelt wegen angeblich aus Unix System V geklautem Source-Code im Linux-Kernel, möchte ihre vor einer Klage rettenden Intellectual Property-Lizenzen exportieren. Vor allem Firmen in Europa, aber auch in China, Taiwan, Südkorea und Japan sollen angeschrieben werden. In Europa sind große Linux-Installationen in England, Frankreich und Italien im Visier der Lizenzjäger. Deutschland ist nach einem Gerichtsbeschluss und einer entsprechenden Unterlassungserklärung durch SCO vorerst außen vor, "dort dürfen wir nicht einmal über unsere Lizenzen reden", klagte ein SCO-Sprecher gegenüber dem IDG News Service.

Ob SCO der internationale Verkauf von Intellectual-Property-Lizenzen gelingt, hängt nicht zuletzt vom Rechtssystem der jeweiligen Länder ab. So überlegen englische Juristen, ob der im britischen Recht viel stärker verankerte Straftatbestand der Erpressung zum Tragen kommen kann. Auch könnte ein Passus Anwendung finden, der dem Käufer einer Ware alle Informationen über die Ware frei zugänglich macht. Bisher sichert SCO seine IP-Lizenz mit einem Geheimhaltungsabkommen (Non-Disclosure Agreement, NDA) ab. Französische Juristen bezweifeln ebenfalls die Durchsetzbarkeit der IP-Lizenz amerikanischen Zuschnitts ohne vorherige Klärung, ob Novell oder SCO die Rechte haben, ein Antidot zu verkaufen.

Dass SCO Pläne hat, auch in Deutschland IP-Lizenzen zu verkaufen, ist seit längerem bekannt. Bereits am 16. September hatte die SCO Group Bad Homburg in einem beim Landgericht Münster eingereichten Schriftsatz das Geschäftsprinzip der IP-Lizenz erklärt, "die eine Verletzung heilen und Anwendern eine ungestörte Benutzung des Betriebssystems Linux" ermöglichen soll.

Gegen eine solche Nutzung der Unix-Rechte hat sich in den letzten Tagen die Firma Novell ins Zeug gelegt. Novells Indemnification Program, auf Deutsch etwas holprig mit dem Slogan "Entschädigung verfügbar" beworben, erläuterte Novells deutscher Geschäftsführer Horst Nebgen im Gespräch mit heise online: "Es ist so, dass wir 1996 Unix-Rechte [an SCO] weitergegeben haben. Es ist aber auch so, dass wir einige Rechte zurückbehalten haben. Mit diesen Rechten können wir unseren Kunden, die sich für SUSE Linux entschieden haben, das Recht einräumen, jeglichen Unix-Systemcode einsetzen zu können."

Der Rechtsschutz à la Novell ist derzeit an den Einsatz des SuSE Enterprise Server 8 und den Kauf der Upgrade Protection geknüpft. Außerdem muss ein existierender Support-Vertrag abgeschlossen sein und der Kunde mit Novell einen Mindestumsatz von 50.000 Euro pro Jahr erzielen. "Diese Eckdaten sagen uns: Der Kunde meint es Ernst, der Kunde fühlt sich von einer Klage bedroht", erklärte Nebgen, der die Gesamtzahl der für eine Novell-Garantie qualifizierten Firmen in Deutschland auf "einige 100" schätzt. Ein entsprechend "faires und sauberes Angebot", meinte Nebgen, werde man auch Firmen in vergleichbaren Größenordnungen machen, die andere Linux-Derivate einsetzen. Kleinere Firmen oder gar Privatanwender sieht der Statthalter von Novell in Deutschland nicht gefährdet.

Während die SCO Group den Verkauf der IP-Lizenz zu internationalisieren trachtet, sucht die Firma an ihrem Stammsitz einen Inside Sales Manager, der in den USA damit beginnen soll, die IP-Lizenz über das Telefon zu verkaufen. Außerdem besetzte sie zwei vakante Managerposten kostengünstig mit Vertretern aus dem eigenen Vorstand. Ihre Beförderungen zum Chief Technologist und Vice President of Engineering deuten darauf hin, dass man sich Gedanken über die Fortentwicklung der eigenen Software macht. Dementsprechend sucht die Firma in Indien leitende Software-Ingenieure, die Systemsoftware für Linux entwickeln sollen.

Zu den Entwicklungen im Streit zwischen SCO, IBM und der Open-Source-Gemeinde siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)