LKW-Maut: Nicht alle sind Engel
Die Ermittlungen der Staatswanwaltschaft gegen Mitarbeiter des Verkehrsministeriums wegen des Verdachtes der Korruption werfen die Frage auf, inwieweit die deutsche LKW-Maut von den Korruptionsvorwürfen beroffen ist.
Die Ermittlungen der Staatswanwaltschaft gegen Mitarbeiter des Verkehrsministeriums wegen des Verdachtes der Korruption werfen die Frage auf, inwieweit die deutsche LKW-Maut von den Korruptionsvorwürfen betroffen ist. Verkehrsminister Stolpe hatte am Wochenende das Vorhandensein problematischer Fälle bestätigt und angesichts der Investitionsvolumina von 10 Milliarden Euro jährlich erklärt, "die Versuchung ist unglaublich". "Keine Berufsgruppe besteht nur aus Engeln", nahm der ehemalige Kirchenmann Stolpe seine Mitarbeiter in Schutz.
Zumindest der erste größere Korruptionsfall kann mit der Maut in Verbindung gebracht werden. Bereits im Juni begannen die Ermittlungen gegen den Vizepräsidenten des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG), Rolf Kreienhop. Dieser soll für das größte europäische Speditionsunternehmen, die Willi-Betz-Gruppe in Reutlingen, als Berater tätig gewesen sein. Die Zusammenhänge zwischen Betz und Kreienhop kamen ans Tageslicht, als die Reutlinger Zentrale im Jahre 2003 durchsucht wurde. Damals wurden Unregelmäßigkeiten bei den gezahlten Sozialabgaben überprüft. Die rund 9000 LKW der Betz-Gruppe werden größtenteils von bulgarischen und rumänischen Fahrern gelenkt, was dem Unternehmen den Vorwurf des Lohndumping eingebracht hat.
Kreienhop vom Bundesamt für Güterverkehr, das für die Genehmigung der LKW-Maut zuständig ist, soll sich als Berater mit dem in der Betz-Flotille installierten EutelTRACS-System von Qualcomm beschäftigt haben. Euteltracs arbeitet ähnlich wie das System von Toll Collect. Zusammen mit der Regensburger Telematik-Firma Socratec bemühte sich Qualcomm in der Ausschreibung um die deutsche LKW-Maut. Nach dem Sieg von Toll Collect (DaimlerChrysler, Deutsche Telekom, Cofiroute) und der Eingemeindung des mit Toll Collect konkurrienden Ages-Konsortiums (Vodafone, BP, Shell) drohte man bei Qualcomm und Socratec mit juristischen Schritten gegen diese Konsortialabsprache. Eine Klage unterblieb jedoch, weil Qualcomm Hoffnungen hegte, dass das eigene System auch eine Zulassung für die Maut-Abrechnung bekommen würde.
Zu den Verwicklungen um die Mauteinführung in Deutschland siehe auch:
- Verursacherbedingt verspätet -- Das "fortschrittlichste Mautsystem der Welt" und die Realität, c't 22/2003, S. 92, verfügbar im heise online-Kiosk
- Ausgebremste Automatik -- Das Kreuz mit der satellitengestützten Lkw-Maut, c't 21/2002, S. 60
- Speditionen sehen keinen Grund zur Verschiebung
- "Frühstart" der Maut in der Kritik
- LKW-Maut schafft vorübergehend Arbeitsplätze
- Unerwarteter Auslandsfehler
- Sperrminorität gegen einheitliche EU-Maut erfolgreich
- Toll Collect stottert ab
- Bremsklotz aus Brüssel
- Generalprobe vorzeitig gestartet
- Tanz um den Schadensersatz
- Der Start ist geregelt
- Gericht: Toll Collect klaute Kartendaten im Internet
- Schwarzer Peter gesucht
- Einbauwille mangelhaft
- CDU erwägt PKW-Maut
- Ein Tipp der Spediteure
- Probleme im Promillebereich
- Umfangreicher Aktionsplan läuft an
- Höhere Abgaben im Gespräch
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- Münchner Grüne wollen City-Maut mit RFID-Technologie
- Für PKW-Maut nur bedingt geeignet
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- "Neuer Maut-Plan ist realistischer"
- 2500 OBU pro Tag
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- Nach der Maut: Fahrtenschreiber schreiben nicht
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- Stolpe kündigt Toll Collect
- LKW-Maut oder Maut für alle
- Europpass lockt mit Go-Box für Deutschland
- Mautsystem in Österreich lief ohne Probleme an
- Die europäische Perspektive
- Von Österreich lernen
(Detlef Borchers) / (jk)