EU droht erneut mit Klage wegen Glasfasernetz der Telekom

Die Kommission halte die Absicht, das Glasfasernetz der Telekom, mit dem sie VDSL-Anschlüsse beim Endkunden realisert, für befristete Zeit von der EU-Regulierung auszunehmen, nach wie vor für einen Verstoß gegen EU-Recht, sagte ein Kommissionssprecher.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die EU-Kommission hat der Bundesregierung erneut mit einer Klage gegen das neue Telekommunikationsgesetz gedroht. Die Kommission halte die Absicht, das Glasfasernetz der Deutschen Telekom für befristete Zeit von der EU-Regulierung auszunehmen und damit vor Konkurrenz zu schützen, nach wie vor für einen Verstoß gegen EU-Recht, sagte ein Sprecher der Behörde. "Wir hoffen, dass die deutschen Parlamentarier erkennen werden, dass auch die deutsche Wirtschaft von Wettbewerb und offenen Märkten profitieren würde, und dieses Gesetz nicht in der vorliegenden Form beschließen."

Über die so genannten Regulierungsferien für das Glasfasernetz der Telekom, mit dem der Konzern VDSL-Anschlüsse beim Endkunden mit bis zu 50 MBit/s anbieten kann, gibt es in Deutschland und zwischen der Bundesregierung und der EU seit einiger Zeit heftigen Streit. Die Bundesregierung will bei der Neuauflage des Telekommunikationsgesetzes (TKG) das neue Netz der Telekom für eine gewisse Zeit aus der Regulierung ausnehmen und damit der Konkurrenz verschließen mit der Begründung, dadurch Innovation und Investition in neue Infrastrukturen zu fördern. Die umkämpfte Klausel im neuen Telekommunikationsgesetz sieht vor, "neue Märkte" im Netzbereich und die in sie fließenden Investitionen vor Konkurrenten erst einmal abzuschotten; Wettbewerber sollen die ausgebaute Datenautobahn im Gegensatz zu den normalen Festnetzleitungen für einen gewissen Zeitraum nicht befahren und ihren eigenen Kunden zur Verfügung stellen dürfen.

Diese bereits im Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot festgehaltene Regelung stieß von Anfang auf heftige Kritik der Konkurrenz. Vor kurzem erst hatte auch die Opposition Widerstand angekündigt; bei einer Anhörung zu den geplanten Regulierungsferien waren sich Experten nicht einig, ob die Herausnahme des VDSL-Netzes der Telekom ahs der Regulierung die Wettbewerbssituation auf dem deutschen Markt verschlechtern würde oder ob sie aus wirtschaftlichen sowie rechtlichen Gesichtspunkten geboten sei. Die EU-Kommission hatte das Vorhaben der Bundesregierung schon in einem frühen Stadium kritisiert und bereits den Koalitionsvertrag moniert.

Der Sprecher der EU-Kommission nahm laut dpa nun zu Medienberichten Stellung, wonach in einem Papier des Bundeswirtschaftsministeriums und dessen Staatssekretärs Bernd Pfaffenbach erhebliche Differenzen zwischen der künftigen deutschen EU-Ratspräsidentschaft und der Kommission deutlich würden.

"Wir sehen, dass trotz der vielen bilateralen Gespräche Herr Pfaffenbach mitgeteilt hat, die Bundesregierung wolle ihren Gesetzentwurf um kein Jota ändern", sagte der Sprecher in Brüssel. "Es ist wohlbekannt, dass wir ernste Bedenken gegen den Entwurf haben. Die Kommission teilt nicht die Auffassung, dass Wettbewerb der Feind von Investitionen ist." Die Kommission habe mehrfach erklärt, dass sie als "Hüterin der EU-Verträge" gegen jedes Gesetz vorgehen werde, das mit geltendem Recht unvereinbar sei. "Wir würden es bedauern, wenn die Bundesregierung die Kommentare und Erwägungen der Kommission, die wir der Regierung gegeben haben, nicht berücksichtigte. Denn dann würde ein Vertragsverletzungsverfahren unvermeidbar werden."

Zur Auseinandersetzung um die Telekommunikationsregulierung und das geplante VDSL-Netz der Deutschen Telekom siehe auch: