Erstsemester tendieren nur verhalten zur Informatik
Vorläufige für das Wintersemester veröffentliche Einschreibungszahlen in Informatikfächern lassen zumindest Hoffnung auf eine größere Akzeptanz des Studiums keimen.
Politiker und Industrie haben sich ordentlich ins Zeug gelegt, um für Informatikstudiengänge zu werben und so langfristig dem heraufbeschworenen Fachkräftemangel vorzubeugen. Erste für das Wintersemester veröffentliche Einschreibungszahlen in Informatikfächern lassen zumindest Hoffnung keimen.
Freude herrscht in Nordrhein-Westfalen. Das Land kann einen überdurchschnittlichen Anstieg um rund 4400 Einschreibungen (8 Prozent) an öffentlich-rechtlichen Universitäten und Fachhochschulen melden. Weit mehr als die Hälfte, 2815 Studienanfänger, beginnen in den so genannten MINT-Fächern, den mathematischen, ingenieurwissenschaftlichen und naturwissenschaftlichen Studiengängen. Gegenüber dem vergangenen Wintersemester ist das ein Anstieg um über 11 Prozent.
Auf die Frage, ob diese Zahlen kennzeichnend für einen bundesweiten Trend sind, hält sich Dr. Michael Weegen, Projektleiter des Informationssystems Studienwahl und Arbeitsmarkt (ISA) an der Universität Duisburg-Essen, allerdings noch bedeckt. Von der demographischen Entwicklung her gesehen sei zwar mit steigenden Erstsemesterzahlen zu rechnen. Die Spannung werde sich aber erst Ende November lösen. Das liege vor allem daran, dass eine neue Kultur des Bewerbens herrsche: Ein Studieninteressierter könne sich ja online an mehreren Orten anmelden.
Einige Universitäten führen daher bereits das dritte Nachrückverfahren durch, bei anderen – wie etwa der Uni Potsdam – ist das Losverfahren noch nicht abgeschlossen. Bislang sind dort 45 Informatik-Erstsemester immatrikuliert, im Vorjahr waren es 77 (davon 14 Frauen), zurzeit erst 7.
Auf Nachfrage von heise online hin nannten einige weitere Universitäten ihre vorläufigen Zahlen der Erstsemester in Informatikstudiengängen. Das Potsdamer Hasso-Plattner-Institut begrüßt 121 Erstimmatrikulanten gegenüber 85 im letzten Jahr. 19 Frauen sind dieses Mal dabei, im Vorjahr waren es nur 8.
Die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München zählt bislang nur knapp 1300 Erstsemester in Informatik-Studiengängen, vor einem Jahr waren es noch fast 1500. Die Technische Universität München freut sich jedoch über mehr neue Studenten. Überraschung herrscht an der TU Dresden. Trotz Verzichts auf Studiengebühren liegt die vorläufige Zahl der Informatikerstsemester unterhalb des Vorjahreswertes (470 statt 575).
Andere Universitäten wollten sich noch nicht äußern, ihnen liegt noch kein aussagekräftiges Datenmaterial vor. Eine positive Tendenz scheint sich aber bei den norddeutschen technischen Universitäten Clausthal und Braunschweig sowie den Berufsakademien abzuzeichnen.
Zu den gegenwärtigen Klagen vieler Branchen und besonders der IT-Firmen über Facharbeitermangel sowie den Ansprüchen der Informatikabsolventen siehe auch:
- In Aufbruchstimmung, Ansprüche der Informatikstudierenden an die Berufswelt, c't 21/07, S. 97
- Gefühlter Mangel, Wie viele Informatiker braucht die Wirtschaft?, c't 16/07, S. 78
Zu dem Thema siehe auch:
- Studie: USA stehen vor Mangel an IT-Fachleuten
- OECD-Bericht kritisiert Akademikermangel in Deutschland
- Deutschland und EU gehen gegen den beklagten Fachkräftemangel vor
- Nachfrage nach IT-Spezialisten hält an
- Fachkräfte-Zuzug: Gemischte Reaktionen auf Beschlüsse der Bundesregierung
- Regierung wirbt für Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt
- Immigranten sorgen in den USA für Innovation in Wissenschaft und Wirtschaft
- Hochschulverband kritisiert Abbau von Professorenstellen
- Bericht: Fachkräfte-Mangel kostet jährlich 20 Milliarden Euro
- Gesellschaft für Informatik rät zum "antizyklischem Studium"
- Öffnungspläne für den Arbeitsmarkt unter Beschuss
- Die Bundesregierung hegt Öffnungspläne für den deutschen Arbeitsmarkt
- Studie: Informatik-Absolventen haben gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt
- Fachleute gesucht: Gute Job-Aussichten in der Unterhaltungselektronik
- IT-Spezialisten sind immer noch Mangelware
- Microsoft plant Jobvermittlungsbörse für Partner
- Interesse an neuen Medien lässt Jugendliche IT-Berufe wählen
- Silicon Saxony startet Fachkräfte-Netzwerk
- IT-Verband sieht Verschärfung des Fachkräftemangels
- Disput zwischen Bildungspolitikern über Zuzug von Facharbeitern
- OECD rät Deutschland zur vereinfachten Zuwanderung für Fachkräfte
- Zuzug ausländischer Fachkräfte soll erleichtert werden
- Fachkräftemangel verhindert Gründung von mehr Hightech-Start-ups
- Wirtschaft und Gewerkschaften beklagen Fachkräftemangel
Siehe auch:
- heise jobs, Stellenanzeigenbörse sowie aktuelle Berichterstattung und Hintergrundartikel zum Arbeitsmarkt, der Ausbildungssituation und den Gehaltsstrukturen der Hightech-Branchen
(fm)