Finger weg, Augen geradeaus

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All diese Funktionen sind günstig als in der Browser-Umgebung laufende Web-Apps realisiert, die Toyota zentral prüft und freigibt. Das Touch & Go gibt es für 950 Euro als Plus-Version, die zusätzlich zur Navigationseinheit eine überraschend gute Spracheingabe, Text-to-speech für SMS und drei Jahre kostenlose Karten-Updates mitbringt.

VW verkauft seinen Kunden ein Touchscreen-System mit weniger Features für mehr Geld als bei Toyota; das aktuelle RNS 510 kostet je nach Fahrzeugvariante 2000 bis 2700 Euro Aufpreis. Dafür ist das Wenigere viel schöner gemacht. Bei Toyota ist die Nutzerführung wie Eintopf: nur dazu da, alle Zutaten zu verwerten. Bei VW wirkt es, als hätten ganze Generationen von Ingenieuren in Meetings über jede Bestätigungsbimmel getagt, was eine mögliche Erklärung für den konservativen Funktionsumfang wäre.

Das Zauberschwert

Das vom Touchscreen aus gesehen andere Ende der Bedienphilosophien liegt in der Fernbedienung eines nahe der Windschutzscheibe angebrachten Monitors mit der Hand auf dem Mitteltunnel. Dieses Konzept kreist um den Drehdrücksteller: Drehen ist scrollen, durch Kippen kann man ihn wie ein Steuerkreuz verwenden (etwa um den Kartenausschnitt zu verschieben oder zwischen Buchstabenreihen zu springen) und ein Druck auf den Steller heißt „Bestätigen“. Daneben gibt es irgendwo zumindest einen Knopf zum Abbrechen, der die Oberfläche zurück in die vorige Ebene bringt. Durch Rastpunkte des Stellers erfährt die Hand haptische Rückmeldung, um die nötige Augenarbeit zu reduzieren.

Es ist im Grunde eine recht simple Lösung, um die die Presse aber ein großes Gewese machte, als BMW damit 2001 im 7er kam, weil sie nichts damit anfangen konnte. Und um die die Autohersteller heute noch ein großes Gewese machen: „Wir setzen auf den Drehdrücksteller“ klingt wie „wir haben das Zauberschwert Excalibur“. BMW, Audi, Mercedes, Porsche, Citroen, Jaguar – sie alle drücken ihren Kunden inzwischen so ein Knubbel-Zauberschwert in die Hand.

BMW hat sein anfangs geschmähtes iDrive über die Modellgenerationen so hartnäckig verfeinert, dass es manchen Autojournalisten heute als Quasi-Benchmark für jede Infotainment-Bedienung gilt. Die Bayern bieten angepasste Varianten in fast allen Fahrzeugen von den Oberklasse-Limousinen über die Modewägelchen der Marke Mini bis hin zu ihren großen Touren-Motorrädern an.

Der Bedienknubbel steuert ein klassisches, durchweg hierarchisch sortiertes Menüsystem, wie es vor der Ära iPhone auch für fast alle Mobiltelefone üblich war. Die Struktur ist logisch und Funktionen sitzen oft an mehreren Ästen des Baumes, damit sie möglichst immer dort sind, wo der Benutzer sie erwartet. Allerdings gibt es einen riesigen Laubhaufen von Funktionen. Daher Frage an BMW: „Verzweifeln manche Kunden eigentlich an dem System?“ Empörung: „Natürlich nicht!“ Ich glaube, der Honda-Mann hatte recht, als er sagte: „Man kann heute nicht mehr erwarten, dass man in ein neues Auto einsteigt und alles versteht.“