Siemens-Chef beteuert Unwissenheit

Von Pierer erklärt, er sei nicht aus dem Amt gedrängt worden und sein Rücktritt sei kein Eingeständnis einer Mitschuld am Schmiergeldskandal.

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  • dpa

Siemens-Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer will seinen angekündigten Rücktritt nicht als Eingeständnis einer Mitschuld am Schmiergeldskandal verstanden wissen. "Ich habe nichts von den besagten Zahlungen und Verträgen gewusst", erklärte von Pierer am Samstag in München. Er betonte im Gespräch mit der Welt am Sonntag, es habe in den vergangenen Tagen viele Gespräche mit Aufsichtsräten gegeben. "Aber niemand hat mich aus dem Amt gedrängt." Dagegen sagte ein Siemens-Aufsichtsrat dem Focus: "Der Druck war so stark geworden, dass wir handeln mussten."

Unterdessen werden Forderungen an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lauter, sich von dem Manager als Wirtschaftsberater zu trennen. SPD-Fraktionsvize Klaas Hübner sagte der Zeitung Die Welt: "Herr von Pierer muss sein Amt als Wirtschaftsberater der Regierung niederlegen. Tut er das nicht, sollte die Kanzlerin dafür sorgen." Merkel hatte am vergangenen Freitag erklären lassen, sie setze weiter auf von Pierers Rat. Von Pierer leitet den Innovationsrat und hatte schon die Vorgängerregierung beraten.

Auch die FDP kritisiert, dass Merkel die Beraterdienste weiter in Anspruch nehmen will. Von Pierer sei als Aufsichtsratschef auch zurückgetreten, um seine Firma vor weiteren schädlichen Debatten zu bewahren, sagte der stellvertretende FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle der Berliner Zeitung. "Deshalb hätten sicher viele Verständnis, wenn er aus gleichen Motiven seine Beratertätigkeit für die Bundeskanzlerin ruhen lassen würde."

Von Pierer beteuerte erneut, dass er weder von dem System schwarzer Kassen bei Com, noch von den Zahlungen an den Gründer der Arbeitnehmervertretung AUB Wilhelm Schelsky etwas gewusst habe. Die Süddeutsche Zeitung berichtete dagegen, von Pierer solle bei einer Aufsichtsratssitzung früh von dem Vorwurf erfahren haben, Siemens unterstütze die AUB finanziell als Gegenorganisation zur IG Metall. Dies lege das Protokoll einer Aufsichtsratssitzung vom 10. Dezember 1997 nahe. Von Pierer ließ eine Kenntnis dementieren.

Im Skandal um die Zahlungen an die AUB wurden neue Details bekannt. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth gehe inzwischen davon aus, dass Siemens von 1991 an verdeckt 50 Millionen Euro investiert habe, um die AUB als Gegenstück zur IG Metall aufzubauen, berichtete die SZ. Die Initiative zum Ausbau der AUB sei direkt vom Siemens-Vorstand ausgegangen.

Siehe zur Siemens-Affäre auch:

(dpa) / (ad)