Bundestagswahl 2021: So wollen die Parteien die Energie- & Verkehrswende stemmen

Vom Ausbau der Stromnetze und der E-Mobilität über die Zukunft der Verbrenner und den Einsatz von Wasserstoff – die künftige Regierung muss sich viel vornehmen.

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(Bild: metamorworks / Shutterstock.com)

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Es ist nicht mehr lange hin: Am Sonntag, den 26. September, wird der neue Bundestag gewählt – und damit auch eine neue Bundeskanzlerin oder ein neuer Bundeskanzler, denn Angela Merkel tritt nicht mehr für die CDU/CSU an. In den nächsten Monaten und Jahren stehen entscheidende Weichenstellungen nicht nur für die Zukunft Deutschlands, sondern auch Europas und der Welt insgesamt an. Digitalisierung der Berufswelt und des kompletten Alltags beschäftigen die Menschen; und der Klimawandel – der nicht kommt, sondern längst da ist - erfordert einschneidende Maßnahmen, um nur zwei wichtige Themen zu nennen. heise online untersucht in einer neunteiligen Serie die Wahlprogramme der Parteien anhand der wichtigsten Themenfelder; im Anschluss wird eine Interviewserie mit den für Netzpolitik zuständigen Parteivertretern dies noch vertiefen. Bisher erschienen:

Mit Druck vom Bundesverfassungsgericht konnte sich die Große Koalition am Ende der Legislaturperiode noch durchringen, das Klimaschutzgesetz zu verschärfen. Die Treibhausgasemissionen müssen so bis 2040 um 88 Prozent sinken, die Bundesrepublik bis 2045 klimaneutral werden. Welche Maßnahmen dazu führen sollen, ließ Schwarz-Rot aber offen. Welche Schwerpunkte wollen die Parteien bei der Energie- und Verkehrswende sowie beim Klimaschutz legen?

Im Kampf gegen den Klimawandel wollen CDU und CSU "auf Ideen statt Verbote" sowie "Offenheit statt Abschottung" setzen. Der mit der ersten Version des Klimaschutzgesetzes eingeführte CO2-Preis soll nun doch schneller steigen, so schnell wie möglich ein europäischer Emissionshandel für Mobilität und Wärme eingeführt werden. Die Einnahmen werden dem Programm zufolge (EEG) in vollem Umfang an Bürger und an Betriebe durch "Stromverbilligung" zurückgeben. Als erstes wollen die Konservativen so die Umlage aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abschaffen. Investitionen in Klimatechnologien und Energieeffizienz zur CO2-Reduktion sollen zudem steuerlich besser abgesetzt werden können.

"Wir werden den Ausbau der Erneuerbaren Energien entscheidend voranbringen", geloben die Schwesterparteien. Nur so werde die Energiewende in allen Bereichen gelingen, nur so könnten die Pariser Klimaziele erreicht werden. Zum angestrebten intelligenten und diversifizierten Strommix "gehört die Energiegewinnung aus Sonne und Wind genauso wie nachhaltige Biomasse, Wasserkraft und Geothermie im ländlichen Raum". Entscheidend sei die Akzeptanz der Bevölkerung ebenso wie Planungssicherheit und wenig Bürokratie.

Mit einem "Sonnenpaket" wollen CDU und CSU den Ausbau der Photovoltaik fördern. Genehmigungsverfahren für Anlagen sollen einfach über eine Online-Plattform erteilt werden. Auch der "naturverträgliche Ausbau von Wind onshore und offshore sowie das Repowering" bestehender Anlagen wird dem Plan nach beflügelt. Nötig seien Energiespeicher, um die Schwankungen der Erneuerbaren auszugleichen, sowie weitere Stromleitungen. Diese sollen "klug gebündelt und anwohnerverträglich realisiert werden". Der Strompreis müsse angesichts des "stark steigenden Energiebedarfs" sinken.

Der Union schwebt ferner vor, Deutschland "zum Wasserstoff-Land Nr. 1" zu machen. Bedeutende industrielle Prozesse etwa in der Stahl- und Zementfertigung, ließen sich nur mit H2 klimaneutral gestalten. Auch im Bereich der Mobilität "können wir durch den Einsatz von Wasserstoff erheblich zur Reduzierung von CO2 beitragen". Der Fokus soll hier "kurz- und mittelfristig" auf dem Lkw- und Schiffsverkehr liegen. Deshalb gelte es nun, "die umfassende Wertschöpfungskette zur Wasserstofferzeugung inklusive der erforderlichen Netzinfrastruktur aufzubauen". Neben dem grünen, mithilfe der Erneuerbaren produziertem Wasserstoff werde man dafür in der Übergangszeit auch blauen, aus Erdgas hergestellten Wasserstoff akzeptieren. Dieser Ansatz ist umstritten.

Im Bereich Fortbewegung fordern die beiden Parteien "Vorfahrt für intelligente Mobilität". Eine starke Schiene und der öffentliche Personennahverkehr seien hier "ein bedeutender Faktor für die Dekarbonisierung". Um das Stauaufkommen auf den Autobahnen zu reduzieren und Klimaziele zu erreichen, soll mehr Güterverkehr von der Straße auf die Schiene und auf die Wasserstraße verlagert werden.

Zugleich wollen CDU und CSU den Automobilstandort Deutschland sichern. In der Bundesrepublik müssten weiterhin "die besten Autos der Welt produziert werden – und zwar mit allen Antriebsformen". Ein Aus für Benziner und Diesel zu einem fixen Zeitpunkt strebt die Union nicht an. Immer mehr hiesige Autobauer kündigten von sich aus an, aus der Produktion von Verbrennungsmotoren auszusteigen. Man werde daher "den Umstieg in emissionsfreie Mobilität für alle attraktiv gestalten und dazu einen Fahrplan vorlegen".

Neben der Elektromobilität setzen die Konservativen auch auf synthetische Kraftstoffe ("E-Fuels") im Straßenverkehr und wollen diese – wie auch Wasserstoff – perspektivisch unter anderem im Lkw-Bereich verwenden. "Ein Dieselfahrverbot lehnen wir ebenso ab wie ein generelles Tempolimit auf Autobahnen", lautet eine andere Ansage. "Stattdessen setzen wir auf innovative, moderne Verkehrssteuerung."

Für den weiteren Ausbau des elektrifizierten Verkehrs ist laut dem Programm der Ausbau der Ladeinfrastruktur entscheidend. Um diesen zu beschleunigen, sollen Stromzapfpunkte künftig in alle gewerblichen und öffentlichen Neubauimmobilien integriert und Parkhäuser einbezogen werden. Schnellladesäulen müssten bundesweit im Fernverkehr möglichst innerhalb von zehn Minuten erreicht werden können. Zudem sollen das Bezahlsystem sowie die Anschlüsse vereinfacht und standardisiert werden.

CDU und CSU liegen die "positiven Aspekte des Fliegens und die Innovationskraft der Luftfahrt" am Herzen. Letzterer wollen sie als Schlüsseltechnologie gezielt unter die Arme greifen. Die Entwicklung von Flugtaxis sei zwar "noch eine Vision für die Zukunft", werde aber "zunehmend realistischer". Allgemein will das Duo ein nationales Klimaanpassungsgesetz zur Daseins- und Zukunftsvorsorge einbringen, "um den Folgen des Klimawandels in der Stadt, auf dem Land sowie an den Küsten, Meeren und in den Bergen zu begegnen".