LKW-Maut: Ohne Guthaben, ohne OBU

Für 1500 Frachtunternehmen ist die automatische Abbuchung der Maut vorerst vorbei. Der Maut-Betreiber Toll Collect hat ihre On-Board-Units von der Zentrale aus abgeschaltet, weil sie es versäumten, ihr Guthabenkonto aufzufüllen.

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Von
  • Detlef Borchers

Für 1500 Frachtunternehmen mit mehreren tausend LKW ist die automatische Abbuchung der Maut vorerst vorbei, kaum dass das System richtig funktioniert. Der Maut-Betreiber Toll Collect hat die On-Board-Units (OBUs) dieser Unternehmen abgeschaltet, weil sie es versäumten, ihr Guthabenkonto aufzufüllen. Die Anlage und Einzahlung in solche Guthabenkonten verlangt Toll Collect von den Unternehmen, die bei Bestellung der OBU in der obligaten Bonitätsprüfung aufgefallen sind. Nach Darstellung von Toll Collect wurden diese Unternehmen vor Weihnachten angeschrieben und letztmals am vergangenen Dienstag gemahnt, ihre Guthabenkonten zu füllen oder eine Kreditkarte zur Zahlungsabwicklung anzugeben. Den Unternehmen, die darauf nicht reagierten, seien nun die OBUs von der Zentrale aus abgeschaltet worden. Die betroffenen Fahrer oder ihre Disponenten müssten nun über Maut-Terminal oder das Internet die Touren vorbuchen und bezahlen. Toll Collect begründete die Abschaltung der OBUs mit der geforderten Gleichbehandlung aller Mautpflichtigen.

Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) kritisierte die Maßnahme in einer ersten Stellungnahme als übereilt. Gleichzeitig kündigte er eine Klage vor dem Bundeskartellamt an. Sie betrifft eine Änderung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Toll Collect, auf die der Maut-Betreiber erst am 28.12. aufmerksam gemacht habe. In diesen AGB, die auch das Führen eines Guthabenkontos definieren, hatte Toll Collect eine neue Haftungsobergrenze von 12.500 Euro festgelegt. Sollte ein Spediteur bedingt etwa durch den Ausfall der OBU oder durch eine Kommunikationsstörung im Gesamtsystem eine Ladung nicht zum vereinbarten Termin ausliefern oder abholen können, muss Toll Collect nur bis zu dieser Summe Schadensersatz leisten. Diese ist nach Ansicht des BGL viel zu niedrig angesetzt. Die Klage erfolgt beim Kartellamt, weil Toll Collect eine marktbeherrschende Stellung habe und seine Marktmacht benutzt habe, die AGB einseitig zu verändern, erklärt der BGL. Außerdem machte der Verband auf zunehmende Einbuchungspannen der OBUs aufmerksam, die von Toll Collect als "Probleme im Einzelfall" bezeichnet wurden.

Als größtes Einzelproblem haben sich bislang die Maut-Terminals herausgestellt. Bei den Terminals, die Bargeld annehmen, kann es passieren, dass sie so voll werden, dass weitere Buchungsvorgänge abgelehnt werden müssen. Dieses Problem trat erstmals am tschechisch-deutschen Grenzübergang Waidhaus zu Tage. Toll Collect reagierte auf den Fehler und lässt ab sofort die stark frequentierten Terminals mehrmals am Tag leeren.

In Tschechien selbst soll ab 2006 ein elektronisches Mautsystem für LKW ab 3,5 Tonnen eingeführt werden. Sowohl das deutsche wie das österreichische Mautsystem sollen im Anbieterverfahren für das 1000 km lange Netz von Autobahnen und bemauteten Überlandstraßen eine Chance bekommen, berichtet das Handelsblatt. Neben Tschechien soll auch die Slowakei mit den Planungen für ein elektronisches Mautsystem begonnen haben.

Zu den Verwicklungen um die Mauteinführung in Deutschland siehe auch:

  • Ausführliche Informationen zum aktuellen Stand des Toll-Collect-Systems bringt c't in der Ausgabe 02/05, die ab 10. Januar im Handel erhältlich ist.

(Detlef Borchers) / (jk)