Produktionsende bei BenQ Mobile in Kamp-Lintfort

Am heutigen Dienstagmittag soll das letzte Handy in dem niederrheinischen Werk fertig gestellt werden. Betriebsrat und IG Metall wollen die verbliebenen 165 Mitarbeiter der Produktion mit Blumen verabschieden.

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Von
  • Jürgen Kuri

Beim insolventen Handyhersteller BenQ Mobile gehen am Standort Kamp-Lintfort die Lichter aus. Am heutigen Dienstagmittag soll das letzte Handy in dem niederrheinischen Werk fertig gestellt werden. Betriebsrat und IG Metall wollen die verbliebenen 165 Mitarbeiter der Produktion mit Blumen verabschieden. Im Januar waren letzte Aufträge für die Auslauffertigung erledigt worden. Derzeit sind 50 Mitarbeiter in der Verwaltung des Werks mit der Abwicklung des Standortes beschäftigt. Ein neuer Investor ist nach Angaben eines IG-Metall-Sprechers gegenüber dpa nicht in Sicht.

Bis Mitte Januar hatte es immer wieder Hoffnungen gegeben, dass eine Firma oder eine Investmentgesellschaft doch noch bei BenQ Mobile einsteigen und zumindest einen Teil der Arbeitsplätze retten könnte. Von den zwei verbliebenen Interessenten ist mittlerweile nichts mehr zu hören. Zahlreiche andere Kandidaten waren zuvor bereits ausgeschieden, weil sie die Übernahme nicht hätten stemmen können oder selbst das Interesse verloren.

Zuerst aber hatte die deutsch-amerikanische Investorengruppe um den ehemaligen DaimlerChrysler-IT-Manager Hansjörg Beha eine selbst gesetzte Frist verstreichen lassen, ohne ihr Angebot zu verbessern oder einen Finanzierungsnachweis zu liefern. Die Hamburger Bacoc-Gruppe hat, nachdem sie einen ersten angekündigten Termin für die Vorlage eines Angebots nicht nutzte, verkündet, die Offerte und der Finanzierungsnachweis seien nicht fertig geworden, man verfolge den Plan aber weiter. Am vergangenen Freitag hieß es dann laut Financial Times Deutschland in Verhandlungskreisen, trotz guter Ideen werde es Bacoc wohl nicht gelingen, eine Finanzierung für seine Pläne auf die Beine zu stellen.

BenQ Mobile ist aus der ehemaligen Siemens-Handysparte hervorgegangen. Die Mobilfunkgeräte waren lange eine Vorzeige-Sparte des größten deutschen Elektrokonzerns. Im Februar 2000 noch versprach der heutige Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer den Aktionären: "Nachdem wir im Vorjahr eine Stückzahl von 11 Millionen erreicht haben, sollen es im laufenden Geschäftsjahr 30 Millionen und nächstes Jahr bereits etwa 60 Millionen werden." Nicht einmal die Hälfte davon wurde es. Die Münchner sicherten sich zwar eine starke Stellung auf dem deutschen Markt – zeitweise wurde fast jedes zweite in Deutschland verkaufte Handy von Siemens hergestellt. Weltweit fanden sie aber nie den Anschluss an Branchenriesen wie Nokia und Motorola. In den besten Zeiten kam Siemens auf einen Weltmarktanteil von knapp zehn Prozent, zuletzt war es deutlich weniger. Profitabel ließ sich das Geschäft so nicht betreiben. Siemens entschloss sich zum Verkauf und gab die Sparte mit 3000 Mitarbeitern in Deutschland im Herbst 2005 an den BenQ-Konzern ab. BenQ aber drehte nach nur einem Jahr seiner deutschen Tochter BenQ Mobile den Geldhahn zu, die daraufhin Insolvenzantrag stellte.

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