BenQ Mobile am Ende
Nach dem Scheitern von Übernahmeverhandlung mit dem letzten Interessierten sollen die verbliebenen Vermögenswerte des insolventen Handy-Herstellers versteigert werden.
Der insolvente Handy-Hersteller BenQ Mobile mit einst mehr als 3000 Beschäftigten in Deutschland wird zerschlagen und abgewickelt. Die Verhandlungen mit dem letzten Übernahmeinteressenten seien gescheitert, sagte Insolvenzverwalter Martin Prager am Sonntag in München und bestätigte damit auch einen Bericht der Süddeutschen Zeitung vom Samstag. "Damit sehe ich keine realistische Chance mehr, das gesamte Unternehmensvermögen im Paket zu verkaufen und einen Neustart des Unternehmens zu ermöglichen." Nun sollen die verbliebenen Vermögenswerte – wie zum Beispiel Mobilar, Werkshallen und Maschinen – mit Hilfe eines Hamburger Auktionshauses verwertet werden.
Mit der bevorstehenden Abwicklung gehen fast alle Arbeitsplätze verloren. "Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass der Markt gegen BenQ Mobile entschieden hat", sagte Prager. Die meisten Beschäftigten der ehemaligen Siemens-Handysparte sind bereits in Auffanggesellschaften gewechselt oder haben sich einen neuen Job gesucht. In München sind noch etwa 30 Mitarbeiter mit Abwicklungsarbeiten – beispielsweise mit der Bearbeitung von Forderungen und der Erstellung von Zeugnissen – beschäftigt. Die Handy-Produktion in Kamp-Lintfort ist bereits stillgelegt.
Das Insolvenzverfahren war zum Jahreswechsel offiziell eröffnet worden, drei Monate nachdem der taiwanesische BenQ-Konzern seiner deutschen Tochter den Geldhahn zugedreht hatte. Insolvenzverwalter Prager führte Verhandlungen mit Dutzenden von Interessenten. Alle scheuten am Ende aber vor einer Übernahme des Handy-Geschäfts zurück, an dem schon der Siemens-Konzern gescheitert war.
Arbeitnehmervertreter bedauerten das endgültige Aus für BenQ Mobile. Das Risiko zur Fortführung des Geschäfts sei berechenbar gewesen, erklärte Bayerns IG-Metall-Chef Werner Neugebauer. "Aber Politiker, die zwar viel versprochen, aber wenig gehalten haben, Banken mit geringer Risikobereitschaft und ein konservativ und vorsichtig agierender Insolvenzverwalter waren nicht in der Lage, das Unternehmen zu retten." Auch aus Kreisen der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen gab es laut einem Zeitungsbericht Kritik an Prager. Die Neue Ruhr/Rhein Zeitung (NRZ) zitierte aus Kreisen der NRW-Landesregierung, Prager hätte in den Verhandlungen mit möglichen Investoren "früher zuschlagen müssen". Er habe aber zu viel herausholen wollen. Prager wies die Vorwürfe zurück: "Im Interesse der Gläubiger verlangt das Insolvenzrecht einen sehr sorgsamen Umgang mit den verbliebenen Vermögenswerten, und für den Insolvenzverwalter zählen die Fakten."
Die IG Metall erklärte, die Hauptursache für das endgültige Aus seien schwere Fehler des Siemens-Managements in früheren Jahren. Deutschlands größter Elektrokonzern habe in seiner Handysparte wichtige Entwicklungen verschlafen. "Innovative neue Handys waren bis zur Marktreife entwickelt, sind aber durch falsche und zu langsame Entscheidungen des Managements nie oder viel zu spät in Serie gegangen." Von diesen Fehlentscheidungen habe sich die Sparte auch nach dem Verkauf an BenQ nicht mehr erholt. Siemens verwies darauf, dass der Konzern die Beschäftigungsgesellschaften in Bayern und NRW finanziell unterstütze und vielen BenQ-Mobile-Beschäftigten einen neuen Job bei Siemens verschafft habe.
Der taiwanesische Elektronikkonzern BenQ hatte die frühere Siemens-Handysparte 2005 einschließlich einer Mitgift von mehreren hundert Millionen Euro übernommen. Nach Umsatzrückgängen und weiteren Marktanteilsverlusten drehte die neue Mutter der Tochter aber rund ein Jahr später den Geldhahn zu. Ende September vergangenen Jahres meldete BenQ Mobile Insolvenz an. Die Pleite löste auch massive Proteste gegen Siemens in der Öffentlichkeit und bei den Beschäftigten aus.
Laut Prager war zuletzt nur noch ein Investor interessiert. Den Namen nannte er nicht. Bayerns IG-Metall-Chef Neugebauer klagte: "In unverantwortlicher Art und Weise wurden den Beschäftigten durch Äußerungen von angeblichen potenziellen Investoren in der Öffentlichkeit immer wieder Hoffnungen auf den Erhalt von Arbeitsplätzen gemacht, ehe sich diese Glücksritter einer nach dem anderen sang- und klanglos aus dem Staub gemacht haben."
Siehe dazu auch:
- Bericht: BenQ Mobile wird zerschlagen
- Insolvenzverwalter von BenQ Mobile will Geld von Siemens
- Bericht: BenQ Mobile hat 883 Millionen Euro Verbindlichkeiten
- Zeitung: Neuer Interessent für BenQ Mobile
- Bacoc bietet nicht für BenQ Mobile
- Rosen und Tränen zum Abschied: Letztes Handy in Kamp-Lintfort
- Produktionsende bei BenQ Mobile in Kamp-Lintfort
- Siemens und BenQ einigen sich über Garantieleistungen für Handys
- Bacoc-Angebot für BenQ Mobile verzögert sich
- Chancen für Rettung von BenQ Mobile weiter gesunken
- Investorenpoker um BenQ Mobile
- BenQ-Pleite: Bocholter Inservio-Handy-Reparaturwerkstatt verkauft
- BenQ-Mobile-Interessent wirbt um Vertrauen
- Betriebsrat fordert mehr Engagement des Bundes bei BenQ Mobile
- Bericht: Neuer Interessent für BenQ Mobile
- Bericht: Nur noch ein Investor im Rennen um BenQ Mobile
- Zukunft von BenQ Mobile nach Sitzung des Gläubigerausschusses weiter offen
- Gläubigerausschuss von BenQ Mobile berät über Rettungskonzepte
- Medienberichte: US-Unternehmen Sentex zweiter Interessent für BenQ Mobile
- Rettung von BenQ Mobile hängt an der Finanzierung
- BenQ-Betriebsrat hofft auf Lösung bei Treffen mit Investor
- Ex-Daimler-Manager greift angeblich nach BenQ Mobile
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(dpa) / (jk)