DIHK: "Regulierungsferien" für VDSL-Netz der Telekom schaffen Rechtsunsicherheit

"Wir laufen sehenden Auges in ein von der EU angestrengtes Vertragsverletzungsverfahren", hieß es beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag zur geplanten Herausnahme des neuen Glasfaserneztes der Telekom aus der Regulierung.

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Von
  • Monika Ermert

Aus Sicht des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) werden die vom Bundesrat beschlossenen so genannten "Regulierungsferien" für das VDSL-Netz der Deutschen Telekom auf Jahre für Rechtsunsicherheit sorgen. "Wir laufen sehenden Auges in ein von der EU angestrengtes Vertragsverletzungsverfahren", sagt Katrin Sobania, für Telekommunukation, neue Medien und die Informationsgesellschaft zuständige Referatsleiterin beim DIHK. "Ein solches Verfahren zieht sich über Jahre hin." Für die Unternehmen, die auf das Netz wollten, bestehe damit eine große Unsicherheit über die Nutzung dieses Netzes. Vertragsverhandlungen mit der DTAG liefen laut Informationen anderer Verbände "nicht so gut", meinte Sobania. Auch Telefonica hatte von einem Rückschlag für die Branche durch die Entscheidung gesprochen.

Die Bundesregierung möchte erreichen, dass der Altmonopolist mit dem neuen Glasfasernetz, das VDSL-Anschlüsse bei Endkunden mit bis zu 50 MBit/s ermöglicht, unbeschadet von Preisauflagen und Öffnungsklauseln für Konkurrenten in den Markt gehen darf. Die entsprechende Klausel sieht vor, "neue Märkte" im Netzbereich und die in sie fließenden Investitionen vor Wettbewerbern erst einmal abzuschotten. Konkurrenten sollen die ausgebaute Datenautobahn im Gegensatz zu den normalen Festnetzleitungen für einen gewissen Zeitraum nicht befahren und ihren eigenen Kunden zur Verfügung stellen dürfen. Ob das VDSL-Netz der Telekom wirklich neuartig ist, bleibt allerdings umstritten. Zahlreiche Wettbewerber sind schließlich schon dabei, ihre Netze ebenfalls für die Übertragung auch audiovisueller Inhalte in hoher Qualität aufzurüsten. Auch aus Sicht der Opposition im Bundestag sind die Pläne der Bundesregierung "wettbewerbsfeindlich".

Aus Sicht der DIHK-Juristin ist unverständlich, dass der Bundesrat sich in seiner Entscheidung vor einer Woche nicht dem Kompromissvorschlag des Wirtschaftsausschusses angeschlossen hat. Dieser hatte empfohlen, aus dem Paragraphen 9 a des Entwurfs zum neuen Telekommunikationsgesetz mindestens das Wort "langfristig" zu streichen. In der Schlüsselpassage des Paragraphen heißt es, die Regulierung eines "neuen Marktes" solle nur erfolgen, wenn der "nachhaltige" Wettbewerb langfristig in Gefahr zu geraten droht. "Wenn man sagt, es darf nur regulatorisch eingegriffen werden, wenn der Wettbewerb langfristig behindert wird, bedeutet das ja, kurzfristig darf er eingeschränkt sein", kommentierte Sobania. Die EU-Kommission, die mehrfach deutlich kundgetan habe, dass sie "Regulierungsferien" nicht akzeptieren werde, hätte sich nach Einschätzung von Sobania auf diese Version eingelassen. Ein Vertragsverletzungsverfahren hätte damit verhindert werden können.

Doch auch Gespräche von zehn Landesarbeitsgemeinschaften des DIHK mit den Ministerpräsidenten im Vorfeld der Abstimmung hätten nichts gefruchtet, am Ende habe die Telekom mit ihrem Kurs die Oberhand behalten: Die Ministerpräsidenten der Länder hätten sich an die Vorgabe aus dem Koalitionsvertrag gehalten. Darin war die Nicht-Regulierung neuer Märkte festgeschrieben worden. Als "echten Politkrimi" bezeichnete Sobania die Debatten im Vorfeld der Entscheidung des Bundesrates. Auch die Telekom habe noch einmal erhebliche Lobbyanstrengungen entfaltet.

"Die Entscheidung sorgt auch für Inkonsistenz zwischen dem Postbereich, wo voll auf Wettbewerb gesetzt wird, und dem Telekommunikationsbereich", zog Sobania ein vorläufiges Fazit. In seiner schriftlichen Stellungnahme hatte der DIHK auch bemängelt: "Offenbar fällt es regulatorisch schwer, in der Fortentwicklung des Breitband-Netzes schon einen neuen Markt zu sehen. Solange das Netz der DT AG Vorleistung für die Wettbewerber ist, können diese nicht über eine Fiktion aus dem Netz verdrängt werden". Ihr Verband werde vor der anstehenden Behandlung des Gesetzentwurfs im Parlament weiter dafür werben, durch die Kompromissformulierung wenigstens eine EU-konforme Regelung zu schaffen, ergänzte Sobania.

Zur Auseinandersetzung um die Telekommunikationsregulierung und das geplante VDSL-Netz der Deutschen Telekom siehe auch:

(Monika Ermert) / (jk)