Nokia hat Zusagen um mehr als 300 Stellen unterschritten

Nach den bisher vorliegenden Prüfergebnissen hat der Nokia die Zahl der im Gegenzug für Landessubventionen zugesagten Vollzeitarbeitsplätze deutlich unterschritten.

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Der Nokia-Konzern hat die Zahl der im Gegenzug für Landessubventionen zugesagten Vollzeitarbeitsplätze deutlich unterschritten. Nach den bisher vorliegenden Prüfergebnissen ist das Soll von 2860 Arbeitsplätzen im Jahr 2002 um 318, im Jahr 2003 um 368 und im Jahr 2004 um 347 unterschritten worden. Der Sprecher des NRW-Wirtschaftsministeriums bestätigte heute laut dpa einen entsprechenden Bericht der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ). Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) hatte die Prüfung in Auftrag gegeben, um gegebenenfalls Landes-Subvention zurückfordern zu können.

Ungereimtheiten sollen auch bei der landeseigenen NRW-Bank aufgetaucht sein, die für die Kontrolle der Zusagen zuständig ist. Nach Informationen der WAZ geht die Innenrevision der NRW-Bank der Frage nach, weshalb erst jetzt, fast eineinhalb Jahre nach Auslaufen der Bindungsfrist, eine Überprüfung stattfindet. In diesem Fall will sich das Ministerium erst äußern, wenn die Bank eine schriftliche Stellungnahme abgegeben habe, sagte der Sprecher.

Thoben forderte in der Zeitung den Nokia-Chef Kallasvuo auf, die zugesagten Gespräche mit dem Betriebsrat unverzüglich aufzunehmen. "Ich habe absolut kein Verständnis dafür, dass die Nokia-Führung noch keinen Kontakt zum Betriebsrat aufgenommen hat", so Thoben. "Ich erwarte, dass das schnell passiert."

Derweil wurde heute bekannt, dass Nokia für die nächsten 30 Jahre an seinem neuen Standort im rumänischen Jucu bei Cluj die Immobiliensteuer erlassen wird. Falls die Finnen vor dieser Frist den Standort verließen, müssten sie diese Steuern für Grundstück und Fabrikhallen rückwirkend zurückbezahlen. Das erklärte heute laut dpa der Direktor der Industriepark-Gesellschaft Tetarom, Viorel Gavrea, zu der auch das Nokia-Gelände gehört.

Die Vereinbarung solle in zwei Monaten in einem Vertrag mit den rumänischen Behörden festgehalten werden, sagte Gavrea weiter. Alle anderen Investoren, die sich dort niederlassen, sollen diese Vergünstigung ebenfalls erhalten. Nokia will nach Jucu die Handy- Produktion aus Bochum verlagern, was in Deutschland für heftige Kritik sorgt.

Die Immobiliensteuer wird ausschließlich von den Kommunen festgesetzt und erhoben. In Jucu beträgt diese 1,0 Prozent des Werts der Immobilie. Die Profitsteuer, die zentral aus Bukarest erhoben wird, müsse Nokia aber bezahlen, hatten die Behörden bisher erklärt. Sie liegt in Rumänien einheitlich bei 16 Prozent.

Mit dem in zwei Monaten zu unterzeichnenden Vertrag bekomme das Gelände in Jucu auch den offiziellen Status eines Industrieparks, sagte Gavrea. Auf dem 159 Hektar großen Gelände besetzt Nokia 90 Hektar. Vier Nokia-Zulieferer wollen sich ebenfalls dort niederlassen. Tetarom will diesen Industriepark demnächst um 170 Hektar vergrößern und damit mehr als verdoppeln.

Mit unkonventionellen Methoden versuchen Theatermacher und Musiker die Arbeiter des von der Schließung bedrohten Bochumer Nokia-Werks zu unterstützen. Im Foyer des Bochumer Schauspielhauses hat Intendant Elmar Goerden dazu eine "Nokia-Tonne" aufstellen lassen. Binnen einer Woche hätten etwa 20 Theaterbesucher aus Verärgerung über das finnische Unternehmen nach der Vorstellung dort ihre Handys hineingeworfen, sagte ein Theatersprecher am Donnerstag. Die gesammelten Handys würden direkt an die Konzernzentrale nach Finnland geschickt.

Bereits gut 1000 Bühnenfreunde hätten die blau-weißen Postkarten des Theaters "Nokia muss in Bochum bleiben" mit ihren Argumenten für den Erhalt des Standortes ausgefüllt, sagte der Sprecher des Schauspiels der Ruhrgebietsstadt. Die an Nokia-Vorstandsvorsitzenden Olli-Pekka Kallasvuo persönlich adressierten Postkarten werde die Bochumer Bühne nach Finnland weiterleiten. Als Zeichen der Solidarität hatte das Schauspielhaus Bochum bereits kürzlich bei einer Großdemonstration einen musikalischen Beitrag beigesteuert.

Auch die Bochumer Symphoniker planen für Samstag ein Konzert für die Handy-Arbeiter. Der Eintritt zu dem einstündigen Konzert mit Opern- und Ballettmelodien sei zwar frei, sagte eine Sprecherin der Symphoniker: "Wir freuen uns aber über Spenden für zukünftige Aktionen des Nokia-Betriebsrates."

Zur geplanten Schließung des Nokia-Werks in Bochum siehe auch: