Infineon bereitet sich auf Millionenlasten vor

Sachsens Regierung will nach der Insolvenz der Infineon-Speicherchip-Tochter Qimonda einem künftigen Investor finanziell helfen. Die IG Metall wirft dem Qimonda-Management Versagen vor.

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  • dpa

Der Chipkonzern Infineon stellt sich wegen der Insolvenz seiner Speicherchip-Tochter Qimonda auf hohe Belastungen ein. Qimonda war 2006 von der Mutter Infineon abgespalten und an die Börse gebracht worden. Infineon hält noch rund 77,5 Prozent der Aktien. Am Freitag kündigte der Konzern an, Rückstellungen über einen niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag zu bilden. Ein Teil der Lasten solle bereits im abgelaufenen ersten Geschäftsquartal (Ende Dezember) verbucht werden. Infineon geht jedoch nicht davon aus, vor dem Ende des Geschäftsjahres 2008/09 (30. September) Zahlungen leisten zu müssen. Die möglichen "erheblichen Verbindlichkeiten" stünden im Zusammenhang mit laufenden kartell- und wertpapierrechtlichen Verfahren, der eventuellen Rückzahlung öffentlicher Fördermittel sowie mit möglichen Forderungen von Qimonda-Mitarbeitern.

Sachsens Regierung kündigte derweil an, einem künftigen Investor finanziell helfen zu wollen. "Wir stehen auch wie bisher mit unseren Fördermöglichkeiten zur Seite, wenn ein Investor ein überzeugendes Konzept vorlegt", sagte Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) am heutigen Freitag im Landtag. Die Linken erhoben Vorwürfe gegen die sächsische Regierung und vor allem gegen Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU). Mit einer Übernahme von Anteilen habe es die Möglichkeit zur Rettung des Unternehmens gegeben, sagte Fraktionschef André Hahn. Dies wäre auch für die Banken ein Signal gewesen, das Unternehmen zu erhalten.

Die Infineon-Tochter steckte bereits seit Wochen in der Existenzkrise. Zuletzt war bekannt geworden, dass Qimonda weitere bis zu 300 Millionen Euro an frischem Kapital benötigt. Zusammen mit einem im Dezember geschnürten Finanzpaket summierte sich der Liquiditätsbedarf damit auf mehr als eine halbe Milliarde Euro, eine Insolvenz hatte sich deshalb bereits abgezeichnet. Durch die Pleite werden gravierende Folgen für die Standorte des Unternehmens erwartet.

Bund sowie die Länder Sachsen und Bayern hatten zuletzt nach Angaben aus Finanzkreisen eine Absicherung des kurzfristig benötigten Finanzbedarfs über Bürgschaften abgelehnt. Auch die Banken hätten sich von Qimonda abgewendet, hieß es am Vortag. Die Eigenkapitalsituation sei dramatisch. Vorangegangen war am Mittwochabend ein Spitzentreffen aller Beteiligten, das aber keine Fortschritte gebracht habe.

Die sächsische Wirtschaftsvereinigung sieht die ganze Entwicklung nüchtern: Der Insolvenzantrag des Chipherstellers Qimonda sei notwendig gewesen. Angesichts des immer größer gewordenen Finanzbedarfs sei er offenbar nicht abzuwenden gewesen, betonte Verbandspräsident Bodo Finger. Er äußerte Verständnis, dass die Staatsregierung in dieser Situation keine zusätzlichen Mittel bereitstellen konnte. "Schließlich sind das Steuergelder." Das Insolvenzverfahren bedeute nicht automatisch das Ende einer Firma. Nun müssten Infineon und Qimonda ein klares Geschäftskonzept erarbeiten. "Das ist nicht Aufgabe des Staates", betonte er.

Die IG Metall wirft dem Qimonda-Management Versagen vor. "Eine schier endlose Serie von Managementfehlern hat den Speicherchiphersteller Qimonda in die Insolvenz geführt", sagte Bayerns IG-Metall-Chef Werner Neugebauer. Die Fehler hätten bereits mit der Ausgliederung aus Infineon begonnen. Bereits damals habe die IG Metall darauf hingewiesen, dass Qimonda zu klein und nicht überlebensfähig sei. Auch in den folgenden Jahren sei es den Managern nicht gelungen, einen Partner oder Investor zu finden, hinzu sei ein "eklatanter Mangel" an marktgerechter Produktentwicklung gekommen, kritisierte Neugebauer. "Grob fahrlässig haben die Manager eine ganze Technologie am Standort Deutschland gegen die Wand gefahren, ausbaden müssen es jetzt wieder einmal die Mitarbeiter."

Zugleich forderte der Gewerkschafter die Freistaaten Bayern und Sachsen sowie die Bundesregierung auf, alles zu unternehmen, um aus der Insolvenz heraus möglichst viele Arbeitsplätze zu retten und die Technologie am Standort Deutschland zu erhalten. "Die bereits sehr weit fortgeschrittenen Rettungskonzepte unter Einbeziehung der portugiesischen Regierung müssen unter den neuen Bedingungen intensiviert werden." Dabei werde man auch ernsthaft über die Qualifikation des bislang handelnden Managements reden müssen, erklärte Neugebauer.

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(dpa) / (jk)