Gewerkschaft fordert personellen Neuanfang bei Siemens

Das "Prinzip Inzucht" solle mit unbelasteten Managern von außen aufgebrochen werden, fordert die IG Metall und knüpft die Vertragsverlängerung von Siemens-Chef Kleinfeld an das Schicksal von VDO.

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Nach dem Rücktritt von Siemens-Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer fordert die IG Metall einen personellen Neuanfang mit externen Managern an der Spitze des Konzerns. Gleichzeitig stellt die Gewerkschaft die Vertragsverlängerung für Vorstandschef Klaus Kleinfeld bei einem Verkauf oder Börsengang der Verkehrstechnik-Sparte VDO in Frage. "Wir halten eine Reihe von Entscheidungen Kleinfelds für strategisch falsch, wie zum Beispiel der Rückzug bei Siemens VDO", sagte der Chef der IG Metall Bayern, Werner Neugebauer, der Wirtschaftszeitung Euro am Sonntag (kommende Ausgabe). "Deshalb wird die Lösung dieser Fragen in einem engen Zusammenhang mit den Vertragsverlängerungen von Herrn Kleinfeld und anderer Vorstandsmitglieder stehen."

Der Siemens-Aufsichtsrat will sich auf seiner nächsten Sitzung am 25. April, die erstmals vom designierten Aufsichtsratschef Gerhard Cromme geleitet werden soll, mit den Personalien befassen und gleichzeitig über die Zukunft der VDO beraten. Die IG Metall will auch das Thema Korruptionsaffäre zur Sprache bringen, "schließlich stehen auch noch andere Verträge zur Verlängerung an", sagte Neugebauer der Wirtschaftszeitung. "Hier stellt sich die Frage: Läuft es nach dem Prinzip Inzucht weiter, oder sollte nicht besser ein personeller Neuanfang gewagt werden, der aus meiner Sicht dringend nötig ist. Das heißt mit externen Managern, die nicht aus dem System Siemens hervorgegangen sind."

Die Gewerkschaft befürchtet, das allein bei Siemens VDO zwischen 4000 und 5000 der insgesamt 20.000 Stellen in Deutschland wegfallen könnten. "Unabhängig davon, ob der Bereich verkauft oder an die Börse gebracht wird, ob ein Finanzinvestor einsteigt oder der Reifenhersteller Conti", sagte Neugebauer.

Unterdessen hat sich Pierer mit einem Schreiben von den Siemens-Mitarbeitern verabschiedet. Darin zeigt er sich "betroffen" von der "prekären Situation", in die Siemens trotz des wirtschaftlichen Erfolgs geraten sei. "Betroffen" ist Pierer aber auch über die "pauschalen Vorverurteilungen", die "ohne Rücksicht auf die Faktenlage" erfolgt seien. Bei dem Vorgehen der Behörden gegen Siemens-Mitarbeiter bezweifelt der Ex-Aufsichtsratschef die "Verhältnismäßigkeit der Mittel".

In Pierers Zeit als Vorstandschef war im Konzern das das System schwarzer Kassen aufgebaut worden, in dem eine dreistellige Millionensumme für Schmiergeldzahlungen um Ausland verschwunden sein soll. Zudem steht der Konzern im Verdacht, die unternehmerfreundliche Arbeitnehmerorganisation AUB mit Millionenzahlungen geschmiert zu haben. Hinsichtlich der Frage nach Pierer Verantwortung bezweifelte Neugebauer gegenüber der dpa, dass hunderte Millionen Euro am Vorstand vorbei verschoben werden könnten. "Wenn dies aber doch der Fall sein sollte, dann würde ich sagen, im Vergleich zum Siemens-Vorstand ist eine Bananenrepublik eine transparente Einrichtung".

Siehe zur Siemens-Affäre auch: