Rosen und Tränen zum Abschied: Letztes Handy in Kamp-Lintfort
Von den einst mehr als 2000 Beschäftigten hatten zuletzt nur noch 165 Arbeit. Seit heute ist die Handy-Produktion in der 40.000-Einwohner-Stadt am Niederrhein erst einmal Geschichte.
Vor dem gläsernen Eingangstor von BenQ Mobile in Kamp-Lintfort spielten sich am Dienstag herzzerreißende Szenen ab. Mitarbeiter des insolventen Handy-Herstellers fielen sich weinend in die Arme, versuchten sich gegenseitig zu trösten. Einige fluchten laut, andere waren vor Betroffenheit ganz still. Sie waren angetreten zur letzten Schicht in dem niederrheinischen Werk, das zu Spitzenzeiten mehr als 2000 Beschäftigte zählte und bis vor wenigen Monaten einer der größten Arbeitgeber in der Stadt und Region war.
Andere Mitarbeiter kamen hinzu, "um auch selbst noch mal hiervon Abschied zu nehmen", wie eine Frau Mitte 40 meinte. Mitglieder des Betriebsrates hatten mehrere Hand voll Rosen besorgt, um sie als symbolische Geste den 165 Kollegen zu überreichen, die noch mit der Auslaufproduktion Arbeit hatten. "Wo heute die letzte Schicht ist, wollten wir die Mitarbeiter noch mal überraschen, uns noch mal austauschen", sagte die Betriebsratsvorsitzende Heike Deppner.
"Ich hab die letzten zwei Nächte nicht geschlafen. Man hat hier alles gegeben für den Standort. Im Herz ist das unser Werk", sagt BenQ-Mobile-Mitarbeiter Peter Bachmann. Die Perspektiven in der Stadt würden nach dem Berliner Steinkohlekompromiss, der ein Ende der Förderung 2018 vorsieht, nicht gut aussehen. "Mein Vater hat immer gesagt, geh auf'n Pütt, da ist es sicher. Aber da seh ich hier auch schwarz", meint er. Der andere große Arbeitgeber in Kamp-Lintfort ist weiter die Zeche West unweit des Handy-Werks.
Allerdings gibt es auch einzelne wie Thorsten Guddack, die nach vorn schauen. Der 41-Jährige arbeitet seit 1989 bei Siemens/BenQ Mobile. "Das hat sich seit Oktober gezogen, da hat man mit abgeschlossen. War schön, bei der Auslaufproduktion noch alte Kollegen zu sehen. Für mich gehts weiter, ich fang Donnerstag bei einem neuen Arbeitgeber an – Softwareproduktion in der Automobilindustrie."
Viel Hoffnung auf Rettung besteht nicht mehr – auch "wenn niemand versteht, warum sich niemand ernsthaft für so einen qualifizierten Standort interessiert", sagt der IG-Metall-Bevollmächtigte für den Kreis, Ulrich Marschner. Schuld am Niedergang hat aus seiner Sicht der Münchner Technologiekonzern Siemens, der sein Handy-Geschäft im Jahr 2005 an den taiwanischen Elektronikkonzern BenQ abgab.
Klare Signale gebe es von Seiten der Interessenten nicht mehr, schildert Gesamtbetriebsrat Michael Leucker. "Es melden sich zwar immer wieder Interessenten, gestern auch, bei mir, aber ich weiß nicht, wie qualifiziert die sind", schildert er. Land und Bund müssten helfen, fordert Kamp-Lintforts Bürgermeister Christoph Landscheidt. "Aber dass hier die Lichter ausgehen, das ist Unsinn – wir werden um jeden neuen Arbeitsplatz kämpfen", unterstreicht er.
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(Alexander Florié, dpa) / (pmz)