Smartcard-Preisträger kritisiert Planungen für die E-Patientenakte

Bruni Struif, Entwickler von zuverlässigen Chipkarten-Techniken und ehemals Leiter des jährlich stattfindenden Smartcard-Workshops, übte deutliche Kritik am Aufbau der Telematik-Infrastruktur für die elektronische Gesundheitskarte.

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Von
  • Detlef Borchers

Auf dem 17. SmartCard Workshop des Fraunhofer-Instituts Sichere Informations-Technologie (SIT) wurde Bruno Struif mit dem SmartCard-Preis 2007 ausgezeichnet. Struif erhielt den Preis für sein "Lebenswerk", der Entwicklung von zuverlässigen Chipkarten-Techniken, aber auch für die Einrichtung und Leitung des jährlich stattfindenden Smartcard-Workshops, die er erst im letzten Jahr abgegeben hatte. Auch an der Entwicklung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) hatte Struif maßgeblichen Anteil: Der Forscher, der bereits 1993 eine Gesundheitskarte entwickelt hatte, gilt als Miterfinder der Technik, wie sich Heilberufsausweis (HBA) und eGK gegenseitig authentifizieren.

Struif nutzte die Gelegenheit, um in seiner Preisrede unter dem Titel "eGK und Zugriff auf elektronische Patientenakten" deutliche Kritik am Aufbau der Telematik-Infrastruktur zu üben. Dabei analysierte er alle verfügbaren Dokumente zur Gesamtarchitektur der eGK im Hinblick auf das eigentliche Ziel des Unternehmens, den Aufbau einer elektronischen Patientenakte. Wie die Patientenakte funktionieren werde, sei bereits in Umrissen erkennbar, auch wenn noch wichtige Teile in den Spezifikationen fehlen würden, lautet Struifs Einschätzung.

Insbesondere analysierte Struif in seinem Vortrag das ObjectTicket-Verfahren für die Datenobjekte, die bei der elektronischen Patientenakte eine Rolle spielen. Struif zufolge leiden die technischen Vorgaben darunter, dass die Wahrnehmung der Patientenrechte bei der Erstellung und Verwaltung von Patientenakten nicht ausreichend stark verankert ist. Hier müsse die eGK als Sicherheitsinstrument eine viel größere Rolle spielen. So müsse der Patient mit seiner PIN der Erstellung von "Fachdienstobjekten" in der Patientenakte zustimmen können. Bislang soll der Patient nur zustimmen, wenn eine elektronische Patientenakte über ihn angelegt wird. Auf weitere PIN-Freischaltungen wurde aus Benutzbarkeitsgründen verzichtet. Diese Lösung ist für Struif ungenügend.

Auf dem zweitägigen SmartCard-Workshop mit zahlreichen Referaten rund um die Ausgestaltung zukünftiger Smartcards war die elektronische Gesundheitskarte Thema mehrerer Referate. Wolfgang Killmann von T-Systems stellte ein Konzept für die Stapel- und Komfortsignatur beim Heilberufsausweis vor. Damit sind Verfahren gemeint, bei denen der Arzt einen Stapel von Signaturen "auf Vorrat" in sein Praxissystem lädt, um schneller E-Rezepte signieren zu können. Bereits in den laufenden Feldtests zur Einführung der eGK, bei denen ab Mitte 2007 elektronische Rezepte ausgestellt werden sollen, wünschen sich Ärzte eine Möglichkeit, nicht jedes Rezept einzeln mit einer PIN-Eingabe unterschreiben zu müssen. Angedachte PIN-Alternativen, bei denen der Arzt etwa mit einem RFID-Chip am Armband oder mittels der Abgabe eines Fingerabdruckes die einzelne Signatur für ein Rezept auslöst, befinden sich noch in der Erprobung.

Jürgen Atrott von der TÜV Informationstechnik stellte die verschiedenen Lesegeräte für eGK und HBA vor. Dabei brach er eine Lanze für die MKT+ und MKT++-Terminals. Diese unterscheiden sich von den SICCT-Terminals vor allem dadurch, dass sie via USB- oder seriellem Anschluss an einen Praxis-PC angeschlossen sind und nicht direkt via LAN am zentralen Telematik-Connector hängen. Wenn der 10.000er-Feldtest vorüber ist, tritt die gesetzliche Bestimmung zum direkten LAN-Anschluss in Kraft. Dennoch können Atrott zufolge Terminals nach MKT++ wie aufgerüstete MKT+-Geräte auf Dauer in kleinen Praxen ohne LAN eingesetzt werden, die nur über einen Einzelplatz-PC verfügen.

Zur elektronischen Gesundheitskarte und der Reform des Gesundheitswesens siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)