LKW-Maut: Härtetest bestanden

Die positiven Erfahrungen mit dem satellitengestützten Maut-System seien ein Desaster für alle Schwarzmaler, erklärte ein Sprecher des Verkehrsministeriums und erteilte gleichzeitig allen Forderungen nach einer PKW-Maut eine Absage.

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Von
  • Detlef Borchers

Nach Angaben des Maut-Betreibers Toll Collect hat das deutsche, satellitengestützte Maut-System für den Schwerlastverkehr ab 12 Tonnen Gesamtgewicht auch den wieder einsetzenden normalen Berufsverkehr ohne nennenswerte Probleme gemeistert. Während in der ersten Januarwoche bedingt durch die Weihnachtsferien, das russisch-orthodoxe Weihnachtsfest und die Produktionsferien in einigen Betrieben untypisch wenige LKW auf deutschen Autobahnen unterwegs waren, ist nun der Alltag eingekehrt, an dem tagtäglich bis zu 800.000 LKW unterwegs sind. Im Bundesverkehrsministerium hieß es, der Betrieb laufe nahezu reibungslos. Die positiven Erfahrungen seien ein Desaster für alle Schwarzmaler, erklärte ein Sprecher des Ministeriums -- der offenbar den Fehlstart der Maut vor 16 Monaten vergessen hatte.

Gleichzeitig erteilte der Ministeriumssprecher den Forderungen von CDU- und SPD-Politikern nach einer PKW-Maut eine Absage. In der Bild am Sonntag hatten mehrere Politiker eine PKW-Maut befürwortet, bei der "die Autofahrer für die tatsächliche Nutzung von Autobahnen bezahlen sollen", wie es SPD-Wirtschaftsfachmann Rainer Wend ausdrückte. In der CDU gehört der künftige baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger zu den stärksten Befürwortern der PKW-Maut. Die Zeitung hatte zu den Stellungnahmen der Politiker On Board Units (OBU) abgebildet und geschrieben, diese Geräte könnten ohne Probleme in PKW eingesetzt werden. Genau diese Übertragung der Technik wird angesichts 45 Millionen zugelassener PKW in Deutschland von Experten bezweifelt. Die Skalierbarkeit des Maut-Systems in diese Größenordnungen wird selbst bei Toll Collect bezweifelt. Allein für OBU-lose Fahrzeuge aus dem In- und Ausland müssten zudem mehrere Maut-Terminals an jeder Tankstelle installiert werden.

Unterdessen hat Toll Collect damit begonnen, die zusätzlich eingestellten Berater an den "betreuten Terminals" zu entlassen, an denen die Nachfrage nach Hilfe bei der Maut-Buchung zu gering ist. Als Entschädigung für die am Freitagabend bekannt gegebenen Kündigungen enthielten die eigentlich bis zum 15. Januar angestellten Berater einen Abschlag von 80 Euro. Die Beraterverträge sind so gestaltet, dass Toll Collect jederzeit kündigen kann. Größeren Beratungsbedarf gibt es allein an den Terminals im Osten Deutschlands; für russische Fahrer liegt eine Broschüre bereit, Russisch selbst als Sprache zur Bedienung wird von den Terminals nicht angeboten. In diesem Zusammenhang weist Toll Collect darauf hin, dass die Sprachauswahl der Software vom Bundesverkehrsministerium festgelegt worden ist.

Unterdessen nimmt nach Angaben von Toll Collect die Zahl der OBU-Bestellungen rasant zu. Bei nunmehr 334.000 installierten OBU hat sich der Maut-Betreiber zu einer Änderung der Einbauvorschriften entschlossen. Bislang konnte eine OBU nur von der Werkstatt ausgebaut werden, in der sie eingebaut wurde. Nun soll der Ein-, Aus- und Umbau in allen autorisierten Werkstätten möglich sein. Da die Stammdaten der ersten Generation von OBUs nicht über Funk geändert werden können, ist ein Ausbau immer dann notwendig, wenn sich beim LKW beispielsweise die Schadstoffklasse ändert. Mit der zweiten Generation und der Vollversion der Maut, die im Jahre 2006 erwartet wird, ist eine Änderung der Stammdaten ebenso wie der abgespeicherten Verzeichnisse bemauteter Strecken online möglich.

Zu den Verwicklungen um die Mauteinführung in Deutschland siehe auch:

  • Ausführliche Informationen zum aktuellen Stand des Toll-Collect-Systems bringt c't in der Ausgabe 02/05 (seit dem heutigen Montag, den 10. Januar, im Handel).

(Detlef Borchers) / (jk)