Staat und Wirtschaft wollen IT-Fachkräftemangel angehen

Die Initiative D21 führt eine Analyse durch, wie viel Nachwuchs an IT-Experten der Standort Deutschland benötigt und welche Qualifikationen gefragt sind, während der BVDW die "Attraktivität" der Arbeitsplätze in der Branche betont.

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Staat und Wirtschaft wollen Studierende stärker für technische und naturwissenschaftliche Studienfächer begeistern. "Zahlreiche Verbände und Forschungseinrichtungen weisen auf einen eklatanten Fachkräftemangel bei Ingenieuren sowie Informatikern hin", schlägt die Initiative D21 in ihrem neuen Grundsatzpapier Alarm. Politik, Unternehmen und Hochschulen seien gefordert, "gemeinsam optimale Bedingungen" für den Nachwuchs in der Branche rund um die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zu schaffen, meint die Initiative, die sich in die lange Schlange der Mahner vor den Gefahren für den Wirtschaftsstandort Deutschland durch den Fachkräftemangel einreiht. Die öffentlich-private Partnerschaft gelobte im Rahmen ihres Jahreskongresses am gestrigen Dienstag in Dresden selbst im Rahmen eines gesonderten Projekts zu untersuchen, wie viel Arbeitskräfte der IKT-Standort Deutschland benötige und welche Qualifikationen gefragt seien. Darüber hinaus sollen Vortragsreihen und ein Austausch zwischen Studierenden und Führungskräften aus Firmen dazu dienen, die Motivation für die Ausbildung zu steigern.

Derzeit seien in der IT-Wirtschaft hierzulande rund 20.000 offene Stellen zu besetzen, meldet D21 – der IT-Branchenverband Bitkom hatte zur Eröffnung der IT-Messe Systems sogar von 40.000 zu besetzenden Stellen in der Informations- und Telekommunikationstechnik-Branche gesprochen. Jede zweite Firma aus der Branche gebe an, dass der Fachkräftemangel ein großes Problem für ihre Geschäftsentwicklung darstelle, meint D21 nun. Je kleiner die Unternehmen, desto größer die Not. Gleichzeitig würden die Zahlen der Studienanfänger in den einschlägigen technischen Ausbildungsrichtungen genauso rapide sinken wie die der Hochschulabsolventen. Bei insgesamt gleich bleibenden Studierendenzahlen werde es so nicht mehr gelingen, in den Ruhestand gehende Akademiker zu ersetzen. Auf der anderen Seite gebe es auch in den IT-Berufsfeldern eine erstaunlich hohe Zahl von Erwerbslosen. Es lasse sich also eine gewisse Parallelität von Massenarbeitslosigkeit und Fachkräftemangel hierzulande beobachten. Die Diskrepanz zwischen angebotenen und nachgefragten Qualifikationen weise zudem "auf ein stark verändertes Anforderungsprofil in der heutigen IT-Berufswelt hin".

Der Präsident des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW), Arndt Groth, warf auf dem D21-Kongress allgemein die Frage auf, ob das deutsche Bildungssystem den Herausforderungen der digitalen Welt bereits gewachsen sei. Heute würden der Zugang zum Internet und Kenntnisse über neue Medien einen Wissensvorsprung und Vorteile auf dem Arbeitsmarkt ermöglichen. Es bedürfe aber neuer Anwendungen und einem verstärkten Einsatz digitaler Medien in Bildungseinrichtungen, um davon zu profitieren. Groth versprach, dass der BVDW daher seinen Fokus zum einen auf den Ausbau und die Bereitstellung geeigneter Qualifikationsmöglichkeiten richten werde. Darüber hinaus wolle man insbesondere deutlich machen, "dass die digitale Wirtschaft viele attraktive Arbeitgeber und Tätigkeitsfelder zu bieten hat".

Das Grundsatzpapier von D21 bemängelt ebenfalls, dass "insgesamt zukunfts- und schülerorientierte pädagogische Handlungskonzepte für einen modernen Unterricht immer noch nicht in hinreichendem Maße auf der Ausbildungsagenda für Deutschlands Nachwuchspädagogen stehen". Um diese Defizite zu beheben, bedürfe es einer flächendeckenden Vermittlung und Verbesserung von Medienkompetenz in den Schulen. Nur so könne der "verantwortungsvolle und routinierte Umgang mit elektronischen Medien" erlernt werden. Die Partnerschaft aus Wirtschaft und Politik unterstütze daher "ausdrücklich eine Offensive zur allgemeinen Anhebung der Medienkompetenz" in enger Kooperation auch mit Bildungseinrichtungen und Informationswirtschaft. Geplant seien etwa "Coaching-Camps und Intensivwochen" für Referendare. Ferner macht sich die Initiative für einen Ausbau der "frühkindlichen Bildung". Schon hier sollte das Training der Erzieher und der Themenplan um die Schulung von Medienkompetenz erweitert werden.

Zu den gegenwärtigen Klagen vieler Branchen und besonders der IT-Firmen über Facharbeitermangel sowie den Ansprüchen der Informatikabsolventen siehe auch:

  • In Aufbruchstimmung, Ansprüche der Informatikstudierenden an die Berufswelt, c't 21/07, S. 97
  • Gefühlter Mangel, Wie viele Informatiker braucht die Wirtschaft?, c't 16/07, S. 78

Zu dem Thema siehe auch:

Siehe auch:

  • heise jobs, Stellenanzeigenbörse sowie aktuelle Berichterstattung und Hintergrundartikel zum Arbeitsmarkt, der Ausbildungssituation und den Gehaltsstrukturen der Hightech-Branchen

(Stefan Krempl) / (jk)