Gezerre ums Handy-TV in Deutschland
Die von einer Arbeitsgruppe der Landesmedienanstalten ausgesprochene Empfehlung für einen Plattformbetreiber stößt auf Kritik unterlegener Bewerber und des Verbandes der privaten Rundfunkanbieter VPRT.
Die Landesmedienanstalten wollen auf die Tube drücken beim Handy-TV. Doch mit der Anfang der Woche ausgesprochenen Empfehlung der Gemeinsamen Stelle Programm, Werbung und Medienkompetenz der Medienanstalten für den Bewerber Mobiles Fernsehen Deutschland (MFD) aus Düsseldorf hat man sich gleich geharnischte Kritik eingefangen. Mitbewerber Walk'n Watch aus Grünwald bei München kritisierte die Empfehlung im laufenden Verfahren als "völlig unverständlich." Noch sind die Ausschreibungsverfahren in Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein nicht abgeschlossen. Die Empfehlung für MFD war "vorbehaltlich einer neuen Sachlage" ausgesprochen worden. Möglichst noch zur Fußball-WM sollte wenigstens in einzelnen WM-Städten ein Handy-TV-Angebot auf Sendung gehen.
Walk'n Watch-Geschäftsführer Raimund König betonte in einer eilig verbreiteten Pressemitteilung, die Empfehlung sei weder inhaltlich noch formell bindend. Im übrigen würden die Weichen falsch gestellt, wenn man auf ein Abo-Konzept mit teuren Premiumrechten setze. Das Geschäftsmodell der MFD setzt auf ein Subskriptionsmodell für eine Gebühr unter 10 Euro, Walk'n Watch dagegen auf ein "Free-TV-Konzept" mit Einnahmen aus interaktiven Zusatzdiensten und Angeboten.
Grundsätzlichere Kritik kam heute auch vom Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation e. V. (VPRT). Der Verband hält die Art der Ausschreibung der DMB-Frequenzen für problematisch. Man habe nichts gegen einen speziellen Plattformbetreiber, also MFD. Vielmehr seien dessen Rolle unklar, sagte VPRT-Sprecher Hartmut Schultz. Vor der Vergabe müssten wichtige medien- und telekommunikationsrechtliche Fragen zur Vergabe von Übertragungskapazitäten an Programmanbieter oder Plattformbetreiber geklärt werden. Es sei unklar, ob nach dem jeweiligen Landesrecht überhaupt terrestrische Frequenzen an einen "Plattformbetreiber" zugewiesen werden dürfen, heißt es in der Presseerklärung des Verbands.
Die Kritik zielt im wesentlichen darauf, dass dem Plattformbetreiber keine medienrechtlichen Auflagen zur Verbreitung der Rundfunkprogramme gemacht werden. In klassischen Rundfunknetzen gibt es ein abgezirkeltes Regime sogenannter Must-Carry-Regeln. Der VPRT möchte diese medienrechtlichen Fragen erst geklärt haben. Ein künstlich erzeugter Zeitdruck könnte, so seine Warnung, zu einer "irreversiblen Schieflage im Marktgefüge zwischen Rundfunk- und Telekommunikationsanbietern führen". Allerdings wäre ein rascher Start von Handy-TV in Frage gestellt, wenn sich, wie gefordert, Unternehmen, Landesmedienananstalten und Länder zunächst auf die medienrechtlichen Eckpunkte verständigen müssten.
Der Frage des künftigen DMB- und DVB-H-Marktes widmete sich heute in Brüssel auch ein Workshop der EU-Kommission mit Vertretern von TK-Unternehmen, Hardwareherstellern und Rundfunkanstalten. Aus Sicht der EU besteht vor allem bei der Frage nach europaweit einheitlichen Frequenzen fürs Handy-TV Handlungsbedarf. In Deutschland droht die Entwicklung auseinanderzulaufen, weil einzelne Bundesländer bereits DVB-H-Frequenzen ausgeschrieben haben, während andere derzeit keine Kapazitäten dafür besitzen. Der VPRT warnte in diesem Zusammenhang vor der Einführung von terrestrischem DMB-T durch die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. Diese Kapazitäten fehlten den Privatsendern später bei der Nutzung für DVB-H.
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(Monika Ermert) (ssu)