Poker um eine Zukunft für Qimonda

Nachdem Infineon die Bedingungen der sächsischen Landeregierung für ein gemeinsames Rettungspaket abgelehnt hat, wird über die Zukunft des Dresdner Speicherchipherstellers wohl weiter am runden Tisch verhandelt.

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Von
  • Gudrun Janicke
  • dpa

Als Helfer in der Not wollte der Freistaat Sachsen dem angeschlagenen Speicherchiphersteller Qimonda in Dresden unter die Arme greifen. Das Vorweihnachtsgeschenk in Höhe von 150 Millionen Euro als Darlehen war jedoch mit Bedingungen verknüpft: Die gleiche Summe sollte die Konzernmutter Infineon für ihre Tochter aufbringen. Am Dienstagabend lehnte Infineon das quasi auf dem Silbertablett servierte Angebot nach Stunden des Schweigens ab. Das Pokerspiel geht in eine neue Runde – vermutlich um neue Konditionen.

Denn eigentlich können sich weder Sachsen noch der klamme DAX-Konzern aus München eine Pleite von Qimonda leisten. Analysten fürchten, die Insolvenz könnte Infineon womöglich teurer kommen als eine mögliche Finanzspritze. Und Sachsen steht vor dem Problem, dass das Dresdner Werk das Rückgrat des sogenannten Silicon Saxony bildet, der High-Tech-Region mit etwa 1200 Firmen der Halbleiter-, IT- und Kommunikationsbranche. Eine Insolvenz des Werkes mit derzeit rund 3000 Mitarbeitern könnte ungeahnte Sogwirkung auf den Standort Sachsen haben. Gehen bei Qimonda – einem der Leuchttürme der Region – die Lichter aus, sind weitere tausende Arbeitsplätze bedroht.

Sachsen will Qimonda also im Freistaat halten – wenn auch nicht um jeden Preis, wie Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) betonte. Die Bedingungen, unter denen diese Kreditlinie gewährt werde, seien klipp und klar formuliert worden. Der Freistaat würde es bedauern, wenn die helfende Hand aus Sachsen ausgeschlagen werde. Bei Infineon, das nach wie vor 77,5 Prozent an Qimonda hält, wird das offenbar anders gesehen. "Wir sind mit dem Angebot an die Grenze der noch vertretbaren Belastungen gegangen", teilte der Konzern mit. Die Bedingung übersteige bei weitem die Möglichkeiten von Infineon.

Den Münchnern schwebte ein Verkauf der mittlerweile nahezu wertlosen Qimonda-Aktien an den Freistaat vor. Der Erlös sollte zusammen mit einem eigenen Beitrag an Qimonda gehen – als Kredit wohlgemerkt. Tillich reagierte am Abend entsprechend sauer: "Wer aus Steuergeldern unternehmerische Hilfe erwartet, muss einen eigenen substanziellen und nachhaltigen Beitrag leisten", ließ er mitteilen. Bereits zuvor war der Unternehmensspitze wiederholt vorgeworfen worden, sich zu wenig für die Rettung der Tochter Qimonda zu engagieren.

Seit mehr als einem Jahr liegen die Preise für Speicherchips am Boden, übersteigt das Angebot den Bedarf doch bei weitem. Sachsen setzt bei Qimonda auf das Prinzip Hoffnung. In dem Werk ist eine neue Fertigungstechnologie entwickelt worden, mit der Boden auf einem schwierigen Markt wettgemacht werden soll. Unabhängige Gutachter hatten der Landesregierung bestätigt, dass die Technologie ein Pfund im weltweiten Konkurrenzkampf auf dem Speichermarkt ist. Dazu werden die hochqualifizierten Fachleute in dem Werk geschätzt.

Seit Sommer war an der Elbe hinter den Kulissen fieberhaft an einer Lösung für das Dresdner Werk gearbeitet worden. Der Chip-Hersteller AMD hatte da mehr Glück. Die Auswirkungen der weltweiten Halbleiterbranche hatte auch er zu spüren bekommen: der geplante Ausbau von Werken in Dresden wurde nicht mit voller Kraft forciert, über eine Auslagerung der Produktion war gemunkelt worden. Mit einer Milliarden-Finanzspritze stieg dann ein Investor aus Abu Dhabi ein und verschaffte dem Dresdner Werk eine Perspektive. Künftig sollen hier Chips auch für andere Kunden gefertigt werden.

Für Qimonda zeigte sich bislang kein Retter. Dem Freistaat blieben nur zwei Wege offen: entweder, er trägt mehr als ein Scherflein dazu bei, damit die Technologie im Land bleibt, oder Qimonda zieht in den Bankrott. Die nun angekündigte Hilfe könnte Begehrlichkeiten anderer Branchen wecken. Kritiker staatlicher Unterstützung befürchten, dass etwa auch die Automobilzulieferer oder der Maschinenbau Forderungen stellen.

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(Gudrun Janicke, dpa) / (vbr)